"Die Grünen agieren in ohnmächtiger Verzweiflung"

Sie sagen, der Regierung fehlt das soziale Gewissen – zum Beispiel bei der Kinderbetreuung. Dort wird jetzt aber mehr Geld ausgegeben.
WALTER STEIDL:
Ja, die Regierung gibt mehr aus. Aber wir haben hier in den vergangenen Jahren immer Steigerungen gehabt. Seit 2004 haben wir das Budget in dem Punkt mehr als verdoppelt, 2009 haben wir – übrigens mit 100prozentiger Zustimmung im Landtag – mit den Elternzuschüssen den ersten Schritt gesetzt, damit Kinderbetreuung einmal gratis werden kann. Jetzt geht die Regierung hier einen halben Schritt zurück. Das ist so nicht in Ordnung.

Aber in der derzeitigen Finanzsituation würden gleich bleibende Elternzuschüsse auf Kosten neuer, notwendiger Betreuungsplätze für unter Dreijährige in den Gemeinden gehen.
WALTER STEIDL:
Nein, das Angebot von Kinderbetreuung ist eine kommunale Aufgabe, die das Land mitfinanziert. Und das Geld für diese neuen Plätze ist ja sowieso da. Die Halbierung der Elternzuschüsse wird ja nicht dafür, sondern für die Gehaltserhöhung der Pädagoginnen und Pädagogen verwendet.

Und das ist sozial ungerecht?
WALTER STEIDL:
Das finde ich nicht gerecht, das ist eine Mogelpackung, deswegen bei den Elternbeiträgen zu kürzen. Auch wenn diese Gehaltserhöhung natürlich eine verdiente ist.

Aber Sie tun jetzt so, als hätte das Geld der nun vor der Halbierung stehenden Elternzuschüsse ein Mascherl. Es ist ja alles Landesgeld – das für den Ausbau der Betreuungsplätze genauso wie das für die Gehaltserhöhung.
WALTER STEIDL:
Aber das Geld HAT ein Mascherl, weil es zugeordnet ist. Und es ist eine politische Entscheidung, ob ich junge Familien finanziell zusätzlich belaste oder nicht.

Mit Verlaub, sind die unterschiedlichen Elternbeiträge für ein- und dieselbe Art von Kinderbetreuung nicht viel eher eine finanzielle Belastung und eine Ungerechtigkeit? In manchen Gemeinden werden die Beiträge von 80 bis 440 Euro sozial gestaffelt, in anderen zahlen alle – also auch die Besserverdiener – einen vergleichsweise geringen Pauschalbetrag von zum Beispiel 150 Euro.
WALTER STEIDL:
Ja, das könnte man natürlich harmonisieren. Das war auch immer unser politischer Ansatz – nur war das eben mit der ÖVP nicht möglich. Die versteift sich lieber auf das Berndorfer Modell – denn da brauche ich dann keine Betreuungsangebote. Verstehen Sie mich nicht falsch: Das Berndorfer Modell ist gut, wenn es eine Wahlmöglichkeit gibt – nur die ist nicht gegeben.

Ist dann der Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige nicht doch der richtigere Ansatz?
WALTER STEIDL:
Da habe ich auch gar nichts dagegen. Nur, das, was jetzt unter diesem Punkt im Budget ausgewiesen ist, ist noch der Beschluss der alten Regierung. Das 2015-er Budget wird dann ausschließlich von der neuen Regierung zu verantworten sein.

Grünen-Klubobmann Cyriak Schwaighofer sagt, die SPÖ hat das Finanzdesaster maßgeblich verschuldet – und dass deswegen nun eben gespart werden muss.
WALTER STEIDL:
Das ist eine Fingerzeigpolitik der Grünen. Solange sie in der Opposition waren, hätten sie so etwas nie toleriert. Jetzt ist es die ohnmächtige Verzweiflung, in der Regierung einschneidende Einsparungen umsetzen zu müssen. Und diese Einsparungen findet man in den Ressorts der Grünen, nicht in jenen der ÖVP. Das liegt halt auch an der fehlenden Erfahrung der Grünen. Noch zum Finanzskandal: Ich halte es hier mit ÖVP-LAbg. Hans Scharfetter, der gesagt hat, vieles ist hier nicht oder fehlerhaft dokumentiert bzw. bewusst versteckt worden – in der Verwaltung. Die SPÖ ist sich ihrer Verantwortung bewusst gewesen, der zuständige Ressortverantwortliche (David Brenner, Anm.) ist ja auch rasch zurückgetreten. Im Herbst haben wir im Landtag einstimmig ein neues Budget verabschiedet. Hier hat die Regierung in unserem Sinne gehandelt, weil die Vorschläge der SPÖ aufgenommen worden sind.

