Kreditschutzverband von 1870

Privatinsolvenzen im Steigen begriffen

Zunahme in Oberösterreich um knapp 33 Prozent – doch die richtige Welle wird erst noch losrollen.

BEZIRK FREISTADT. Laut Kreditschutzverband von 1870 (kurz: KSV 1870) gab es in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 oberösterreichweit 864 Privatinsolvenzen. Das ist ein Plus von knapp 33 Prozent zum Vergleichszeitraum im Vorjahr. Im Bezirk Freistadt waren heuer bereits 25 Personen von Zahlungsunfähigkeit betroffen, ihre Passiva betrugen insgesamt rund drei Millionen Euro. "In welchem Umfang sich Inflation, Energiekrise und Teuerung auf Privatpersonen auswirken und zu einer weiteren Steigerung der Anzahl an Privatkonkursen führen werden, kann derzeit nicht seriös eingeschätzt werden", sagt Harald Neumüller. Der 56-jährige Jurist aus Freistadt ist beim KSV 1870 als Referent für Insolvenzen tätig. Laut seiner Erfahrung werden die Auswirkungen nicht in unmittelbarer Zeitnähe zu einer finanziellen Krisensituation, sondern erst mittel- und langfristig sichtbar.

Jede und jeden kann es treffen

Wie sich die Anzahl an Privatkonkursen künftig entwickelt, wird laut KSV 1870 maßgeblich davon abhängen, in welchem Umfang politische Stützungsmaßnahmen den Haushalten nachhaltige Entlastungen bringen. Neumüller rechnet aber mit einer "steigenden Anzahl der Verfahren". Treffen kann eine Privatinsolvenz grundsätzlich jeden. "Heutzutage wird den Menschen die Verschuldung leicht gemacht: Handyvertrag, Versandhausbestellungen, Konsumkredite – vieles ist relativ schnell zu haben, die Folgekosten werden aber erst mit zeitlicher Verzögerung schlagend", sagt Neumüller. "Kommen dann noch Faktoren wie Trennung, Krankheit oder Arbeitslosigkeit und damit eine Einkommensverringerung hinzu, kann es rasch dazu führen, dass man die aufgelaufenen Schulden nicht mehr stemmt."

Rechtzeitig Rat holen!

Wer finanziell in einen massiven Engpass gerät, sollte sich möglichst rasch um eine fachkundige Vertretung bemühen. Neumüller empfiehlt eine Schuldenberatungsstelle, da diese kostenlos berät. Kommen die dortigen Experten zum Schluss, dass eine Privatinsolvenz sinnvoll ist, sollte man mit der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens beim örtlich zuständigen Bezirksgericht nicht allzu lange warten. "Mit der Eröffnung eines gerichtlichen Verfahrens ist der Stopp des Zinsenlaufes und der Exekutionen verbunden: Forderungen werden per Datum der Insolvenzeröffnung abgerechnet und von den Gläubigern zum Verfahren angemeldet", erklärt Neumüller. "Damit kann man die Spirale der Verschuldung durch weiter auflaufende Kosten und Zinsen unterbrechen."
.
.
.

Aufs Shoppen gut vorbereiten!

WALDBURG. Clemens Mitterlehner ist Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatung GmbH. Sie ist die Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen. Wir haben dem 47-jährigen Waldburger drei Fragen gestellt.

Warum verschulden sich viele Menschen gerade zu Weihnachten?
Weihnachten wird von vielen als „Fest des Schenkens“ bezeichnet. Das steigert sich von Jahr zu Jahr und neuerdings wird die Weihnachts-Shopping-Saison spätestens Ende November mit dem Black Friday und dem Cyber Monday eingeläutet.

Warum leben wir ausgerechnet in der besinnlichen Zeit über unseren finanziellen Verhältnissen?
Vermutlich verwechseln viele persönliche Zuneigung mit möglichst großen Zuwendungen finanzieller Natur. Beschenkte wollen auch etwas zurück schenken – das ist dann oft eine Spirale, die von Jahr zu Jahr teurer wird.

Ihr Tipp zum günstigen Einkaufen?
Das Wichtigste ist die Vorbereitung auf die Shopping-Tour – egal, ob man im Geschäft oder im Internet einkauft. Ich muss mir die Frage stellen: Wem möchte ich etwas schenken und wie viel darf es kosten?