Wiener Spaziergänge
Die Schuttkrippe + P.S.
Am 28. Dezember 2020 präsentierte ich hier ein kurzes Interview mit dem Handwerker-Künstler Otto Schwarzendorfer über die berühmte Schuttkrippe in der Pfarre Hildegard Burjan in der Winckelmannstraße 34, im 15. Bezirk. Am ersten Wochende des Neuen Jahres, am 2.Jan. 2021 erschien dann auch der Wiener Zeitung ein Bericht dazu.
Ich greife das Thema hier noch einmal auf, denn ich habe jetzt wesentlich bessere Bilder als im ersten Beitrag.
Besonders beeindruckend und höchst ungewöhnlich, dass es in der Krippe neben dem Jesulein, Maria und Josef weitere Figuren gibt, so Frauen, die aus dem Schutt diese Kirche wieder aufgebaut haben, auch Flüchtlinge - und acht weitere, die Antifaschisten der Naziherrschaft ein kleines Denkmal stellen. Mehrere von ihnen wurden zu Märtyrern, verfolgt, gefoltert, gehenkt, geköpft.
Da ist die Gräfin und Ordensschwester Anna-Bertha Königsegg. Sie hat ein Kinderheim gegründet und konnte vielmals - aber nicht immer - verhindern, dass die Nazis behinderte Kinder und Erwachsene zu grausamen "Experimenten" missbrauchen und töten. Sie überlebte die Greueljahre im Hausarrest.
Maria Restituta war Krankenschwester im Mödlinger Spital und weigerte sich, "Fremdrassige" schlechter zu behandeln als "Arier". Sie wurde enthauptet und in einem Massengrab verscharrt, nachdem sie Jahrzehnte lang Gutes getan hatte.
Die tragische Geschichte der jungen Sophie Scholl kennen alle.
Alfred Delp war ein Jesuit, der die katholische Kirche mehr an die Kristliche Soziallehre heranführen wollte. Das genügte - er wurde 3 Monate vor Kriegsende gehenkt.
Stauffenberg und Elser sind auch unter den Figuren; beide widersprüchliche Persönlichkeiten, die ihre Entwicklung zum militanten Antifaschismus mit ihrem Leben bezahlen mussten.
Oskar Schindler kennen wir aus dem Film "Schindlers Liste". Raoul Wallenbergs Tod ist bis heute ungeklärt, wahrscheinlich wurde er für seine Rettungsaktionen vieler Juden von der sowjetischen Roten Armee verschleppt und in einem Moskauer Gefängnis getötet.
Die Broschüre zur Schuttkrippe stellt diese Personen in kurzen Texten vor. Schindler und Wallenberg kopiere ich hier zu den Bildern. Otto Schwarzendorfer hat sich allerdings nicht mit einer Beschreibung begnügt. Er richtet zu den Personen Fragen an die Leser, er hinterfragt, was es heißen kann, auf Befehl zu handeln oder eben dem Befehl widerstehen; ob es gerechtfertigt war, dass ein Jesuit der Kirche gegenüber in Widerstand ging; was das Wichtigste ist und was - auch im Kontext der drei Weisen aus dem Morgenland - "weises" Handeln ist.
Man kann gar nicht oft genug von diesen Heldinnen und Helden sprechen.
Es sollten aber endlich Zeiten kommen, dass Heldentum nicht mehr nötig wird.
Ich denke, nach dem Lockdown wird möglich sein, die Schuttkirche und die ganz besondere Krippe nach telefonischer Voranmeldung zu besuchen. --> P.S.: Im Lockdown ist es auch möglich, jeweils 10 bis 12 Uhr an Sonntagen bis inklusive Ende Januar!
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