Flüchtlingslage spitzt sich weiter zu

Foto: Berger

BEZIRK (hube/mel). „So geht es nicht, dass wir über diktatorische Maßnahmen des Bundes einfach zum Flüchtlingsort gemacht werden!“ meint der in Thiersee/Landl aufgewachsene und lebende Hubert Pirchmoser bei der am 25. September von der Gemeinde Thiersee einberufenen Flüchtlings-Infoveranstaltung. Fast alle der Bewohner des Ortsteiles Landl nahmen den Termin wahr. An die 180 Menschen fühlen sich als Betroffene, da sie ohne Vorankündigung vor knapp einem Monat über Nacht damit konfrontiert wurden, dass inmitten ihres kleinen Ortskerns ein Flüchtlingsheim vom Innenministerium installiert wurde.

Bürgermeister kritisiert BMI
Die erste öffentliche Bilanz zog Bürgermeister Hannes Juffinger. Er strich die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung hervor, die von Sach- bis hin zu Geldspenden reicht und auch Ehrenamtliche beinhaltet, welche mit den Flüchtlingen unentgeltlich Deutsch lernen. Nicht begeistert ist er vom Vorgehen des Innenministeriums, da die getroffene Vereinbarung, nur Familien im „Landl“ aufzunehmen, nicht eingehalten wurde. Es herrsche ein Kommen und Gehen im Flüchtlingsheim „Landgasthof Post“, aber nicht durch Familien, sondern hauptsächlich durch alleinstehende Männer. 100 Anmeldungen konnte das Meldeamt Thiersee bis dato verbuchen, der Stand mit 24. September beträgt 40 Menschen, überwiegend aus Afghanistan und Syrien.
Stark kritisiert der Bürgermeister auch, dass die Betreuung der Menschen durch den Bund mehr als dürftig sei. Laut Innenministerium sei die Betreuung im Landl auf 38 ½ Stunden vorgesehen. Laut Juffinger werden die Flüchtlinge sehr oft nicht betreut und in den Nachtstunden alleine gelassen. Auf die herrschende Stimmung der Bürger im Ortsteil Landl angesprochen meint er: „Wenn man Menschen in Vorhaben nicht zeitgerecht einbindet, hat man mit Widerstand zu rechnen. Wir leben nicht mehr in der Monarchie, wo das Volk zu akzeptieren hat, was das Kaiserhaus sagt.“

Landler sind verunsichert
Groß ist die Verunsicherung und auch die Angst der „einheimischen Menschen“ im Landl. Zahlreiche Fragen und Anliegen bewegen sie. Rede und Antwort auf diese stand Markus Prauchart von der Flüchtlingskoordination im Land Tirol. Zufriedenstellende Lösungsvorschläge für die Bewohner bot der Abend nicht. Das kann er auch nicht, da vieles noch nicht klar und dezidiert feststeht. Sei es, wie lange das Flüchtlingsheim in Betrieb ist oder ob der Alternativ-Vorschlag des Bürgermeisters, welcher Wohnungen in Vorderthiersee vorsieht, umgesetzt wird. Hier konnte Prauchart eine Aussage zum Abschluss tätigen: „Aufgrund der dargestellten Situation im Ortsteil Landl und den möglichen Wohnungen in Vorderthiersee ist eine Weiterführung des derzeitigen Standortes im „Gasthof Post“ zu überdenken und neu zu beurteilen.“

Andere Gemeinden im Bezirk
Das Innenministerium sucht laufend nach weiteren Quartieren. In den Städten Wörgl und Kufstein sehen die Bürgermeister im Moment keine Möglichkeit, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. "Wir haben derzeit 31 Personen mit Asylstatus in Wohnungen untergebracht. Die Stadt verfügt über kein geeignetes Gebäude. Um weitere Flüchtlinge aufzunehmen, müsste man private Wohnungen belegen", sagt Wörgls Bgm. Hedi Wechner. In Kufstein sind 80 bis 90 Personen im Flüchtlingsheim untergebracht. "Kufstein könnte nur dann zusätzlich Flüchtlinge in der Stadt aufnehmen, wenn Häuser von privaten Eigentümern zur Verfügung gestellt werden. Die Stadt selbst hat keine Unterbringungsmöglichkeit", so Bgm. Martin Krumschnabel. Auch die anderen Gemeinden im Bezirk besitzen derzeit keine Gebäude oder Wohnungen, in denen man Flüchtlinge einquartieren könnte. Einzig die Gemeinde Breitenbach vermeldet, dass sie zwei bis drei Familien sofort aufnehmen könne.

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