Leidenschaft macht hier Theater

BEZIRKSBLÄTTER: Wenn man an Entscheidungsträger beim Theater denkt, hat man meistens einen "Altherrenkreis" im Kopf, weniger eine junge Geschäftsführerin ...
MARIA REITZINGER: (lacht) Ja, meine Kollegen sind durchwegs Herren und älter.

Wie ist der Umgang mit diesen "alten Herren"?
Das ist überhaupt kein Problem. Gerade beim Theater ist alles sehr freundschaftlich und herzlich. Ich habe da kein Problem mit meiner Rolle.

Ist es schwerer, sich dabei als Frau durchzusetzen?
Beim Theatersommer hatte ich den Vorteil, dass ich den Betrieb von allen Seiten kenne. Zudem bin ich selbst Haagerin. Der Bereich Kulturmanagement hat mich immer interessiert. Insgesamt war es ein natürlicher Wachstumsprozess. Es war nie so, dass ich mich gegenüber irgendwelchen Männern behaupten hätte müssen.

Wie sind Sie zum Theatersommer gekommen?
Ich bin von Anfang an irgendwie in den Theatersommer involviert gewesen. Mein Onkel war der erste Geschäftsführer und Mitbegründer des Theatersommers. So habe ich beim Sesselputzen und beim Kartenabreissen abgeholfen. 2004 habe beim 'Eingebildeten Kranken" selber mitgespielt als Musikerin – bei einem Brass Quintett mit meiner Trompete.
2009 beim Cyrano habe ich zum ersten mal in den Sommerferien im Kartenbüro mitgearbeitet, dass habe ich auch 2010 gemacht. Dann ist Gottfried Schwaiger Geschäftsführer geworden und hat mich gefragt, ob ich seine Assistentin werden will. Er hat dann relativ bald gesagt, dass er mich als seine Nachfolgerin aufbauen möchte.
Nach drei Jahren in denen ich in allen Bereichen mitarbeiten konnte und alles anschauen hab können, habe ich es dann selbst machen dürfen.

Welche Rolle spielt Haag in der Theaterlandschaft?
Ich sehe Haag als Einstieg. Hier können die Leute sehen, dass Theater auch gefallen kann. Genau hier ist unsere Position. Wir schaffen einen einfachen Zugang zum Theater. Hier spielt auch das Ambiente, die Tribüne und der Hauptplatz eine wichtige Rolle. Zudem ist ein regionaler Theaterbesuch in Haag auch einfacher, als wenn ich mich zusammenpacken, schön anziehen und nach Wien oder Linz ins Theater fahren muss.

Wie wichtig sind hier auch die zahlreichen Theatergruppen und Aufführungen in der Region, die es fast schon in jeder Gemeinde gibt?
Es ist auch hier ein sanfter Einstieg. Hier gehen die Leute hin, weil eben die Nichte oder das Enkerl mitspielt. Die Leute merken dabei auch, was es bedeutet, wenn man selbst einmal auf der Bühne steht. Die Theatergruppen sind zum Teil riesengroß mit irrsinnig viel Mitgliedern, und jedes Jahr steht jemand anders auf der Bühne – oder es gibt Rieseninszenierungen. Ich finde es super, wenn man sieht, welche Begeisterung hier für das Theater herrscht und wie die Bühnen mit ihren Aufführungen wachsen. Es ist spannend zu sehen, welche Leidenschaft das Theater wecken kann.

Es gibt da also kein Konkurrenzdenken?
Ich mag das Konkurrenzdenken überhaupt nicht. Man kommt viel weiter, wenn man sich gegenseitig hilf, als wenn man die Ellenbogen ausfährt.

Es gibt in diesem Jahr auch wieder die special!junior!senior-Produktion. Theater ist ja durchaus eine vielfältige Freizeitbeschäftigung auch für Kinder ...
Es ist eine tolle Freizeitbeschäftigung für die Kinder. Wenn man mit 25 Leuten Theater spielt, birgt das natürlich auch Konfliktpotenzial. Aber man lernt auch daraus, wie man mit Konflikten, mit Jüngeren, mit Älteren umgeht. Es sind Jugendliche mit 15 Jahren dabei, andere gehen noch in die Volksschule, die würden sonst überhaupt nie etwas miteinander unternehmen. Ich glaube schon, dass man dabei sehr viel im sozialen Umgang mit anderen Menschen lernt.

Was sind die Pläne für die Zukunft, denkt man bereits an das nächste Stück?
Natürlich denkt man weiter. Die künstlerische Entscheidung liegt aber nicht bei mir. Da bin ich auch nur neugierig, ob es bereits konkrete Ideen gibt. Man redet natürlich darüber, aber es ist alles möglich. Im Grunde wollen wir unseren Besuchern immer eine schöne, lustige, unterhaltsame, berührende Produktion bieten und ein schönes Rahmenprogramm.

Gibt es private Wünsche für die nächsten Aufführungen oder Schauspielern?
Der Schauspieler muss immer zur Rolle passen. Da gibt es nicht einen Superhero, von dem man sagt, denn hätte ich gerne in Haag. Der Zugang zu den Schauspielern ist allerdings auch ein anderer, wenn man mit ihnen arbeitet. Es wäre auch nicht von Vorteil, wenn ich Gagenverhandlungen führe und in Wahrheit himmle ich den Schauspieler der mir gegenüber sitzt an. Sonst hätte ich gerne, dass der Theatersommer noch lange weitergeht und beständig ist.

Die Beständigkeit hängt auch von den finanziellen Mitteln ab. Kann Theater ohne öffentliche Mittel funktionieren?
Das ist unrealistisch. Nur ganz wenige Theater kommen ohne Förderung aus. Wir haben die Holztribüne, die ständig renoviert werden muss. Das würde ohne Subventionen nicht funktionieren. Zugleich ist die Tribüne aber auch unser Unique Selling Point und über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Außerdem kann man nicht davon ausgehen, dass alle Jahre so erfolgreich sind wie das heurige. Und wenn dem so ist, es es super und man kann das Geld wieder in Renovierungen stecken. Damit sichert man sich auch die Zukunft.

Das Interview führte Thomas Leitsberger.