Hans Peter Doskozil im Interview
"Argumente aus der Wirtschaft sind ein Witz"

Doskozil: "Die Kritik am Mindestlohn – dass sich die Wirtschaft diesen nicht leisten könne – kann ich nicht nachvollziehen. Diese Argumente aus der Wirtschaft sind ein Witz und eine Frechheit." | Foto: Tscheinig
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  • Doskozil: "Die Kritik am Mindestlohn – dass sich die Wirtschaft diesen nicht leisten könne – kann ich nicht nachvollziehen. Diese Argumente aus der Wirtschaft sind ein Witz und eine Frechheit."
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Der Landeshauptmann und SPÖ-Spitzenkandidat über die Kritik der Opposition am Mindestlohn und Pflegeplan, mögliche Koalitionen sowie sein Ziel für die Landtagswahl 

Mit welchem Vorsatz sind Sie ins neue Jahr gestartet?
Ich denke, wie bei allen Menschen ist mein wichtigster Vorsatz, gesund zu bleiben. Vieles ergibt sich dann von selbst.

Sie heiraten im Mai Ihre Lebensgefährtin. Wo verbringt der Landeshauptmann seine Flitterwochen?
Es wird wie jedes Jahr einen Kurzurlaub im Sommer geben über eine oder zwei Wochen. Aber nachdem wir noch nicht einmal entschieden haben, wo wir heiraten, haben wir auch noch nicht entschieden, wo wir den Urlaub verbringen. Mir persönlich wär Kroatien am liebsten, aber ich glaube, das wird es nicht spielen.

Wie geht es Ihrer Stimme?
Das ist jetzt die Phase, wo ich versuchen muss, mit Stimmtraining über die Runden zu kommen. Nach der Operation im Frühjahr werden wir dann entscheiden, wie wir weiter tun und ich hoffe, dass das dann saniert ist.

Doskozil im Gespräch mit Bezirksblätter-Chefredakteur Christian Uchann | Foto: Tscheinig
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Können Sie die Kritik der Opposition am SPÖ-Pflegeplan nachvollziehen? 
Nein. Die Gemeinnützigkeit beim Pflegeplan ist keine Verstaatlichung und es wird – was die Pflegeheime im Burgenland betrifft – in fünf Jahren die gleichen Pflegeanbieter geben wie heute. Und es gibt kein einziges Heim, dass das Land betreibt. Es gibt aber die Bereitschaft vom Land, zu übernehmen – wenn sich die Herrschaften nicht in die Lage versetzen, gemeinnützig zu agieren. Weil ganz einfach keine Familie sagen kann, ich bin von der Pflege nicht betroffen. Das kann einen über Nacht treffen. Dass man aus so einem Bereich, der zu einem hohen Anteil staatlich gestützt ist, wirtschaftlichen Gewinn beziehen will, kann nicht funktionieren und darf es nicht geben. Das wäre das gleiche, wenn man sagen würde, man lässt Spitäler von privaten Unternehmen betreiben, die auf Gewinne orientiert und ausgelegt sind. Wenn wir das zulassen würden, kämen wir am Ende des Tages in ein amerikanisches System, wo man sich die gesundheitliche Versorgung leisten können muss. Und wie schwer es ist, das zurückzudrehen, hat man bei „Obamacare“ gesehen.

Und die Kritik am Mindestlohn?
Auch die Kritik am Mindestlohn – dass sich die Wirtschaft diesen nicht leisten könne – kann ich nicht nachvollziehen. Denn die Grundfrage muss ja sein: Wie viel ist Arbeit wert? Welcher Politiker stellt sich heute im Oberwarter Spital in die Küche und sagt den Frauen, die dort 40 Stunden arbeiten, eure Arbeit ist keine zehn Euro in der Stunde wert? Diese Argumente aus der Wirtschaft sind ein Witz und eine Frechheit. Das ist auch einfach durchzurechnen: Ein Mechaniker kostet dem Kunden für eine Stunde Arbeitszeit rund 100 Euro. Auf 40 Wochenstunden hochgerechnet sind das 16.000 Euro im Monat für den Unternehmer. Der Mindestlohn kostet mit allen Beiträgen 3.200 Euro – und das ist für einen Unternehmer nicht machbar? In Österreich ist das möglich. Man muss auch erkennen, dass die Mitarbeiter bis zu einem gewissen Grad das wichtigste Kapital eines Unternehmers sind. Ich glaube nicht, dass es am unternehmerischen Erfolg liegt, ob ich einen Mindestlohn zahle oder nicht. Da gibt es schon viele andere Gründe auch, wenn ein Unternehmen scheitert.

