Wohnverbund Baden
In Baden finden Obdachlose ein neues Zuhause
Ein Dach über dem Kopf, eine warme Mahlzeit, das Gefühl von "daheim" – nicht für jeden selbstverständlich. Beim Wohnverbund Baden finden 32 Menschen, die obdachlos oder davon bedroht waren, ein Zuhause.
BADEN. "Ich möchte bald wieder auf meinem eigenen Bein stehen", lacht Martin Bruno Walther. Der ehemalige Grafiker war der erste Bewohner des Wohnverbunds Baden, als dieser vor zwei Jahren im ehemaligen Gambrinus-Pflegeheim ins Leben gerufen wurde. Nach einer Bein-Amputation und Wohnungsverlust aufgrund von Trennung zog er in die Badener Sauerhofstraße 17-19. Heute leben 31 Personen, neun Frauen und 22 Männer, im Wohnverbund. 32 Plätze gibt es, ein Antrag wird gerade vom Land geprüft. Martin ist kurz vor dem "Absprung": Er arbeitet als Reisejournalist, schreibt über Urlaub im Rollstuhl und bloggt auch unter #martinbrunorollt. Nur eine passende – barrierefreie – Wohnung muss noch gefunden werden.
Viele Gründe für Obdachlosigkeit
Im Heim von pro mente Niederösterreich liegt der Fokus auf psycho-sozialer Betreuung. Die Bewohner sind Menschen über 50, die von Obdachlosigkeit bedroht oder bereits obdachlos sind. Finanziert wird das Pionierprojekt vom Land Niederösterreich, weitere derartige Einrichtungen sind geplant. Gründe für die Obdachlosigkeit sind vielfältig: krankheits-bedingter Jobverlust, daraus resultierende finanzielle Abwärtsspirale, Trennung.
"Die Geschichten unserer Bewohner sind bunt, vielfältig, ganz unterschiedlich - darunter finden sich sehr bewegende, tragische Lebensgeschichten",
sagt Jürgen Huber, seit 1. Oktober Hausleiter des Wohnverbunds Baden.
Vom Land finanziert
Der jüngste Bewohner wird im März 50, für ihn gab es eine Sondergenehmigung. Die älteste Bewohnerin ist 86 und wurde noch aus dem ehemaligen Pflegeheim übernommen. Finanziert wird das Haus vom Land, die Bewohner bekommen 20 Prozent ihres Einkommens – AMS, Mindestsicherung, Pension oder aus Erwerbseinkünften – als "Taschengeld" zur freien Verfügung. Ein Team aus 16 Personen ist im Wohnverbund tätig, daneben gibt es eine Kooperation mit dem Verein "Neustart": Straffällig gewordene Personen können in Baden ihre Sozialstunden ableisten. Auch mit dem Krankenhaus Baden und der pro mente Akademie gibt es eine enge Zusammenarbeit.
Zwischenstation oder Lebensabend
Das Durchschnittsalter der Bewohnerinnen und Bewohner liegt bei 55 bis 60 Jahren. Einige schaffen den Schritt zurück ins Erwerbsleben, einige sind derzeit beim AMS gemeldet. Ein anderer Teil wird wohl den Lebensabend beim Wohnverbund Baden verbringen. Sollte es gesundheitlich nötig sein, werden die Klienten in ein Pflegeheim überstellt. "Unser Projekt zielt auf das Wohnen ab. Wir wollen, dass die Menschen ihr Leben wieder selbständig bestreiten können. Wenn das passiert, dann ziehen sie auch wieder aus", erklärt Huber. Einer, der den Sprung demnächst schafft, ist Martin Bruno. Demnächst wird er weitere Pressereisen antreten, erkundet Kreuzfahrten & Co. auf ihre Rollstuhltauglichkeit. Der ehemalige Grafiker erzählt: "Am Anfang war es eine Mörder-Challenge, aber jetzt bin ich mit dem Rollstuhl fit." Ihn hat das Schicksal nach einer Trennung nach Baden geführt, er wurde direkt vom Spital weg aufgenommen. "Ohne diese Einrichtung wäre ich auf der Straße gesessen", ist Martin Bruno überzeugt. Die Gründe, warum jemand beim Wohnverbund landet, sind vielfältig. Eines ist ihnen aber allen gemein: Es ist etwas passiert.
Ehrenamtliche Mitarbeiter gesucht
Ebenso verschieden wie die Lebensgeschichten der Bewohner sind ihre Herkunftsländer: Neben Österreichern finden sich beispielsweise Menschen auch Kroatien, China oder der Türkei im Wohnverbund. Ehrenamtliche Übersetzer werden dringend gesucht. Auch sonst sind alle, die helfen wollen – als Begleitung bei Arztbesuchen oder zum AMS, als Hilfe bei Organisatorischem oder einfach als Betreuer – herzlich willkommen.
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