Laufbericht 1. Schneeberg-Trail Teil 4/4 - Hölle

Pfad in den Himmel oder Höllensteig?
11Bilder

Fortsetzung von Teil 3:
Ich unterhalt mich ein wenig mit den netten Damen von der Labestation, tanke Iso, Müsliriegel und Energiepaste, schnaufe noch eine Minute aus und versuche Kräfte für den letzten Abschnitt zu sammeln. Noch ein Gruppenfoto zum Abschied und los geht´s, in gemütlichem Tempo. Wieder saust eine Läuferin zügig an mit vorbei - soll sie, ich lauf jetzt auf durchkommen. Peter ist bei der Labestation auch wieder zu mir gestoßen, hat aber keine Lust mich zu überholen - anscheinend geht´s ihm ähnlich wie mir. Nach ein paar Minuten durch den Wald - wau! Die erste Geröllhalde, die Lahningries erstreckt sich nicht sehr breit, aber weit den Berg hinauf und in´s Tal hinunter vor uns - toll, Fotostop! 50m über uns sitzen zwei Wanderer in den Felsen, winken und meinen wir sollen warten, sie kommen runter und fotografieren uns - na klar, für so ein Motiv opfere ich gerne noch eine Minute! Weiter geht´s auf dem Steig, es heißt höllisch aufpassen auf nasse, rutschige Wurzeln, Steine, enge Windungen, dauernd rauf und runter, es ist mehr ein dauerndes Springen als ein Laufen, enorm anstrengend. Nach ein paar Stolperern entscheide ich - aus, an schwierigeren Stellen muß ich gehen, Kraft und Konzentration reichen einfach nicht mehr um hier durchgehend zu laufen. Peter bleibt etwas zurück - anscheinend bin nicht nur ich hier am Limit. Dann die nächste Geröllhalde, die Breite Ries - eine riesige Geröllfläche durchsetzt mit Latschenfeldern zieht sich
weit hinauf zu den Felsen des Kaisersteins. Toll anzusehen, schwierig zu queren, große Steine und Felsen - Schrittempo! Dann wieder ein Stück steil bergauf im Wald, manchmal brauch ich Hände und Füße um weiterzukommen und plötzlich - was für ein Anblick, Wahnsinn! Von einem kleinen Grat aus schau ich auf die Krumme Ries, im Vordergrund leuchtend bunte Herbstbäume, dahinter die scheinbar fast senkrecht abfallende Geröllhalde, gequert vom Grafensteig, unglaublich toll. Ich bin hin- und hergerissen zwischen Fotografieren, Landschaft anschauen und auf den Weg aufpassen - der ist weiterhin sauschwer! Queren kann ich wieder nur im Schrittempo, dann weiter Laufen, Springen, Gehen, mühsam, langsam ... aber die Landschaft bleibt wunderschön, beeindruckend. Ein mächtiges Geröllfeld zieht sich rechts und vor mir wie ein steinernes Meer hinauf bis zum Horizont, zu den Wolken - Wahnsinn, optisch ein Pfad in den Himmel, gefühlsmäßig ein Höllensteig. Bei ein paar Felsformationen irrt ein Läufer, ich glaube Aurel, im Geröll umher, sucht den Weg ... ich finde die rosa Markierungspunkte, gemeinsam laufen, gehen, stolpern wir weiter. Dann wieder Wald, Wurzeln, rauf und runter ... ich habe das Gefühl schon unendlich lange auf diesem verdammten Steig unterwegs zu sein und er nimmt kein Ende - die Uhr sagt mir, daß es "erst" 70 Minuten sind. Auch Aurel bleibt ein wenig zurück obwohl ich elends langsam unterwegs bin ... jö
fein, da mitten im Wald ist eine Quelle mit einem Holztrog, ich bleib stehen und erfrische mich ein wenig, atme durch ... weiter ... ??? WAS SOLL DAS??? Mein rechter Oberschenkel will nicht mehr, reagiert nicht, verkrampft total, ich kann mich kaum mehr rühren! Das kann doch nicht wahr sein, hier mitten im Nirvana,
vor mir ein steiles Bergabstück und ich kann keinen Schritt mehr machen ... ich kenn Krämpfe nur aus Erzählungen, hab noch nie einen gehabt! Ich hab absolut keine Lust hier aufzugeben, kommt nicht in Frage! Bleib ruhig, bleib ruhig! Gaaaanz vorsichtig Gewicht verlagern, ein wenig massieren, vorsichtig das Bein auslockern ... nochmal das ganze ... langsam wieder belasten, ein zaghafter Schritt ... O.K., das klappt, ganz sachte Schritt für Schritt weiter, wo es geht an Bäumen abstützen weil´s steil bergab geht ... nach einer Ewigkeit hab ich das Steilstück hinter mir, der Pfad geht wieder ebenaus, ich versuche normales
Tempo zu gehen ... ja, das geht auch wieder ... nach ein paar Minuten trau ich mich wieder einige Schritte zu laufen, vorsichtig ... ja, ich glaube der Krampf ist überwunden ... aber der Schock sitzt mir im Nacken, ich werde noch langsamer. In der Zwischenzeit haben mich Aurel und eine Läuferin in meinem Alter
überholt aber egal, ich bin heilfroh, überhaupt wieder vorwärts zu kommen. Und dann, endlich, an einem steilen Bergaufstück im Wald, die 3. Labestelle. Finde ich total nett wie die Veranstalter das hier aufgebaut haben, wie sie uns aufmuntern. Wenn ich noch könnte würde ich es ausgesprochen idyllisch finden