"Ein Mechaniker kostet dem Kunden für eine Stunde Arbeitszeit rund 100 Euro. Auf 40 Wochenstunden hochgerechnet sind das 16.000 Euro im Monat für den Unternehmer. Der Mindestlohn kostet mit allen Beiträgen 3.200 Euro – und das ist für einen Unternehmer nicht machbar? In Österreich ist das möglich." | Foto: Tscheinig
  • "Ein Mechaniker kostet dem Kunden für eine Stunde Arbeitszeit rund 100 Euro. Auf 40 Wochenstunden hochgerechnet sind das 16.000 Euro im Monat für den Unternehmer. Der Mindestlohn kostet mit allen Beiträgen 3.200 Euro – und das ist für einen Unternehmer nicht machbar? In Österreich ist das möglich."
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Aber es gibt doch genug kleine und mittelständische Unternehmen, die sich nicht einmal einen Mitarbeiter leisten können…
Dann passt etwas mit dem Unternehmen nicht, denn die Auftragslage ist so gut. Also wenn ein Unternehmen gut geführt ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich das nicht ausgeht.

Sie meinten, dass Klimapolitik mit „Hausverstand“ gemacht werden müsse. Was verstehen Sie darunter?
Das beste Negativ-Beispiel ist das Biomasse-Kraftwerk in Heiligenkreuz, wo Investoren nur deshalb investiert haben, um die zwölf Millionen Euro Förderungen vom Land abzucashen. Das hat nichts mehr mit Klimapolitik zu tun. Klimapolitik muss positiv sowie mit Anreizsystemen und nicht mit dem aufoktroyieren von gewissen Maßnahmen funktionieren. Zum Beispiel in der Frage, wie man den Umstieg auf E-Mobilität schafft. Ich kann nicht jemanden sagen, du darfst mit deinem Auto nicht mehr pendeln, sondern muss ihm Alternativen aufzeigen. Da müssen die Schwerpunkte gesetzt werden.

"Ich kann nicht jemanden sagen, du darfst mit deinem Auto nicht mehr pendeln, sondern muss ihm Alternativen aufzeigen." | Foto: Tscheinig
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Sowohl vor der EU-Wahl als auch vor der letzten Landtagswahl gab es zahlreiche Schuldiskussionen mit den Spitzenkandidaten – dieses Mal aber nicht. Die Schülervertretung sagt, die Bildungslandesrätin hätte das „OK von oben“ nicht bekommen – womit ja nur Sie gemeint sein können..
Wir alle wissen, dass die Aussage der Schülervertretung politisch ausgerichtet und nicht unabhängig ist. Ich bin der tiefen Überzeugung es ist falsch, den Wahlkampf in die Schule zu tragen. Natürlich muss man die Jugend für die Politik interessieren. Aber wenn man das wirklich ernst meint und Schüler wirklich für die Politik interessieren möchte, dann muss man das permanent machen. Aber vor der Wahl, wo die Politiker versuchen sich gegenseitig schlecht zu machen und anzugreifen, eine Diskussion in der Schule zu führen, ist doch lächerlich. Und wenn sich ein Schülervertretung ernsthaft mit Politik auseinandersetzen will – was ich hoffe – dann soll sie sich überlegen, wie man unterjährig – aber nicht im Wahlkampf – mit der Politik umgeht und mit ihr diskutiert.

Aber würde nicht gerade der Wahlkampf das Interesse der Schüler erst so richtig wecken? Schließlich ist der Wahlkampf eine Konzentration auf Themen und wieso sollen die Politiker nicht auch vor den Schülern streiten?
Der Wahlkampf ist die unehrlichste Zeit in der Politik. Was da diskutiert, versprochen und im Nachhinein nicht gehalten wird, ist ja verrückt. Und diese Diskussion passt einfach nicht in die Schule.

Doskozil über die nicht stattfindenden Schuldiskussionen: "Der Wahlkampf ist die unehrlichste Zeit in der Politik. Was da diskutiert, versprochen und im Nachhinein nicht gehalten wird, ist ja verrückt. Und diese Diskussion passt einfach nicht in die Schule." | Foto: Tscheinig
  • Doskozil über die nicht stattfindenden Schuldiskussionen: "Der Wahlkampf ist die unehrlichste Zeit in der Politik. Was da diskutiert, versprochen und im Nachhinein nicht gehalten wird, ist ja verrückt. Und diese Diskussion passt einfach nicht in die Schule."
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Die FPÖ will logischerweise in der Regierung bleiben und mit der SPÖ „weiterarbeiten“. Wollen auch Sie Rot-Blau II oder gibt es andere Präferenzen für eine Koalition?
Man muss zuerst einmal den Wähler entscheiden lassen. Aber ich mache keinen Hehl daraus, dass die Koalition mit der FPÖ funktioniert hat und das wesentlichste Element für mich war, dass es Vertrauen und Handschlagqualität gegeben hat. Zu den Themen kann man stehen wie man will, aber für mich sind die genannten Elemente die wesentlichen Voraussetzungen – vollkommen emotionslos und vollkommen ohne Präferenzen, das gilt für alle Parteien. Nur mit einer Handschlagqualität kann auch wirklich etwas weitergehen. Aber wenn man jede Woche überspitzt gesagt die nächste Grätsche erhält, dann macht das keinen Sinn und die Menschen goutieren so eine Art von Politik auch nicht.