Und trotzdem kritisieren Sie jetzt budgetäre Entscheidungen:
WALTER STEIDL:
Neben der notwendigen Konsolidierung darf man nicht auf die Zukunftsinvestitionen vergessen. Dazu zählt die Verwaltungsreform oder die Neuordnung der Wohnbauförderung. In beiden Punkten hat die Regierung umfangreiche Vorschläge von der SPÖ aufgegriffen. Keine Zukunftsansage ist hingegen eine Landesausstellung um fünf Millionen Euro. Das ist etwas für Landesfürsten, aber nicht für die Bevölkerung.

Bei vielen Themen – dem Behindertengesetz aus den 80er-Jahren, dem neuen Kollektivvertrag für Kindergartenpädagogen oder der Lücke bei den sozialen Diensten zwischen Kollektivvertrag und Finanzierung durch das Land – handelt es sich um Probleme, die Salzburg schon Jahrzehnte lang begleiten. Sie erwarten jetzt, dass die Grünen das innerhalb weniger Monate lösen, was die SPÖ in zwei Regierungsperioden nicht geschafft hat.
WALTER STEIDL:
Das stimmt so nicht. Kollektivverträge verhandelt nicht das Land. Bei den Gehältern bei den sozialen Diensten habe ich vor drei oder vier Jahren selbst eine Petition in den Landtag eingebracht. Das Land hat sich mit den Trägerorganisationen über Jahrzehnte hinweg auf eine Finanzierungsformel verständigt. Diese wurde jährlich angepasst. Wenn die Träger aber nachweisen konnten, dass sie mit diesen Geldern nicht das Auslangen gefunden haben, um ihren Verpflichtungen und ihren Aufträgen nachzukommen, gab es Zusatzfinanzierungen. Auch jetzt wird man unter Umständen immer wieder Zusatzfinanzierungen brauchen, um sicherstellen zu können , dass die Sozialvereine hier ihren Verpflichtungen nachkommen können. Das Behindertengesetz ist eine riesengroße Herausforderung, die meine beiden Vorgängerinnen eingeleitet haben. Unglücklicherweise erkrankte Cornelia Schmidjell und ich konnte kaum länger als zwei Monate unter ruhigen Verhältnissen arbeiten. Das ist der Grund, warum der Prozess, ein neues Behindertengesetz zu erarbeiten, ins Stocken geraten ist…

Und trotzdem sollen es die Grünen jetzt sofort lösen, denen gönnen Sie keine Zeit dafür?
WALTER STEIDL:
Selbstverständlich sollen auch die Grünen Zeit haben. Nur es gab beispielsweise im Sozialbereich auch fertige Projekte, wie das Psychosoziale Beratungs- und Versorgungszentrum für Kinder und Jugendliche. Für die Finanzierung der ersten zwei Jahre hat das Sozialressort unter meiner Führung, gemeinsam mit der Salzburger Gebietskrankenkasse 1,6 Millionen Euro bereitgestellt. Und trotzdem hat Soziallandesrat Heinrich Schellhorn die Umsetzung in die Zukunft verschoben. Das ist unverständlich und unverantwortlich. Den Erfolg hätte Schellhorn für sich verbuchen können. Aber Cyriak Schwaighofer ist eben neu mit seiner Mannschaft und sie müssen noch einiges an Erfahrung sammeln. Es ist nicht immer einfach, gegen die ÖVP zu bestehen.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Foto: Stefan Schubert

Traumjob gefällig?
Wir suchen Physios mit Herz und Hirn für unser Team!

Ein inspirierendes Arbeitsumfeld? Check. Ein innovatives Arbeitsklima? Check. Spannende Fortbildungsmöglichkeiten? Check. Attraktive Benefits? Check. Viele nette Kolleginnen und Kollegen? Doppelcheck. Das Alpentherme Gastein Gesundheitszentrum liegt in der Mitte des Gasteinertals – genau gesagt im malerischen Bad Hofgastein. Wir arbeiten als private Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums für Kur, Rehabilitation und Sportmedizin. Mit einem vielfältigen Therapie- und...

  • Salzburg
  • Pongau
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.