Spektakulärer Prozess in Eisenstadt
Wiederbetätigung, Drogen, Waffen, Rohrbomben
NS-Verherrlichung. Wiederbetätigung. Fremdenhass. Drogen. Waffen. Sprengstoff-Utensilien bis hin zum Bau von Rohrbomben und mögliche Anschlagsplanung. Brisant. Bizarr. Bedrohlich. Gefährliche Vorwürfe in Anzahl und Vielfalt - gleich einer prallgefüllten Speisekarte. Spektakulärer Prozess im Landesgericht. Angeklagt ist ein 78-jähriger Pensionist aus dem Bezirk Eisenstadt-Umgebung. Vorgeführt aus der U-Haft, bestreitet der Burgenländer jegliche „böse Absicht“.
EISENSTADT. Die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft umfassen mehrere Schwerpunkt-Themen. Beginnend mit öffentlichen Postings auf seinem Facebook-Account, die die nationalsozialistische Ideologie bzw. die Handlungen im Zweiten Weltkrieg verherrlichen. Ergänzt durch Fotos von SS-Offizieren, -Soldaten und Fahrzeugen mit Hakenkreuzfahnen.
Zudem Sammlung und Besitz von NS-Propagandamaterial und -devotionalien mit Wiederbetätigungstendenz: Hakenkreuz, Orden mit Hakenkreuzen, gerahmte Bilder von Adolf Hitler, Urkunden mit Reichsadler und Hakenkreuz, NS-Zeitschriften (Arbeitertum, Der Ostmark Brief, Deutsches Reich) ...
Bedenkliche Bilder, Videos, Audiodateien...
Dem aber nicht genug. Auf Speichermedien, Computer, Laptop und Handy entdeckten Fahnder eine hohe Anzahl bedenklicher Bilder, Videos, Audiodateien, Texten von Liedern der Wehrmacht und der Waffen-SS sowie ein digitales Schild mit der Aufschrift: „Juden sind hier unerwünscht“.
Doch zurück zum öffentlichen Facebook-Profil des Angeklagten, wo es unter anderem 2019 und 2020 zu Postings mit Verletzung der Menschenwürde kam, abgezielt auf Ausländer, Flüchtlinge, Asylwerber und Afrikaner. Dazu geeignet, diesen Personenkreis zu beschimpfen, in der gesellschaftlichen Meinung verächtlich zu machen bzw. Hass zu schüren. Ein markantes Beispiel: „Ein Afrikaner fährt zum Schrotthändler und fragt, was es kosten würde, sein Auto zu verschrotten. Der Händler antwortet: Waunst sitz‘n bleibst nix!“
In der Auflistung strafbarer Handlungen folgt nun ein rigoroser Wechsel zu Drogendelikten. Der verheiratete Pensionist soll über mehrere Jahre rund 900 Cannabispflanzen in einer Indoor-Plantage gezüchtet, zirka 9 Kilo Drogen geerntet und Teile davon für den Eigenbedarf verwendet haben. Rund 7 Kilo mit einem Gegenwert von rund 35.000 Euro wurden seinem Sohn und unbekannten Abnehmern gewinnbringend überlassen. Ergänzt sei, dass sein Sohn die Cannabis-Setzlinge organisierte und in der Anklage als Mittäter geführt wird.
Geladener Revolver unter Kopfpolster
Illegale Schusswaffen sind jetzt an der Reihe. Hier geht es um einen Revolver, Kaliber 22, der geladen in seinem Bett unter dem Kopfpolster lag. Um drei Signalpistolen, die zu scharfen Faustfeuerwaffen umgebaut worden sind. Und um eine Pumpgun, die er zuletzt in seinem Büro freiliegend auf dem Tisch aufbewahrte.
Detailierter Bauplan für Sprengkörper
Beim letzten Anklagepunkt gegen den verheirateten Burgenländer handelt es sich um Erwerb, Anfertigung und Besitz von 10 Stück Rohren mit Verschlusskappen, 400 Stück Schweizer Kracher und drei Kilogramm Nitrozellulosepulver. Bereitgehalten zum Bau von Rohrbomben, um sie für ein Sprengstoffattentat zu benutzen. Bei einer Polizeiaktion konnte auch eine detailgetreue Zeichnung als Bauplan für solche Sprengkörper sichergestellt werden.
Hausdurchsuchungen, Erhebungen, Beschlagnahmungen und Verhöre wurden in dieser Causa vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung durchgeführt, ebenso vom Landeskriminalamt und der Landespolizeidirektion.
Für den 78-jährigen Pensionisten, dem am 31. März in einer Hauptverhandlung vor einem Geschworenengericht in Eisenstadt der Prozess gemacht wird, gilt die Unschuldsvermutung. Umso mehr, als der Angeklagte fast alle Vorwürfe relativiert.
Verscheuchen der Stare statt Anschlag
So wären zum Beispiel einige NS-Devotionalien aus dem Nachlass seiner Mutter und Großeltern. Er hatte lediglich geschichtliches Interesse, keinesfalls sympathisiert er mit rechtsextremem Gedankengut. Den geladenen „Schlafzimmer-Revolver“ gab es nur zum Selbstschutz für seine Frau und sich selbst. Die Schweizerkracher waren zum Verscheuchen der Stare gedacht.
Explosion einer Rohrbombe - nur aus Interesse
Und bei dem Nitrozellulosepulver handelt es sich um langjährige Lagerware, mit der er früher selbst leere Munitionshülsen „gestopft“ hat. Er wollte niemals eine Rohrbombe bauen, räumte aber ein, bereits in Ungarn eine gebaut und zur Explosion gebracht zu haben. Aber lediglich aus Interesse über die Wirkung. Es gab auch keine Anschlagspläne.
Verteidigt wird der Pensionist von der Wiener Staranwältin Dr. Astrid Wagner. Bekannt durch aufsehenerregende Fälle, honorige Medienpräsenz, zahlreiche Fernsehauftritte und als mehrfache Buchautorin, unter anderem im Zusammenhang mit dem „Jahrhundertprozess“ um Jack Unterweger.
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