Stellungnahme der Anrainer zum Bildungscampus
"Als würden wir nicht existieren"

In den besonders betroffenen Häusern Emil Kraft-Gasse 17 und 19 leben seit rund 40 Jahren großteils noch immer die ursprünglichen Eigentümer. | Foto: privat
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Baden, 28. Februar 2022
An den
Gemeinderat der Stadt Baden
2500 Baden
Hauptplatz 1

Sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates!

Seitens der Eigentümer der Liegenschaft KG Leesdorf: Gst.Nr. 316/1 (2500 Baden, Emil Kraftgasse 17 und 19) ergeht zur 6. Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes sowie zur 9. Änderung des Bebauungsplanes - konkret zu den Änderungsentwürfen 1.6 (FWP) und B1.08 (BP) betr. die Liegenschaften KG Leesdorf, Wiener Straße 70/Mühlgasse 67 - fristgerecht nachfolgende
STELLUNGNAHME.
Zunächst wird darauf hingewiesen, dass nach § 24 Abs. 6 NÖ ROG 2014 die betroffenen Grundeigentümer - das sind die unmittelbaren Anrainer der von der Widmung erfassten Grundstücke - von der Auflage der Änderungsentwürfe zusätzlich zu verständigen gewesen wären, was allerdings unterlassen wurde. Wenn auch eine Unterlassung der Verständigung nach dem NÖ ROG 2014 keinen Einfluss auf das gesetzmäßige Zustandekommen des örtlichen Raumordnungsprogrammes bzw. Bebauungsplanes hat, so sind die Verfasser dieser Stellungnahme als unmittelbare Anrainer in ihrem Anhörungs- und Mitwirkungsrecht verletzt worden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Bürgermeister DI Sziruszek am 23.1.2020 im Zuge einer Besprechung mit besorgten Anrainern sowie in Mails vom 5.8.2020 und 23.2.2021 bestätigte, dass sie zu Gesprächen eingeladen werden, sobald Entwürfe vorliegen, die eine Diskussion möglich machen.
Geradezu irritierend ist der Umstand, dass die von den Änderungsentwürfen besonders betroffenen Eigentümer des unmittelbar angrenzenden Grundstücks KG Leesdorf: Gst. Nr. 316/1 in den vom Ortsplaner DI Hameter erstellten Auflageunterlagen nicht einmal ansatzweise erwähnt werden - so als würden sie gar nicht existieren. Im Bericht über den Bereich Wiener Straße 70 wird sogar der Eindruck erweckt, dass die beiden Baukörper „im südlichen Teil des Grundstücks Wiener Straße 70“ zur „Anlage des ehemaligen NÖ Landes-Pensionisten- und Pflegeheimes Baden und bis zuletzt als Paul-Weiland-Haus bezeichnete Betreuungseinrichtung des Diakonie Flüchtlingsdienstes für Familien, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie Menschen mit erhöhtem Betreuungsbedarf“ gehören. Es darf daher nachhaltig in Erinnerung gerufen werden, dass die Verfasser der Stellungnahme Eigentümer dieser nahezu 10.000 m² großen als Bauland - Wohngebiet gewidmeten Liegenschaft mit insgesamt 48 Wohneinheiten und einer Tiefgarage sind, welche inmitten des geplanten Campus "eingebettet" ist.
Die gegenwärtige Situation stellt sich wie folgt dar:

