„Größer ist nicht billiger – ganz im Gegenteil“
Eine klare Absage erteilt Gemeindebundpräsident Johann Hingsamer einer emotionalen Diskussion um die Zusammenlegung von Gemeinden: „Gewachsene Strukturen soll man nicht von oben herab zerstören.“
BEZIRK BRAUNAU (höll, was). Durch die Industriellenvereinigung und gewisse Medien werde eine Diskussion geschürt, die unsachlich sei, wehrt sich Gemeindebundpräsident Johann Hingsamer gegen den so vermittelten Eindruck, dass bei Gemeinden „größer gleich billiger“ wäre: „Diese Annahme ist falsch. Genau das Gegenteil ist der Fall.“
Auf Basis des österreichischen Gemeindefinanzberichtes listet der Gemeindebund Argumente auf, die das mit Zahlen belegen: Gemeinden bis 2500 Einwohner beschäftigen im Durchschnitt acht Mitarbeiter pro 1000 Einwohner. Bei Gemeinden zwischen 10.000 und 20.000 Einwohner sind es durchschnittlich 15. Effizienz und Qualität in der Verwaltung und Dienstleistung steigen mit der Gemeindegröße nicht an.
Ein Beispiel dafür sind die Gemeinden Roßbach (950 Bürger) und St. Veit (400 Bürger). Sie teilen sich nicht nur den Bauhof, sondern bereits seit zwei Jahren das gesamte Verwaltungspersonal: „Die Verwaltungskosten in Rossbach liegen bei 288,16 Euro pro Jahr und Einwohner. Wir haben gemeinsam mit St. Veit 2,6 Personaleinheiten und teilen uns einen Amtsleiter“, so Bürgermeister Franz Bernroitner.
Bei einer Gemeinde mit 20.000 Einwohnern würden die Verwaltungskosten 765 Euro pro Einwohner und Jahr betragen, erklärt Hingsamer. Bernroitner hält nichts vom Zusammenlegen von Gemeinden, weil es kaum Sparpotenzial gebe: „Man könnte einen Gemeinderat und einen Bürgermeister streichen. Die Kos-
ten würden aber nicht weniger, weil sowohl der Bürgermeister, als auch der Amtsleiter anhand der Anzahl der Einwohner bezahlt werden.“
Gemeindekooperationen ja, Zusammenlegung nein
„Wir sind alle für Kooperationen innerhalb der Gemeinden. Eine Zusammenlegung von Kommunen darf es nur dort geben, wo es die Bürger auch wollen. Es gibt Gemeinden in Bayern, die man bereits vor Jahren zusammengelegt hat. Dort gibt es noch heute Probleme“, berichtet Bürgermeistersprecher Franz Zehentner. Es gebe bereits unzählige Beispiele, in denen Gemeinden in den verschiedensten Bereichen kooperieren, so Zehentner: „Ich bin mir sicher, eine erzwungene Zusammenlegung würden die Bürger nicht gutieren – es würde einen Aufstand geben.“
Ohne Gemeinde – kein Ehrenamt
Ein nicht zu vernachlässigender Faktor bei der Diskussion sei auch die identitätsstiftende Funktion der Gemeinde. „Bürger brauchen eine Heimat“, so Hingsamer. Die Bereitschaft zum Ehrenamt sinke mit zunehmender Größe.
Nur in Großstädten brauche man beispielsweise eine Berufsfeuerwehr, die ja auch mit enormen Kosten verbunden ist. Damit spricht der Gemeindebundpräsident den Bürgermeistern aus den Herzen. „Auf dem Land gibt es noch sehr viele Vereine. Alleine wir in Roßbach haben drei Feuerwehren. Bei uns reißen sich die Vereine regelrecht um die Jugend – deshalb brauchen wir keine kostspieligen Jugendbeschäftigungsprogramme, wie sie im Zentralraum notwendig sind. Aber, was man nicht in Zahlen gießen kann, wird nicht honoriert“, erklärt Bernroitner.
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