Volksbank-Genossenschaft:
Wirtschaftskrimi um Aufsichtsratswahl
In der Genossenschaft der Volksbank Baden-Mödling-Liesing brodelt es. In der Hauptversammlung am 31. August kam es bei der Aufsichtsratswahl zu einem Eklat. Nun bahnt sich ein Wirtschafts-Krimi an.
BADEN. Aufsichtsräte werden grundsätzlich von der Hauptversammlung aller Mitglieder auf drei Jahre gewählt. Wenn diese Frist ausläuft, müssen die jeweiligen Personen einzeln entweder in ihren Funktionen für weitere drei Jahre gewählt werden oder es kann Gegenkandidaten geben. Von der Möglichkeit der Gegenkandidatur machte in der Hauptversammlung am 31. August ein um den Badener Bürgermeister Stefan Szirucsek (ÖVP) formiertes "Team regionale Wirtschaft" Gebrauch.
Vorgeschlagen wurden folgende Kandidaten:
- Markus Fiala (Unternehmerverein WIR 23, Liesing),
- Petra Haslinger (WKO-Gründerservice Wien, Stadträtin ÖVP Baden),
- Ulrike List (Obfrau Stadtmarketing Baden),
- Christian Seidler (SEFRA-Geschäftsführer, Kottingbrunn),
- Matthias Schiffer (WK-Obmann Bezirk Liesing),
- Herbert Schrittesser (Rechtsanwalt. Mödling) und
- Stefan Szirucsek (Bürgermeister Baden).
Als es jedoch zum Punkt Neuwahl kam, verkündete Aufsichtsratsvorsitzender Christoph Prinz (Ex-Bürgermeister Bad Vöslau) die Vertagung. Der gesamte fünfköpfige Aufsichtsrat sowie 80 von 180 anwesenden Genossenschaftsmitgliedern verließen den Saal.
List: "Undemokratisch"
"Ein völlig undemokratisches Verhalten", kritisiert Kandidatin Ulrike List. "Die alten Aufsichtsräte haben erkannt, dass sie nicht wiedergewählt worden wären und sind deshalb unter Buhrufen ausgezogen. Offensichtlich hat man auch versucht, den Verbleibenden das Licht abzudrehen." Nichts desto trotz wurde die Wahl dann von den im Saal verbliebenen Genossenschaftsmitgliedern durchgeführt. Alle Kandidaten des "Teams regionale Wirtschaft" wurden einstimmig gewählt. Und weil der Aufsichtsrat den Vorstand bestellt, ließ das Team bei einer Pressekonferenz bereits durchblicken, dass man den bestehenden Vorstand im wesentlichen unverändert weiterarbeiten lassen wolle - mit einer kleinen aber nicht unwichtigen Ausnahme: Zum Vorstandsvorsitzenden wolle man anstelle des bisherigen Vorstandsvorsitzenden Franz Gartner (Vizebürgermeister Traiskirchen, SPÖ) das einfache Genossenschaftsmitglied August Breininger, Altbürgermeister von Baden (ÖVP), bestellen. "Wegen seiner langjährigen Expertise", begründet Ulrike List.
Gartner: "Feindliche Übernahme"
"Von feindlicher Übernahme und Revolution" sprach Franz Gartner. Er hält die Aufsichtsratswahl vom 31. August für nicht rechtmäßig, da sie ohne Vorsitzenden abgehalten wurde, was nicht statutenkonform sei. "Die Wahl ist gegenstandslos", so Gartner. Das "Team regionale Wirtschaft" verweist hingegen auf ein Rechtsgutachten der Universitätsprofessorin Kalss, das die Rechtmäßigkeit seiner Wahl bestätigt, und auf die notarielle Beglaubigung der Wahl.
Am 12. Oktober wurde die am 31. August abgebrochene Sitzung im Kolpinghaus Baden fortgesetzt. Zur Wahl standen dabei 11 Kandidaten - jene sieben von der Liste "Regionale Wirtschaft" und vier aus dem bestehenden Aufsichtsrat, bei denen es um Vertragsverlängerung bzw. Bestätigung auf weitere drei Jahre ging. Ein Aufsichtsrat hatte noch einen aufrechten Vertrag. "Von den elf Kandidaten wurden sieben gewählt, die vier bestehenden und drei vom anderen Team. Vier vom anderen Team bekamen keine Mehrheit."
Die drei Gewählten vom "Team Wirtschaft" wollen sich bis zur konstitutierenden Sitzung (innerhalb von zwei Wochen) noch überlegen, ob sie die Wahl annehmen. "Falls nicht, hätten wir trotzdem einen regulären Aufsichtsrat", erläutert Gartner. "Denn die Statuten sehen vor, dass das Gremium aus vier bis maximal acht Personen bestehen kann." Seiner Meinung nach ist der früher gewählte Aufsichtsrat nicht rechtmäßig und er hat Klage dagegen eingebracht.
Fazit: Es gibt also jetzt zwei Aufsichtsratsgremien, und möglicherweise steht ein jahrelanger Gerichtsstreit bevor um die Frage, welcher Aufsichtsrat nun tatsächlich der gültige ist. Auf die Arbeit der Genossenschaft habe dies - so Gartner - keinen Einfluss, weil die "Geschäfte der bisherige Vorstand weiterführen wird." Dieser besteht aus vier Personen, die alle noch aufrechte Verträge haben.
Worum geht's im Streit auch?
Im Hintergrund dürfte es weniger um die Aufwandsentschädigungen für die einzelnen Funktionäre gehen. (Kolportiert werden 500 Euro pro Person und Sitzung bei vier Sitzungen im Jahr.) Es geht um die Dividende, die die Volksbank Wien AG, an der die Volksbank Baden als größter Teilhaber 11 % Anteile hält, ausschüttet. Laut deren Pressesprecher geht es bei der Dividende um "vielleicht mehrere 100.000 Euro". Diese wird an alle 26.000 Mitglieder je nach ihren Anteilen ausgeschüttet. Ein Anteil hat einen Wert von 8 Euro, es ist aber möglich, Anteile zuzukaufen, was vom Vorstand genehmigt werden muss.
Einen kleinen Teil der Dividende behält die Genossenschaft zurück, um Sponsoring für regionale Wirtschafts- Kultur- oder Sozialprojekte zu betreiben. Die Entscheidung, welche Projekte gefördert werden, fällt im Vorstand.
Innerhalb von zwei Wochen muss die konstituierende Sitzung abgehalten werden.
Zur Sache
Was bedeutet es, wenn eine Bank wie die Volksbank eine Genossenschaftsbank ist? Es bedeutet, dass nur Kunden (also Kontoinhaber) Mitglied, also Teilhaber der Bank werden können. Die ausgeschüttete Dividende geht also via regionaler Genossenschaft an Volksbank-Kunden, die quasi die Aktionäre sind. Von den Volksbank Wien AG-Eigentümern ist die Volksbank Baden-Genossenschaft mit einem Elf-Prozent-Anteil die größte.
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