In den besonders betroffenen Häusern Emil Kraft-Gasse 17 und 19 leben seit rund 40 Jahren großteils noch immer die ursprünglichen Eigentümer. | Foto: privat
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Ferner ist zu bemängeln, dass mehrere Pläne, die den Erläuterungsberichten beiliegen (z.B.F05 und 09), schon seit vielen Jahren nicht mehr aktuell sind, da auf ihnen einerseits nicht mehr existierende Gebäude, wie die ehemaligen Schulgebäude und das längst abgerissene Studentenheim am Gelände der früheren Pädagogischen Akademie, eingezeichnet sind, andererseits manche inzwischen errichtete Gebäude, wie die neue Pädagogische Hochschule und die neue Praxisvolksschule, fehlen. Weiters ist die in im Erläuterungsbericht enthaltene Abbildung 1.6.5.5 „Schrägansicht der Bereiche in der Wiener Straße und der Mühlgasse“ eine historische Fotografie, auf der nicht mehr bestehende Gebäude zu sehen sind, während auf einem anderen Foto (Bereich Mühlgasse 67) anstatt der neuen Pädagogischen Hochschule die in der Gebäudehöhe weit niedrigere Praxisvolksschule abgebildet ist.
Als Änderungsanlass wird die Konzentration der über das Stadtgebiet verteilten Bildungseinrichtungen genannt, die teilweise nur unzureichende Energieeffizienzen und keine Barrierefreiheit aufweisen. Außerdem bestehe ein Mangel an Räumen und Turnsälen und es könne durch die dezentral angeordnete Lage der Einrichtungen strategisch sinnvolle Energieeffekte nicht genutzt werden. Deshalb sei bereits vor zwei Jahren seitens der Stadt Baden gemeinsam mit der Bildungsdirektion des Landes und der Bundesimmobiliengesellschaft das Projekt eines Bildungscampus im Bereich der Adressen Wiener Straße 70/Mühlgasse 67 ins Leben gerufen worden. Konkret sollen die Neue Mittelschule Baden (derzeitiger Standort in der Pelzgasse), die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe (derzeit verteilt an zwei Standorten und drei Gebäudekomplexen in der Stadt), die Allgemeine Sonderschule sowie eine Sporthalle errichtet werden.
In den Auflageunterlagen ist allerdings nicht erwähnt, dass lt. Aussagen von höchsten Repräsentanten des Landes und der Gemeinde (Landeshauptfrau Mag. Mikl-Leitner, Bildungsdirektor Mag. Heuras, Bürgermeister DI Sziruszek,) sowie diversen Presseberichten (Amtliche Mitteilungen der Stadtgemeinde Baden, APA, ORF, Kurier, Kronenzeitung, Badener Zeitung u.v.a.) dieser Campus u.a. als „Bahnbrechendes Bildungsprojekt“ und „Vorzeigemodell“ außerdem für zahlreiche schulübergreifende Nutzungen zur Verfügung stehen soll. Genannt wurde u.a.: eine „großzügig angelegte Turn- und Sporthalle“ als Trainings- und Wettkampfort und weitergehender Nutzung als Rollschuhhalle sowie die Nutzung von Fassadenteilen als Kletterwand. Weiters sei ein Festsaal und Foyer für Proben und Konzerte der Musikschule oder der Badener Stadtmusik sowie Büroflächen für die Bildungsdirektion und Räumlichkeiten für Schulärzte und therapeutische Angebote und Kindergärten vorgesehen. Auf einem auf der Homepage der ÖVP Baden veröffentlichen Modellfoto war zudem ein mehrgeschossiges Parkdeck mit einer BGF von 4.087 m2 sowie ein 2.600 m2 großer Außenbereich mit zwei Tennisplätzen und einem Basketballspielfeld zu erkennen. Schließlich wurde sogar davon geschwärmt, dass „sich vielleicht auf der riesigen Fläche auch noch ein überdachter Eislaufplatz ausgeht.“ Demnach besteht also die Absicht, dass die Liegenschaften Wiener Straße 70/Mühlgasse 67 nicht nur dem Zweck „Schule“ dienen, sondern darüber hinaus für alles Mögliche Verwendung finden sollen.
Dass wir als Anrainer schon jetzt erheblichen Verkehrsauswirkungen und Störungseinflüssen ausgesetzt sind, ist evident. Die nahe gelegene Wiener Straße - unsere einzige Straßenverkehrsanbindung über die Sackgasse Trabrenngasse - ist als Bundesstraße B 212 von höherrangiger Bedeutung und erfüllt als eine der meist befahrenen Ein- und Ausfahrtsstraßen Badens eine überörtliche Erschließungsfunktion. Darüber hinaus verursachen die in unmittelbarer Nähe befindlichen zahlreichen Handelsunternehmen (u.a. Fachmarktzentrum Dammgasse und die Lebensmittelmärkte Billa, Hofer, Lidl, Spar) sowie die im ganzen Bezirk zumeist preisgünstigste und deshalb besonders stark frequentierte Tankstelle ein hohes Verkehrsaufkommen, wodurch es nicht nur in Spitzenzeiten zu Verkehrsstaus und kritischen Verkehrssituationen kommt.
