Im Swingerclub
Alles kann, nichts muss geschehen

Foto: Ebner
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Dieser Leitspruch zieht Paare und Singles seit rund 20 Jahren in den Club von Herbert & Maria.

MUNDERFING (ebba). Geht man die Treppe zu Herbert & Maria hinauf, fällt einem sofort ein an die Wand geschriebener Spruch auf: „Die moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.“ Wir wollen es uns zu Herzen nehmen und wagen es, weiter zu gehen. Wir läuten kurz an der Eingangstür und der Hausherr öffnet uns: Herbert Wirtner, Chef in Herbert & Marias Swinger-Saunaclub. Anders als man es erwarten würde, sieht Herbert eigentlich „ganz normal“ aus. Der 72-Jährige führt den Club gemeinsam mit seiner Maria. Die beiden sind 42 Jahre verheiratet. Das Swingen ist seit mehr als 30 Jahren ein wichtiger Bestandteil ihrer Beziehung.

Erotische Appetitanreger

Es ist 17.30 Uhr und noch sind keine Gäste da. Herbert führt uns durch den Club, zeigt uns das Tigerzimmer, das Herzerlzimmer, den Massageraum mit Liebesschaukel und auch Räume wie Sauna und Solarium – letztere Bereiche sind übrigens nicht für den Liebesakt gedacht. Dafür sind die „Spielwiesen“ in den unterschiedlichen Themenzimmern da. Er erklärt, warum es statt Türen nur Absperrkordeln gibt und wofür die Schilder "Nettes Paar willkommen" oder "Wir möchten alleine bleiben" da sind. „Ein Dazulegen ist immer möglich, sofern das Pärchen es wünscht.“ Die Sichtschlitze an den Wänden sind „für das stille Zusehen.“

Nur keine Scham

In der Küche bereitet Maria gerade liebevoll das Buffet für den heutigen Abend vor. Es gibt Filetsteak. In den Aufenthaltsräumen läuft stimmungsvolle Musik und auf einigen TV-Bildschirmen wird bereits das gezeigt, wozu es später noch unter den Clubgästen kommen wird. Genau vor so einem Bildschirm platziert sich Herbert Wirtner im Sadomaso-Raum des mehrstöckigen Clubs. Neben ihm ein gynäkologischer Stuhl und ein kleiner Kerker. 

Während im Flimmerkasten hinter ihm ein Erotikfilmchen läuft und wir uns bemühen, nicht in Verlegenheit zu geraten, erzählt er davon, was er schon alles im Club gesehen hat. Dass es nichts gibt, was es nicht gibt.

Mittlerweile sind ein paar Gäste eingetroffen. Und keiner davon wirkt irritiert, als Herbert die Dame von der Presse vorstellt. Uns fällt also auf: Swinger stehen zu ihrem Hobby und zu ihren Neigungen. Freilich wird nicht jeder von ihnen im Bekannten- oder Familienkreis offen darüber sprechen, aber im Club sehen es alle gleich: Es gibt nichts, wofür man sich schämen muss.

Ein Ort für tolerante Paare und Singles

Mit einem Bordell hat so ein Club nichts zu tun. Vorwiegend besuchen Pärchen den Swingerclub, um ihr Sexleben aufzufrischen. Aber auch alleinstehende Damen und Soloherren sind hier anzutreffen. Im Beisein des Partners handle es sich nicht um Fremdgehen, meint Herbert. „Bei uns gibt es keinen Grund zur Eifersucht. Wer in einen Paare-Club geht, sucht Kontakt zu Gleichgesinnten unter Beisein seines Lebenspartners. Man begeht keinen Betrug an ihm oder ihr.“

Die strengen Regeln

Neue Clubbesucher werden zuallererst über die Spielregeln informiert: Sauberkeit ist Grundvoraussetzung, kein Verkehr ohne Gummi, eine Einladung an Mitspieler muss eindeutig sein und ein „Nein“ wird immer respektiert, sonst droht Lokalverweis. No-Go’s sind weiße Unterwäsche beim Herrn, Bademäntel oder umgeschlungene Handtücher. Wer einen Swingerclub besucht, legt in der Garderobe nette Kleidung wie erotische Dessous, Bikini oder Badehose an. Auch Fetisch-Outfits, Lack und Leder werden gerne gesehen.

Berührungen werden nur in den dafür vorgesehenen Zimmern ausgetauscht. In den Aufenthaltsräumen und an der Bar wird maximal nett geplaudert und geflirtet. Starker Alkoholgenuss ist verpönt, genauso Kontakte nach außen. Es werden also keine Telefonnummern ausgetauscht. Diskretion ist ein Gebot. Unter Swingern kennt man sich nur unter dem Vornamen. Auch wird darauf geachtet, dass das Handy im Garderobenschrank bleibt.

„Alles kann, nichts muss geschehen“, betont Herbert immer wieder. Wenn also jemand „inaktiv“ bleibt und nur zuschauen möchte, wird sich keiner der Gäste daran stören, so der Hausherr. Keiner werde hier zu etwas gedrängt.

Aller Anfang war schwer

Herbert & Marias Saunaclub befindet sich mitten im beschaulichen Munderfing, einer 3.113 Einwohner zählenden Gemeinde. Gleich rechts neben Gemeindeamt und Musikschule. Vor 20 Jahren hat das Ehepaar hier, nicht ohne Widerstand, seinen Club eröffnet. Damals wurden sie wie Aussätzige behandelt.

„Am Anfang hat man es uns wirklich schwer gemacht. Beim Einkaufen haben wir oft gemerkt, wie hinter unserem Rücken getuschelt und über uns hergezogen wurde. Aber mittlerweile ist das Verhältnis, auch zu den Amtspersonen der Gemeinde, ein sehr angenehmes. Weil man wohl draufgekommen ist, dass bei uns keine Banditen verkehren und wir keine Opiumhöhle mit leichten Mädchen sind.“ Vielmehr bieten Herbert und Maria in ihrem Club einen geschützten Ort für versteckte Neigungen, der weit über die Grenzen von Munderfing bekannt ist.

Das Ringen ums Swingen

„Es sind vielleicht gerade mal zwei Prozent der Bevölkerung, die Swingen gehen. Wollen würden aber viel mehr! Ich habe oft erlebt, wie Paare unten am Parkplatz dann doch wieder umgedreht sind“, bedauert Herbert. Danach gefragt, erklärt er uns, er selbst habe in mehr als drei Jahrzehnten Swingen noch nie jemandem aus seinem Bekanntenkreis getroffen.

Mit jeder Menge Eindrücke, aber keinesfalls moralisch entrüstet, verabschieden wir uns langsam von Herbert & Maria und deren Gästen, die mittlerweile ihr Filetsteak verspeist und zum interessanteren Teil des Abends übergehen wollen. Hausherr Herbert sagt: „Ich will niemandem zum Swingen bekehren“. Trotzdem gibt er uns zum Abschied noch ein „Auf Wiedersehen!“ mit auf den Weg. Nun, wir werden sehen …

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