Wie ist eigentlich ihr persönliches Verhältnis zu ÖVP-Chef Thomas Steiner?
Das ist ein ganz normales Verhältnis. Natürlich gibt es Dinge, wo man unterschiedlicher Meinung ist. Aber das Verhältnis ist genau so normal wie jenes zu Johann Tschürtz oder zu Regina Petrik.

Nach dem Ibiza-Skandal wurde der Wahltermin auf Jänner vorgeschoben. Die Opposition und sogar Tschürtz meint, Sie hätten den Termin schon vor dem besagten Video ins Auge gefasst. Warum genau wird nun schon im Jänner gewählt?
Es war ein Bündel an Überlegungen. Natürlich war der ausschlaggebende Punkt das Ibiza-Video. Das Bekenntnis der FPÖ weiterarbeiten zu wollen und noch Themen umzusetzen hat aber dagegen gesprochen, sofort zu wählen. Die Themen, die uns wichtig sind – Mindestlohn, pflegende Angehörige und der Gratis-Kindergarten – hätten wir mit der ÖVP niemals umsetzen können. Und wenn wir erst im Mai wählen würden, hätten wir von Jänner bis Mai Wahlkampf gehabt und Wahlkampf bedeutet bis zu einem gewissen Grad auch, dass nicht weiter gearbeitet wird. Bis zu einer neuen Koalition wäre dann der Sommer und die Sommerpause da gewesen und das neue Arbeitsjahr hätte überspitzt gesagt erst im September begonnen. All diese Gründe haben für den Jänner gesprochen und ich finde das auch gut, weil wir Themen noch umsetzen konnten, der Wahlkampf relativ kurz ist und ab Februar wieder weiter gearbeitet werden kann.

"Ich mache keinen Hehl daraus, dass die Koalition mit der FPÖ funktioniert hat und das wesentlichste Element für mich war, dass es Vertrauen und Handschlagqualität gegeben hat." | Foto: Tscheinig
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Wie schätzen Sie die Auswirkungen der Bundespolitik sowie der Bundes-SPÖ auf die Landtagswahl ein?
Das ist schwierig zu sagen, aber zu mutmaßen, dass der Verlust der SPÖ in der Steiermark ein rein bundespolitischer Effekt und nicht auch eine hausgemachte Geschichte war, ist schon ein bisschen überzogen. Ich glaube schon, dass der Wähler sehr gut differenziert, um welche Wahl es sich handelt. Das sieht man ja auch bei der Bürgermeister- und Gemeinderatswahl. Natürlich gibt es eine schwierige Situation was die Bundes-SPÖ betrifft, aber ich hoffe und glaube nicht, dass die Auswirkungen so groß sein werden.

Sie zählen österreichweit zu den beliebtesten Politikern. Wäre es da nicht allzu verständlich, dass Sie den Vorsitz der Bundespartei übernehmen?
Das ist aus meiner Sicht derzeit überhaupt kein Thema. Man muss schon auch Verlässlichkeit in der Politik nicht nur sagen, sondern leben. Seitdem ich ins Burgenland zurück gekommen bin, haben wir eine klare Linie verfolgt und diese klar artikuliert, gehen jetzt auch in die Wahl und aus meiner Sicht ist das für die nächste Regierungsperiode auch unverrückbar.

Holen Sie sich manchmal Rat von Ihrem Vorgänger und Freund Hans Niessl?
Einen Rat hole ich mir nicht, denn jeder hat seinen eigenen politischen Stil und ich will das auch gar nicht. Aber es gibt ein sehr freundschaftliches Verhältnis und wenn es die Zeit zulässt sowie bei Gelegenheiten trifft man sich natürlich.

Sagen Sie uns in einem Satz, warum die Menschen am 26. Jänner die SPÖ wählen sollen..
Weil wir zumindest im Burgenland eine politische Kraft sind, die Themen und Problemfelder der Menschen ganz nüchtern aufzeigt, Lösungen anbietet und keine Klientelpolitik macht. Wir legen unsere Politik in der Art und Weise an, dass sie den Menschen dient – und das meine ich wirklich aus tiefster Überzeugung.

Ihr Ziel für die Landtagswahl?
Das Wahlziel ist, ein Plus vor dem Ergebnis zu haben – sei es noch so klein.

Hier geht's zum Kommentar von Bezirksblätter-Chefredakteur Christian Uchann

Wordrap mit Hans Peter Doskozil

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