- so wie ich den ganzen Steig toll gefunden hätte wäre ich von der Edelweißhütte frisch und ausgeruht losgelaufen ... hättewärewürde spielt´s aber nicht. Fakt ist: Es ist 11:45, ich bin 4:15 unterwegs, hab noch 3Km und 300Hm vor mir. Die 4:30 kann ich vergessen. Eine grobe Schätzung lässt mich erschrecken: In meinem derzeitigen Zustand muß ich für dieses letzte Stück mit etwa 45 Minuten rechnen! Ein Wahnsinn!!!! In der Zeit hab ich normalerweise einen 10Km-Lauf hinter mir und mich schon wieder halbwegs ausgeruht ... aber die Dimensionen verschieben sich hier völlig. Ich werde sehr kämpfen müssen um unter 5 Stunden zu bleiben! Gemeinsam mit Aurel und Peter, der inzwischen auch eingetroffen ist, starte ich wieder los. Nach wenigen Minuten biegen wir auf den "normalen" Schneebergweg ein. Ein breiter steiniger Trampelpfad auf dem viele Leute unterwegs sind. Einerseits Wanderer, die zur Bergstation gehen, andererseits Teilnehmer vom 10Km-Lauf, die statt mit der Bahn zu fahren einfach wieder in´s Tal laufen. Voller Energie, leichtfüßig, uns ein fröhliches "Super Burschen, ist nimmer weit" zurufen und verschwunden sind. Mich frißt der Neid, von "super" bin ich kilometerweit weit weg und was für die "nimmer weit" ist dehnt sich für mich in unendliche Ferne ... noch nie hab ich so lange 3Km erlebt! Ein Schild - noch 2Km. Aurel und Peter haben inzwischen einen Vorsprung von knapp 100m auf mich herausgegangen - laufen können wir alle nicht mehr, es ist nur noch mühsames Bergaufquälen. Noch 1000m und ich hab nur noch 14 Minuten Zeit ... zwei Touristinnen der 100Kg-Klasse wogen, umgeben von ein paar Kindern, bergauf. Ich hol alles aus mir raus, brauch aber Minuten um die Gruppe niederzukämpfen und mich etwas abzusetzen ... noch 400m und 6 Minuten ... wann endet diese verdammte Steigung endlich? Da oben ist doch ein Plateau ... ?? 300m, es wird etwas flacher, endlich! 200m, ich bin oben! Ich seh das Ziel, die Absperrungen, die Leute die warten ... irgendwie schaffe ich es in langsamen Lauf zu verfallen ... 100m ... die Leute schreien und jubeln, ich schalt die Kamera ein und filme meine letzten Meter, kann sogar noch ein wenig beschleunigen ... und bin durch!
Gleich nach dem Ziel hängt mir jemand eine Decke um, ich torkle weiter irgendwohin, kann nicht stehenbleiben, sehe lauter Leute die in Decken gehüllt wie Zombies ziellos umherirren ... brauche Minuten um halbwegs wieder zu mir zu kommen. Vage nehme ich auf meiner Uhr etwas wie 4:57 wahr, anscheinend bin ich unter 5 Stunden geblieben, aber das dringt noch nicht richtig zu mir durch. Stehenbleiben kann ich immer noch nicht, ich muß weitergehen, ab und zu fährt eine Art Schüttelfrost durch meinen Körper und mein Hirn ist völlig leer, ich bin zu keiner vernünftigen Handlung fähig. Nur einen Becher Iso nehme ich mir irgendwo mit zittriger Hand, trink in kleinen Schlucken während ich weiter herumwanke ... schnappe Gesprächsfetzen auf: "... das sind die 35er, die sind nicht die normale Strecke raufgelaufen sondern die Lange ...", hole einen Becher heißen Tee ... " ... die haben 35Km und 2000Hm hinter sich ... " nach 30
Minuten bin ich soweit, daß ich stehenbleibe, den Rucksack abnehme, das Handy rauskrame und Patrick anrufe wo er steckt. Der sollte doch hier irgendwo auf mich warten ... tut er auch, hat mich aber irgendwie übersehen und sitzt im Restaurant. Ich geh rein, setzt mich zu ihm ... doch das ist ein Fehler. Mir wird
schlecht, ich renn wieder raus, würge, aber es kommt fast nichts, nur ein wenig bitteres Zeugs ... aber danach ist mir besser. Der Kopf klärt sich, das Zittern lässt endgültig nach, ich fühl mich zwar erschöpft und schwach, aber soweit wieder O.K. Endlich kann ich den Lauf ein wenig Revue passieren lassen - er war ein Wahnsinn, mit Höhen die ich erhofft hatte und Tiefen die ich mir kaum vorstellen konnte, hat mich bis an meine Grenzen gebracht. Hätte ich vorher gewusst wie schwer er ist hätte ich ihn nicht gemacht. Aber jetzt, wo ich ihn hinter mir habe, ist klar: Nächstes Jahr bin ich sicher wieder mit dabei. Ich hab ihn diesmal geschafft, ich werd ihn wieder schaffen, ich bin einer von den 35ern! :-)

E N D E !

P.S.: Weitere Info´s, Bilder, Berichte, Ergebnisse und ein sehr stimmungsvolles Video zum Lauf (auf dem ich nach 50Sek unschwer zu erkennen bin ;-) gibt es auf http://www.facebook.com/SchneebergTrail

Wo: Grafensteig, Puchberg am Schneeberg auf Karte anzeigen

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