Damit Menschen gut alt werden können
Bad Zell begegnet dem demografischen Wandel mit einem spannenden Pilotprojekt.
BAD ZELL. Ein Nachbar bietet alten Menschen Fahrdienste an. Ein anderer begleitet sie zum Arzt. Dafür passen die Senioren im Gegenzug auf die Kinder auf. Laut Daniela Palk, Leiterin des Kompetenzmanagements Seniorenarbeit des Diakoniewerks, gibt es viele praktische Beispiele, die in das so genannte „Quartierskonzept“ passen. „Das ist nichts Aufgestülptes und auch nichts Fixfertiges, sondern etwas, das sich entwickeln kann.“ Ziel ist es, dem demografischen Wandel, also der Veränderung der Altersstruktur in der Gesellschaft, positiv und aktiv zu begegnen. „Uns ist es wichtig, dass nicht nur Alten- und Pflegeheime gebaut werden, sondern dass Kompetenzregionen und Sozialräume für Menschen im Alter entstehen.“ Denn der demografische Wandel finde nicht im Pflegeheim statt, sondern „mitten unter uns“.
Alte Menschen einbinden
Die Gemeinde macht sich bereits seit längerem Gedanken, wie man in Bad Zell gut älter werden kann. „Und in der Diakonie und im Sozialhilfeverband Freistadt haben wir ideale Partner gefunden, um unser Ziel zu realisieren“, sagt Bürgermeister Hubert Tischler. „Die Frage ist: Wie gelingt es uns, alte Menschen einzubinden?“ Ein erster Schritt, das Quartierskonzept, das viel ehrenamtliches Engagement verlangt, auf Schiene zu bringen, ist der große Infotag am Freitag, 26. September, in der Hauptschule Bad Zell (siehe untenstehenden Beitrag).
„Der demografische Wandel verlangt von uns neue Sicht- und Herangehensweisen, neue Lösungen sowie Kooperation und Partizipation“, sagt Daniela Palk. „Daher lehnen wir die Errichtung und den Betrieb isolierter Pflegeheime ab und setzen uns für eine zunehmende Verschränkung und Verzahnung der bestehenden Angebote ein.“ Das Haus für Senioren, das gerade in Bad Zell entsteht, wird nicht zuletzt aus diesem Grund ein offenes Haus werden und das erste Alten- und Pflegeheim im Bezirk Freistadt nach dem Modell der Hausgemeinschaften.
Bezirkshauptmann Alois Hochedlinger ist als Obmann des Sozialhilfeverbandes vom Bad Zeller Weg überzeugt: „Was hier für Menschen im Alter entwickelt wird, ist beispielgebend für den ganzen Bezirk Freistadt. Bad Zell wird zur Modellgemeinde.“
Infotag als Auftakt für
ein neues Miteinander
BAD ZELL. Zum Start des Themenschwerpunktes „Gut älter werden in Bad Zell“ veranstalten die Gemeinde Bad Zell und das Diakoniewerk am Freitag, 26. September, in der Hauptschule einen Infotag mit Vorträgen, Informationsbasar und Kinderprogramm. Jeweils um 17.30, 18.30 und 19.30 Uhr starten 30-minütige Vorträge zu den Themen „Entwicklungen, bestehende Angebote und Visionen für Menschen im Alter in der Region“, „Gemeinsam Leben in Bad Zell – Blickpunkt Alter“ und „Diakoniewerk – Haus für Senioren Bad Zell“. Beim Informationsbasar stellen verschiedene soziale Einrichtungen ihre Angebote vor. Alle Besucher können außerdem an einer Umfrage zum Thema „Gut älter werden in Bad Zell“ teilnehmen. „Das ist der Auftakt für ein neues Miteinander“, sagt Bad Zells Bürgermeister Hubert Tischler.
Der demografische Wandel in Zahlen
Im Jahr 2010 lebten im Bezirk Freistadt 13.153 Menschen, die älter als 60 Jahre waren. Das war ein prozentueller Anteil von 20,23 an der Gesamtbevölkerung (65.014). Laut Prognose des Landes Oberösterreich wird der Anteil der alten Menschen in den nächsten Jahrzehnten kontinuierlich ansteigen:
2010
Gesamt: 65.014
über 60: 13.153 (20,23 %)
2020
Gesamt: 66.027
über 60: 16.974 (25,71 %)
2030
Gesamt: 66961
über 60: 21.866 (32,65 %)
2040
Gesamt: 67.216
über 60: 24.051 (35,78 %)
Altern ist kein Schreckgespenst
(Kommentar von Roland Wolf)
Etwas mehr als 20 Prozent der Menschen, die aktuell im Bezirk Freistadt leben, sind älter als 60 Jahre. 2020 wird dieser Prozentsatz bei 25 Prozent, 2030 bei 32 Prozent und schließlich 2040 sogar bei 35 Prozent liegen. Ein Wahnsinn, ein Horror, eine Katastrophe? Oder schlicht und einfach eine Tatsache, mit der man sich arrangieren muss? Das „Quartierskonzept“ ist ein Versuch, das Problem positiv und aktiv anzugehen und den demografischen Wandel nicht als Schreckgespenst zu sehen. Senioren sollen verstärkt in das gesellschaftliche Leben eingebunden werden. So tragisch es ist: Auch bei uns am Land gibt es viele Menschen, die nur dann soziale Kontakte haben, wenn „Essen auf Rädern“ geliefert wird oder die mobile Hauskrankenpflege auf einen Sprung vorbeischaut.
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