Endstation – ein Leben auf der Straße
Seit mehr als drei Jahren lebt Kurt S. als einer von vielen Obdachlosen in Klagenfurt. Der WOCHE erzählt er sein Leben.
Bereits der Start ins Leben war für Kurt S. (Name geändert) nicht leicht. Als Baby kam der gebürtige Oberösterreicher zu Pflegeeltern: „Meine Mutter war Köchin und nicht mit meinem Vater verheiratet. Allein konnte sie für mich nicht sorgen“, erzählt Kurt. Dass sie ihn weggegeben hat, konnte er seiner mittlerweile verstorbenen Mutter nie verzeihen und „wollte von ihr deshalb nie mehr was wissen“.
Mit zwei Pflegegeschwistern und den eigenen Kindern der Zieheltern wuchs der heute 51-Jährige auf einem Bauernhof auf. „Wir mussten als Kinder in der Landwirtschaft mit anpacken, Arbeit gab es immer genug“, erinnert er sich.
Aufgrund seines Alkoholentzuges und Therapie auf der Saualm im Jahr 2006 kam Kurt nach Kärnten und blieb. 2007 verschlug es ihn nach Klagenfurt. Kurzzeitig hatte er eine Wohnung, „aus der ich aber bald wieder rausgeflogen bin“.
Seitdem lebt er hier als Obdachloser. „Obwohl ich vor mehr als zwei Jahren im Klagenfurter Rathaus einen Antrag für eine Wohnung bei der Volkshilfe gestellt habe, lebe ich immer noch auf der Straße“, so Kurt – er ist aufgrund seiner Alkoholerkrankung und Epilepsie in Frühpension.
Alkohol vermieste die Lehre
Schon mit zehn Jahren probierte er zum ersten Mal Most. Sowohl der Pflege- als auch der leibliche Vater hätten ein gewaltiges Alkoholproblem gehabt. Nach drei Jahren Volksschule kam Schaffler in eine Sonderschule. Danach wollte er eigentlich Fleischhauer werden. „Mein Ziehvater war dagegen. Ich sollte, wie sein leiblicher Sohn, eine Lehre zum Maschinenschlosser machen“, erinnert er sich. Der Alkohol war zu dieser Zeit bereits zu seinem ständigen Begleiter geworden. Deshalb habe er letztlich die Berufsschule nicht geschafft, flog von der Schule und wurde auch aus dem Internat geworfen.
Gelegenheitsjobs und Diebstahl
Durchgeschlagen hat er sich mit Arbeiten auf der Baustelle. Damals wohnte er bei einem Kumpel. „Weil ich immer Geld für den Alkohol brauchte, hab’ ich ein paar Mal was gestohlen und mit einem anderen einige Einbruchsdiebstähle begangen“, denkt er zurück. Heute halte er sich beim Trinken zwar zurück, ganz weg vom Alkohol ist er aber nicht. „Vormittags trinke ich zwei, drei Bier und gehe dann in die Caritas-Tagesstätte, um mittags für 81 Cent in der Volksküche zu essen.“
Zwei seiner besten Kumpels nahmen ihn 2007 mit ins städtische Obdachlosenheim; dort verbringt er seine Nächte. „Man kann zwischen 18 und 20 Uhr kommen und bis acht Uhr in der Früh bleiben, jedoch nur, wenn man nüchtern ist. Es herrscht absolutes Alkoholverbot“, erklärt er.
Seine Habseligkeiten hat er in einem der Kästen verstaut. „Hier übernachten meistens dieselben. Den Kasten kann man offen lassen, hier nimmt keiner was“, ergänzt Kurt.
1988 heiratete der Vater einer heute 22-jährigen Tochter. Seine Frau – Kurt ist seit zehn Jahren geschieden – wollte, dass er mit dem Trinken aufhört. Alle Versuche und Entziehungskuren sind jedoch gescheitert. „Als sie mich rausgeschmissen hat, lebte ich eine Zeit lang in Linz in Abbruchhäusern“, berichtet der Oberösterreicher. Von seinen knapp 800 Euro Frühpension bezahlt er rund 160 Euro an seine leicht behinderte Tochter.
580 Euro bleiben ihm monatlich zum Leben; eine Wohnung könne er sich damit nicht leisten. „Im Winter ist es schon hart, ohne Wohnung. Bei der Kälte kann man nicht so lange draußen bleiben“, so Kurt. Die Zeit am Nachmittag vertreibt er sich in der Caritasstätte und mit Spaziergängen in der Stadt.
Manchmal ist „mir schon langweilig – Abwechslung gibt es keine“. – „Außerdem fehlt immer die Privatsphäre, aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, so Kurt. Angst vor der Zukunft hat er keine, Wünsche auch nicht. Nach kurzem Zögern fügt Kurt hinzu: „Nur eine eigene Wohnung wünsche ich mir.“
Autorin: Eva Maria Peham
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