LAG Gemeinsam gegen Gewalt
„Es sind nicht immer die Ausländer“
Die Burgenländische Landesarbeitsgemeinschaft „Gemeinsam gegen Gewalt“ traf sich im Flüchtlingshaus Sarah in Neudörfl.
NEUDÖRFL. Der Ort des Vernetzungstreffen war bewusst gewählt worden. Das Haus „Sarah“ der Caritas der Erzdiözese Wien bietet seit mehr als 30 Jahren Flüchtlingen und Migranten Unterkunft und Betreuung. „Hier wohnen viele unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge und junge Männer, die oft selbst in ihren Herkunftsländern Gewalt erfahren haben“, sagte Dagmar Fenninger-Bucher von der FH Burgenland (Soziale Arbeit), die das Meeting moderierte.
Aktuell gibt es im Haus „Sarah“ eine Wohngruppe für zwölf minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge, der Rest ist mit Männern ab 18 Jahren belegt – die meisten kommen aus Afghanistan und Syrien.
„Wir können gerade das Notwendigste machen“
„Einige sind schon sehr lange da, gut integriert, sprechen gut Deutsch und möchten arbeiten. Sie können aber noch nicht, weil sie keinen Aufenthaltstitel haben. Das erzeugt natürlich auch Frust, manchmal auch Aggression und Depression“, erzählt die Hausleiterin Irmgard Joó.
Unter diesen Bedingungen sind die Mitarbeiter im Haus „Sarah“ besonders gefordert. „Eigentlich sollten wir therapeutisch arbeiten, Deutschlehrer sein, Job-Coaches sein und Wohnungen vermitteln. Mit den Geldern, die uns von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, können wir aber gerade das Notwendigste machen – also die Grundversorgung und verwalten“, so Irmgard Joó.
Kaum Gewaltfälle im Flüchtlingshaus
Deshalb sei man bei fast allen Projekten auf Spenden und Ehrenamtliche angewiesen. „Ohne diese Hilfe könnte wir diese Arbeit nicht machen“, meint Joó. Zum eigentlichen Thema des Vernetzungstreffens meint die Hausleiterin: „Gewalt kann man nicht verhindern, das wäre blauäugig. Aber wir können stolz darauf sein, dass wir im Haus kaum Gewaltfälle haben.“
In der Öffentlichkeit herrscht jedoch oft ein etwas verzerrtes Meinungsbild, wenn es um die Themen Gewalt und Ausländer geht. „Wir wissen, wie schnell Gewalt – auch in der Privatsphäre – Menschen mit Migrationshintergrund zugeschrieben wird“, sagte Fenninger-Bucher.
Verantwortung der Medien
Burgenlands Kinder- und Jugendanwalt Christian Reumann kritisiert in diesem Zusammenhang die Medien. „Es wird vereinfacht und generalisiert. Oft wird transportiert, dass Frauenmorde und Misshandlungen und Flüchtlinge zusammengehören. Es stimmt aber einfach nicht, dass es immer die Ausländer sind.“
80 Prozent sind Österreicher
Martin Kühnmeyer vom Verein Neustart lieferte dazu die Fakten: „Rund 80 Prozent der Wegweisungen und Betretungsverbote betreffen Österreicher.“
Der Verein Neustart ist auch eine der vielen Organisationen, die in der Landesarbeitsgemeinschaft „Gemeinsam gegen Gewalt“ vertreten sind. „Die Arbeitsgemeinschaft wurde 1993 gegründet – als loses Netzwerk aller psychosozialen Einrichtungen im Burgenland. Justiz, Exekutive und der Bildungsbereich sind ebenfalls vertreten“, so Fenninger-Bucher.
„Vernetzungs-Weltmeister“
„Wir könnten unsere Arbeit nicht tun, wenn wir nicht vernetzt arbeiten würden“, betonte Karin Gölly, die die Burgenländer als „Vernetzungs-Weltmeister“ sieht: „Ich kenne kein Bundesland, wo die Zusammenarbeit so wertschätzend und unkompliziert über so viele Jahre hinweg funktioniert.“
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