Der Klettersteig als "Lehrmeister"
BEZIRK BADEN/MÖDLING (gast). Gleich vorweg: Wer zum ersten Mal Klettersteig klettert, sollte dies nicht ohne erfahrene Begleitung tun. Denn es gibt einiges zu wissen: Woraus besteht so ein Klettersteig-Set, wozu dienen die einzelnen Teile, wie geht man's an? Gute griffige Wanderschuhe, Kletterhandschuhe und der Helm sind sowieso Bedingung. Gelernt habe ich: Einfach drauf los bringt gar nichts. Man braucht Zeit für die Vorbereitung.
Auch Scheitern will gelernt sein
Wir - meine Freundin Lilo, unser Guide Wilfried und ich - stehen vor dem Einstieg, vor uns ein Felsen des Schwierigkeitsgrades C. Wilfried sichert unseren ersten Versuch noch zusätzlich mit einem Seil. Aber: Wir scheitern und umgehen das zu steile Ding. Der Steig dahinter ist einfacher - Schwierigkeit A/B. Wir finden unseren Weg und schön langsam auch zur "Technik".
Gelernt habe ich: Gestehe dein Scheitern ein, nur Übung macht den Meister.
Schritt für Schritt hinauf
Zwei Karabiner sichern uns von Haken zu Haken, wir ziehen uns Schritt für Schritt am Seil hinauf, am Horizont die Mödlinger Burg, ganz weit unten die Straße in die Hinterbrühl, gleich neben uns die erste Kuhschelle. Auch kleine Hoppalas passieren uns: Zu nah am Felsen, schlage ich mir das Knie an. Die Karabiner (man sichert sich immer mit zwei Karabinern) "vermankeln" sich. Und einmal hänge ich am Felsen und finde und finde keine Stelle, um meinen Fuß abzusetzen. Gelernt habe ich: Nur nichts übereilen, Kräfte einteilen, Pausen machen.
Kleine Mutprobe
Dann die Hängeleiter, meine größte Mutprobe. Knieweich balanciere ich über die Leiter und halte mich am Drahtseil über Kopf fest. Damit nicht genug, muss ich auch noch den Felsen am Ausstieg bewältigen. Tief atmen, konzentriert bleiben, entspannen, nichts denken. Wilfrieds beruhigende Stimme. Es geht. Gelernt habe ich: Manchmal braucht es Unterstützung und ein wenig Überwindung. Vor allem aber braucht es immer die richtige Selbsteinschätzung - eine Kunst. Und: Konkurrenz ist schädlich.
Stolz, Euphorie und Demut
Nach eineinhalb Stunden sind wir durch (120 Höhenmeter, 1 Kilometer Länge) - und auf ganz spezielle Weise glücklich. Der Blick zurück - "Da oben waren wir" - steigert noch die Euphorie, die übrigens tagelang anhält: Am Tag 1 danach spüre ich Rücken und Armmuskeln, am Tag 2 neue Kraft, am Tag 3 Selbstvertrauen. Am Tag 4 hoffe ich, dass die nächste Klettersteigtour bald kommt...Gelernt habe ich: Man kann stolz auf sich sein, und dennoch demütig bleiben.
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