Leserbrief zum geplanten neuen Kinderbetreuungsgesetz

Dramatische Rückschritte in der Kinderbildung und -betreuung

Vor einigen Jahren noch war die steiermärkische Landesregierung stolz, die sogenannte Kinderbetreuungseinrichtung zur Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung entwickelt zu haben.

Dass es beinahe wöchentlich Reformierungsvorschläge in den Bereichen Bildung und Betreuung gibt, ist allgemein bekannt.
Leider haben wir Kindergartenpädagoginnen eine nicht annähernd starke Rückendeckung wie Pädagogen in der Schule (Lehrer), weshalb wir meist ganz einfach auf der Stecke bleiben!

Nun bin ich ob des vorliegenden Novellierungsvorschlags des steiermärkischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes schlichtweg entsetzt! Die Novellierungen sind an Praxisferne nicht zu übertreffen!

So soll in Zukunft beispielsweise eine Kinderbetreuerin befugt sein bis zu sieben Kinder während der Randöffnungszeiten zu betreuen.
Abgesehen davon, dass die Bring- und Abholzeiten für die Kinder besonders sensible Phasen sind, treffe ich als Kindergartenpädagogin in diesen wichtigen Minuten mit den Eltern zusammen, tausche mich mit ihnen aus, beantworte Fragen etc.
Ich schätze die Arbeit meiner Kollegin als Kinderbetreuerin sehr, dennoch hat sie aufgrund ihrer Ausbildung definitiv nicht die entsprechenden Kompetenzen!

Dasselbe Problem betrifft auch den Gesetzesvorschlag, das Auslangen ohne Kindergartenpädagogin im Krankheitsfall auf bis zu 3 Wochen auszudehnen.
Tatsache ist, dass es einer Kinderbetreuerin nicht für eine, geschweige denn für bis zu 3 Wochen zumutbar ist, die Kindergruppe allein zu führen.
Definitiv wäre daher gesetzlich zu verankern, dass der Kinderbetreuerin bereits ab dem ersten Tag der Abwesenheit der Kindergartenpädagogin zumindest eine Hilfskraft zur Seite gestellt werden muss.
Wenn nun jedoch die Stelle der Kindergartenpädagogin für bis zu 3 Wochen unbesetzt bleibt, hat das mit Sicherheit dramatische Folgen für die Bildung und Betreuung der Kinder sowie die Organisation in der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft ganz klar die Flexibilisierung der Anwesenheitszeiten der Kinder!
Glaubt denn irgendjemand in unserem Land ernsthaft, dass eine im Handel angestellte Mutter einen Monat vorher in der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung mitteilen kann, wann sie einen freien Tag hat und ihr Kind daher nicht in die Einrichtung bringen wird?
Außerdem wäre interessant zu wissen wie Eltern reagieren, wenn sie, trotz flexibler Bildungs- und -betreuungszeiten, immer den gleichen Beitrag entrichten müssen.
Für mich als Kindergartenpädagogin wäre weiters von großer Bedeutung zu wissen, wie sich diese zusätzliche Schreib- und Organisationsarbeit auf mein Gehalt niederschlägt. Das wird, soviel ist sicher, leider nicht passieren.

Diese Rückschritte versetzen die Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen wieder auf den Stand der alleinigen Kinderbetreuung!
Ob Bildungsrahmenplan hin oder her, die Bildung bleibt, sollte die Novelle tatsächlich in dieser Form realisiert werden, auf der Strecke.

Und diese Rückschritte werden, das tut mir persönlich am meisten weh, auf dem Rücken unserer Kinder, deren Eltern und dem der Kindergartenpädagogin ausgetragen, wie so oft…

Ich frage mich ernsthaft, wo die Wertigkeit unserer Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen liegt.
Welcher Teil unserer Gesellschaft hat bereits bemerkt, dass jede Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung eine Bildungsstätte ist, deren Qualität durch die Gesetzesnovelle enorm abnehmen würde?

Als Praktikerin, die täglich mit den Kindern, den Eltern, der Kinderbetreuerin, dem Erhalter zusammen arbeitet, würde ich unserem Herrn Landesrat Mag. Schickhofer empfehlen, sich vor Ort ein Bild zu machen, bevor er in Windeseile mit Gesetzesnovellen vorprescht, die mit der Realität leider wenig zu tun haben!

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