Mobbing-Opfer macht mobil
BADEN. Es war ein "stiller Protest", den Ulrike W. am 4. Dezember in Baden abhielt. Eineinhalb Stunden lang stand die 58-Jährige beim Raiba-Kreisverkehr und zeigte eine Tafel mit der Aufschrift "Ich stehe hier gegen Vertuschung". Der stille Protest erregte Aufsehen. "Leute haben die Autofenster hinuntergekurbelt und mich gefragt, was denn vertuscht wird", erzählt die Berndorferin.
Der Hintergrund der Aktion ist, dass Ulrike W. sich als Mobbing-Opfer fühlt. Jahrzehntelang war die zweifache Mutter im Bankwesen tätig, doch die letzten zwei Monate vor ihrer Kündigung im Sommer 2015 waren ein "Horror". "Mir wurde seitens meines Chefs Unfähigkeit unterstellt oder auch Besserwisserei, ich konnte nicht mehr schlafen, mein Herz raste." Auch nach der Kündigung ging der Horror weiter. "Ich wurde von meinem Ex-Chef wochenlang mit anonymen Anrufen terrorisiert, habe geklagt und gewonnen." Der Bank-Direktor zahlte der Frau 2016 im Zuge einer Diversion 3.000 Euro in bar. Doch das war noch nicht alles. Frau W. sah sich mit einer anonymen Anzeige konfrontiert, die ebenfalls mit ihrem ehemaligen Arbeitsplatz in Zusammenhang stand. Sie wandte sich (bislang erfolglos) an die Datenschutzbehörde und das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung. Im Mai 2018 klagte sie ihren ehemaligen Arbeitgeber auf Gehaltsverlust, Pensionsminderung und Ersatz von Arzt- und Behandlungskosten. "Ich bin heute ein psychisches Wrack, in psychosomatischer Behandlung, quasi ein Sozialfall, denn meine künftige Pension wird nur 1.400 Euro betragen. Und dabei habe ich mein Leben lang gearbeitet."
Frau W. ist überzeugt, dass Mobbing - ebenso wie Stalking und Cybermobbing - ein Strafdelikt werden muss. Zu diesem Zweck will sie im Bezirk Baden eine Selbsthilfegruppe von Mobbingopfern ins Leben rufen, um den "politischen Druck" zu verstärken. Auch dafür wird sie weiterhin ihre "stillen Proteste gegen Vertuschung" abhalten. Denn: "Vertuscht soll auch werden, dass Mobbing ein schweres volkswirtschaftliches Problem darstellt." Wer sich für die Mobbing-Selbsthilfe interessiert, kann 0650-6015864 oder kontakt@mose.at kontaktieren.
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