CORONA
Umsatzeinbußen für die Landwirtschaft im Bezirk Freistadt
Neues altes Modell der Nahversorgung
Ein Kommentar von Elisabeth Klein
War früher alles besser? Von wegen! Was früher aber eindeutig besser war – und das wird vielen aktuell wieder bewusst – ist die Art, wie und wo man sich mit Lebensmitteln versorgt hat. In meiner Kindheit war es völlig normal, Milch, Eier, Butter und Fleisch nicht im Supermarkt zu kaufen, sondern vom Bauern ums Eck zu beziehen. So schlimm die Corona-Krise auch ist, möglicherweise bringen die aktuellen Vorgänge ein Umdenken mit sich. Menschen wird bewusst, dass sie mit ihrem Einkaufsverhalten über die Existenz von Landwirten, Fleischhauern und Bäckern entscheiden. Schon vor der Krise zeichnete sich erfreulicherweise ein Trend Richtung Regionalität ab. Qualitativ hochwertige Produkte direkt vom Bauern sowie Nah- und Selbstversorgung erscheinen momentan bedeutsamer als je zuvor.
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Rinderbauern und Forstwirte spüren die Auswirkungen der Corona-Krise besonders deutlich.
BEZIRK. Die Corona-Krise trifft auch die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Bezirk Freistadt – jedoch nicht alle mit gleicher Wucht. Während in vielen Teilen Österreichs zahlreichen Obst- und Gemüsebauern wichtige Saisonarbeitskräfte fehlen, ist das im Mühlviertel kein so großes Thema. Es gibt zwar vereinzelt Hopfenanbaubetriebe oder Forstpflanzenzüchter, die mit dieser Problematik konfrontiert sind – im Vergleich zu den österreichischen Gemüse- und Obstbauregionen gibt es im Bezirk Freistadt jedoch nur wenige Betriebe, die auf Saisonarbeitskräfte angewiesen sind.
Sofortige Auswirkungen
Besonders von der Corona-Krise betroffen sind Johannes Gahleitner, dem Leiter der Bezirksbauernkammern Perg und Freistadt, zufolge jene Landwirte, die direkt an die Gastronomie und die Hotellerie liefern: "Diese Betriebe spüren die Corona-Krise und ihre Konsequenzen besonders stark, ebenso wie Betriebe, die Urlaub am Bauernhof anbieten." Sehr hohe Einbußen verzeichnen vor allem die Produzenten von Rindfleisch, von denen es im Mühlviertel äußerst viele gibt. "Es fehlt aktuell nicht nur der Absatz in der Gastronomie, es gibt auch spürbar weniger Arbeitskräfte in der nachgelagerten Verarbeitung", erklärt Gahleitner. Prekär sei die Situation auch für die heimische Holzwirtschaft, vor allem, weil wichtige Exportmöglichkeiten von Schnitt- und Rundholz weggefallen sind. Darüber hinaus gäbe es noch riesige Mengen an Schadholz. "Die nun steigenden Temperaturen haben einen nachteiligen Effekt auf die Holzklassifizierung, weshalb auch hier mit großen Umsatzeinbußen zu rechnen ist", sagt der BBK-Leiter. Wie sich die Situation für die heimischen Land- und Forstwirte entwickeln wird, steht – wie so vieles derzeit – in den Sternen. "Wir hoffen, dass es ähnlich wie für die österreichische Wirtschaft auch Maßnahmen zur Unterstützung der Land- und Forstwirtschaft geben wird, etwa Ausgleichsfonds für besondere Härtefälle", sagt Gahleitner.
Chance für Direktvermarkter
Langfristig stellt die aktuelle Krise für bäuerliche Produzenten auch eine Chance dar. Das Einkaufen bei Direktvermarktern und Ab-Hof-Läden wird immer beliebter, das ist aktuell noch deutlicher zu bemerken. Gahleitner: "Aus meiner Sicht werden die Menschen derzeit sensibler, was die Herkunft der Produkte betrifft, die wir täglich benötigen. Dazu zählen sicherlich auch bäuerliche Erzeugnisse. Hoffentlich führt die Corona-Krise dazu, dass wir Nah- und Selbstversorgung wieder vermehrt schätzen und dafür auch bereit sind, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Solche Notsituationen sind eine Chance für Direktvermarkter, da sich der Konsum auch vor der Krise bereits in Richtung Regionalität entwickelt hat. Die Corona-Krise verstärkt diesen Trend sicherlich."
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