Der Ortsplaner räumt zwar ein, dass von „einer Erhöhung der Verkehrsmengen durch motorisierten Individualverkehr in diesem Abschnitt auszugehen ist“, gleichzeitig wird aber beschwichtigend angemerkt, dass für das gesamte Stadtgebiet von einer "Verbesserung der Gesamtsituation auszugehen“ sei. Wir können nicht nachvollziehen, dass mit einer Entlastung von Bürgern durch Absiedelung von Schulen eine Belastung anderer (übergangener) Bürger durch einen konzentrierten Schulstandort zu rechtfertigen ist. In Anwendung der Planungsrichtlinie des § 14 Abs. 2 Z 5 NÖ ROG 2014 sind bei allen Widmungsmaßnahmen deren Verkehrsauswirkungen abzuschätzen und auf eine funktionsgerechte Anbindung an die bestehenden Verkehrsstrukturen zu achten. Dabei ist auch die Verkehrsmittelwahl zu berücksichtigen und ob die bestehenden Verkehrsstrukturen ausreichend sind. Der Umfang einer Abschätzung geht aber weit über die vom Ortsplaner vereinfacht getroffenen Aussagen hinaus, es bedarf vielmehr verkehrstechnischer Expertisen auf Basis von Verkehrszählungen, Verkehrsprognosen und weiterer Untersuchungen. Von einer kürzeren Wegentfernung zum Campus kann ebensowenig ausgegangen werden wie von einem zu erwartenden höheren Nutzungsgrad an Verkehrsmitteln. Wie bereits dargestellt, erwartet selbst der Ortsplaner in diesem Abschnitt eine Erhöhung des Individualverkehrs. Der Vollständigkeit halber wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Bürgermeister DI Sziruszek eine durchgehende Verkehrsverbindung zwischen der Wiener Straße und der Mühlgasse entlang des Trabrennplatzes definitiv ausgeschlossen hat.
Seitens der Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht als Umweltbehörde wird eine strategische Umweltprüfung (das Erstellen eines Umweltberichts) zwar nicht für erforderlich erachtet, obgleich lt. Anmerkung der Amtssachverständigen „bei der geplanten Funktionsänderung des Sondergebiets davon auszugehen ist, dass sich die Verkehrssituation für diesen Standort und den Umgebungsbereich insbesondere das angrenzende Wohngebiet ändern wird. Eine entsprechende Auseinandersetzung mit dem Thema Verkehr und der Belastung der Umgebung wird im Widmungsverfahren bei diesem Änderungspunkt ein Thema sein.“ Es ist wohl davon auszugehen, dass eine solche „Änderung“ eine „Verschlechterung“ bedeutet.
Die Auflageunterlagen zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes lassen auch eine Auseinandersetzung mit der Frage der Störungseinflüsse durch Lärm vermissen, wobei auf die Planungsrichtlinie des § 14 Abs. 2 Z 10 NÖ ROG 2014 besonders hingewiesen wird. Im Hinblick auf eine Vermeidung von Nutzungskonflikten sollen ausreichende Abstände eingehalten werden oder zumindest entsprechende Abschirmungsmaßnahmen gesetzt werden. Wie Bürgermeister DI Sziruszek schon bei der o.a. Besprechung am 23.1.2020 zutreffend bemerkte, soll der in der Natur bestehende Baum- und Strauchbestand an der Grundgrenze zum ehemaligen Altersheim als Sicht- und Lärmschutz erhalten bleiben und darüber hinaus auch ein Erdwall als zusätzliche immissionsabschirmende Maßnahme errichtet werden. In diesem Zusammenhang dürfen wir die Widmung dieser Flächen als Grünland-Grüngürtel mit der Funktionsbezeichnung "Immissionsschutz" anregen. Schließlich wäre wohl auch zu prüfen, ob den Bestimmungen des § 56 der NÖ Bauordnung 2014 im Hinblick auf die Ortsbildgestaltung entsprechend Rechnung getragen wird, nachdem aus den vorgelegten Änderungsentwürfen nicht zu entnehmen ist, ob diese gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt wurden. Wünschenswert wäre auch die Beibehaltung der Baufluchtlinien, der Geschoßflächenzahl und vor allem der höchstzulässigen Gebäudehöhe.
Die Entwürfe zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogramms und des Bebauungsplanes der an den Gemeinderat der Stadt Baden gestellten Anträge wurden nach Meinung der Verfasser dieser Stellungnahme vom Ortsplaner DI Hameter und der Behörde z.T. mangelhaft und unvollständig ausgefertigt und sind unzureichend begründet worden. Eine Realisierung dieser Entwürfe hätte für die umliegenden Bewohnerinnen und Bewohner eine massive Verminderung ihrer Wohn- und Lebensqualität und einen vorerst nicht näher zu beziffernden Wertverlust ihrer Liegenschaft und der darauf befindlichen Objekte zur Folge. So lange es daher mit den Eigentümern der Liegenschaft Emil-Kraft-Gasse 17 und 19 keine wie im Mail des Bürgermeisters vom 24.1.2020 fix zugesagten Gespräche über die darin angeführten Punkte (Anordnung der Gebäude auf dem Areal, Prüfung ob das Gebäude der HLA auf dem Grundstück der BIG errichtet werden muss, Verkehr, Baustellenverkehr, Fußgängerverkehr, Erhalt des bestehenden Grüngürtels und Vorlage der Machbarkeitsstudie) gibt, werden die geplanten Änderungen von den Verfassern dieser Stellungnahme abgelehnt.. Übrigens sprachen sich bei einer vor genau 2 Jahren von der NÖN veranstalteten Leserumfrage 51,2 % dafür aus, dass der beste Standort für so ein Projekt das Areal der Martinek-Kaserne wäre, wie es bereits im Jänner 2015 auch vom damaligen Bürgermeister KR Staska im Konzept für ein „engagiertes Zukunftsprogramm“ vorgesehen war.

Hochachtungsvoll

Die Eigentümer der Liegenschaft KG Leesdorf; GSt. Nr. 316/1
2500 Baden, Emil Kraftgasse 17 u.19

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