Das Erbe des Nikolaus Neuhauser
Abriss von Hof in Grünbach erhitzt Gemüter
Bei der Sitzung des Grünbacher Gemeinderates am 30. Juni fiel der knappe Beschluss (zehn zu neun Stimmen), dass der 320 Jahre alte Erbhof von Nikolaus Neuhauser abgerissen werden soll. Seither melden sich nicht nur Grünbacher, die einen solchen Abriss verhindern wollen. Eine Online-Petition gegen den Abbruch zählt bereits fast 1.000 Unterstützer.
GRÜNBACH. Vor zwei Jahren nahm die Gemeinde das Erbe von Nikolaus Neuhauser an: Seinen Hof, einen Wald- und Wiesengrund und ein Sparbuch. Der älteste Teil des Vierseithofes ist auf das Jahr 1699 datiert. Nikolaus Neuhauser, der eng mit Altbürgermeister Erwin Chalupar befreundet war, hatte es der Gemeinde gemeinsam mit dem schriftlichen Wunsch, sein Zuhause unbedingt zu erhalten, überlassen.
"Moralisch höchst bedenklich"
Für Bürgermeister Stefan Weißenböck (ÖVP) ist der bevorstehende Abriss eine Frage der Sicherheit, denn der Hof sei schwer baufällig. Zudem sei der in Neuhausers Testament festgehaltene Wunsch, den Hof zu erhalten, nicht bindend. Für den gebürtige Grünbacher Architekten Klaus Elmecker, der die Familie Neuhauser gut kannte und oft zu Besuch war, ist ein solches Vorgehen aus mehreren Aspekten nicht nachvollziehbar, vor allem auch aus ethischer Sicht: "Man stützt sich da auf die juristische Ebene mehr als auf die menschliche, das gehört sich nicht."
Gut gekannt haben Nikolaus Neuhauser auch Margarete und Anton Affenzeller. Letzterer drückte seinerzeit die Schulbank mit Neuhauser.
"Für uns war das wie eine Watsche ins Gesicht, als wir hörten, dass die Gemeinde den Wunsch von Nikolaus ignoriert"
so das Ehepaar, das deshalb einen Brief an Weißenböck und Vizebürgermeister Siegfried Preinfalk schrieb.
"Darin haben wir offen geschrieben, was sich viele denken. Wir finden dieses Vorgehen moralisch höchst bedenklich und darüber soll nicht nur am Wirtshaustisch geredet werden."
Der Erbhof scheidet die Geister ...
... in der Gemeinde und darüber hinaus. Seit dem Beschluss haben Weißenböck und Preinfalk zahlreiche Nachrichten mit teils wüsten Beschimpfungen erhalten. Viele davon von Menschen, die nicht aus der Region sind. Auch eine Online-Petition gegen den Abriss wurde ins Leben gerufen. Jahrelang hat man in der Gemeinde nicht über den Hof und seine Nutzung gesprochen. Das hat sich schlagartig geändert.
Einzigartig in Struktur und Bauweise
Auch Elmecker zeigt sich überrascht über den großen Wirbel um das Haus. In seinen Augen ist das Haus ein einzigartiges Original, das es unbedingt zu erhalten gilt:
Klimafittes, zukunftsträchtiges, intelligentes und biologischen Bauen ist derzeit in aller Munde. Hier haben wir ein perfektes Beispiel dafür. Der älteste Teil des Neuhauser-Hofes wurde in einzigartiger Holzriegelbauweise gebaut und mit Stroh und Lehm verputzt. In dem Haus war es im Winter immer kuschelig warm und im Sommer nie heiß - ein Paradebeispiel für nachhaltiges Bauen, das es so kein zweites Mal mehr in der Region gibt.
Erhaltenswertes Kulturjuwel
Akut einsturzgefährdet sei das Gebäude Elmecker zufolge ebenfalls nicht. Vor zwei Jahren wurden nach einer Begehung mit der Gemeinde Teile des Wohnbaus, wo das Fundament nachgegeben hatte, professionell durch eine ansässige Firma gesichert. "Technisch und finanziell ist eine Sanierung der punktuellen Schäden in jedem Fall machbar. Der Hof ist keinesfalls in seiner Gesamtheit einsturzgefährdet", so der Freistädter Kulturstadtrat. Er hat inzwischen auch mit dem Denkmalamt Kontakt aufgenommen, das eine Prüfung angekündigt hat. Elmecker könnte sich vorstellen, das Gebäude nach einer Sanierung als lebendige Werkstätte oder Generationenwohnhaus zu nutzen.
"Die Leute sollen sehen, wie schön der Hof ist und wie gut er handwerks- und zimmermannstechnisch gemacht ist. Daraus kann man viel lernen."
Diskussion soll aufrechterhalten werden
Elmecker und das Ehepaar Affenzeller wünschen sich vor allem eines: Gespräche über ein weiteres Vorgehen, wie man zusammen den Hof erhalten könne. "In den vergangenen beiden Jahren wurde niemand eingeladen, sich einzubringen, auch nicht Erwin Chalupar. Dann kam plötzlich der Beschluss für den Abriss", bedauert Elmecker.
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