Hagenberg forscht
Wie man während des Autofahrens sicher E-Mails checken kann

- So könnte ein Windschutzscheiben-Display in hochautomatisierten Fahrzeugen aussehen.
- Foto: FH Oberösterreich
- hochgeladen von Roland Wolf
E-Mails schon während der Fahrt in die Arbeit sichten, die Zeitung lesen oder einen Videocall machen: All das soll künftig durch hochautomatisierte Autos, die zeitweise bestimmte Fahraufgaben übernehmen können, möglich werden. Forscher vom Campus Hagenberg der FH Oberösterreich (FH OÖ) untersuchen derzeit gemeinsam mit ihren Studierenden und der TH Ingolstadt, wie solche Tätigkeiten sicher in Autofahrten integriert werden können und wie sich das auf den Straßenverkehr auswirken würde.
HAGENBERG. Im Projekt "AutoSimAR" gehen sie konkret der Frage nach, wie mit anderen Tätigkeiten beschäftigte Lenker zeitgerecht wieder die Kontrolle über das selbstfahrende Fahrzeug übernehmen können, wenn dieses durch eine Gefahrensituation überfordert ist. "Besonders vielversprechend sind in diesem Zusammenhang Windshield-Displays, bei denen die Inhalte auf der Windschutzscheibe angezeigt werden", erklärt Andreas Riegler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am FH-OÖ-Campus Hagenberg, der das Projekt gemeinsam mit Gerald Ostermayer, dem Leiter des Bachelorstudiums "Automotive Computing", koordiniert.
Studierende forschen mit
Auch Studierende wie Victoria Oberascher aus Lochen am See (Bezirk Braunau) und Marcel Ciesla aus Pinkafeld (Bezirk Oberwart) forschen mit. Für die beiden Alumni von Ostermayers Studiengang "Automotive Computing" – die wissenschaftliche Mitarbeiter in seiner Forschungsgruppe "Networks & Mobility" sind und mittlerweile den weiterführenden Master in "Mobile Computing" in Hagenberg erfolgreich abgeschlossen haben – ist das eine tolle Erfahrung. „Wir können unser Wissen für die Forschung einsetzen und die Autos der Zukunft mitgestalten", sagen die beiden begeistert.
Szenarien aus dem Straßenverkehr
Gemeinsam messen sie, wie lange Testpersonen brauchen, um ihre Konzentration von den Inhalten auf dem Bildschirm wieder auf die Straße zu richten und das Steuer zu übernehmen, wenn das selbstfahrende Auto eine Notsituation meldet. Dazu müssen die Probanden in einem Virtual-Reality-Simulator Szenarien aus dem Straßenverkehr durchspielen. „Sie absolvieren verschiedene Aufgaben wie das Lesen von E-Mails", erklärt Riegler. "Dabei wird die Information auf verschiedene Weise auf der Windschutzscheibe angezeigt. So wird zum Beispiel die E-Mail-App einmal oberhalb des Lenkrad-Bereichs auf der Windschutzscheibe dargestellt und ein anderes Mal in genau jenem Scheibenbereich, in dem das Heck eines vor dem Auto fahrenden Fahrzeugs sichtbar ist. Durch die unterschiedliche Platzierung könnte die Reaktionszeit verbessert werden.
Reaktionszeiten werden modelliert
Mit diesen Erkenntnissen aus dem Virtual-Reality-Fahrsimulator allein lässt sich aber noch nicht sagen, wie sich das Fahrverhalten auf den Straßenverkehr auswirkt. Dazu werden die aus den Experimenten gewonnenen Daten in einen Mikro-Verkehrs-Simulator eingespeist, mit dem unterschiedliche Verkehrssituationen mit mehreren 1.000 Fahrzeugen getestet werden. Dieser modelliert für die einzelnen Autos verschiedene Reaktionszeiten und wie sich diese auf den nachfolgenden Verkehr, beispielsweise eine Autokolonne, auswirken. „Wir simulieren etwa, dass ein Auto vorne in der Kolonne leicht bremsen muss. Sind die Reaktionszeiten zu lang, kann es sein, dass Autos weiter hinten eine Vollbremsung hinlegen müssen“, sagt Ostermayer.
Wann wird es gefährlich?
Anhand vordefinierter Kriterien wird festgestellt, ob durch das unterschiedliche Nutzungsverhalten gefährliche Situationen im Straßenverkehr entstehen könnten. Dadurch soll ermittelt werden, welche Windschutzscheiben-Displays künftig bei hochautomatisiertem Fahren auf „Level 3“ in der Praxis zur Anwendung kommen könnten – jenem Level, bei dem Lenker zeitlich begrenzt die Kontrolle ans Auto abgeben und ihre Aufmerksamkeit auf gewisse andere Tätigkeiten richten dürfen.
Level-3-Fahrzeuge bereits im Einsatz
Erste Level-3-Fahrzeuge sind in einigen Ländern wie Deutschland und den USA bereits zugelassen. "Vorerst wird das Fahren mit diesen aber nur auf der Autobahn möglich sein – dort gibt es keine Kreuzungen und keinen Gegenverkehr", betont Ostermayer. Die Erkenntnisse aus dem noch ungefähr ein Jahr laufenden Projekt "AutoSimAR" werden jedenfalls Entwickler und Designer in der Automotive-Branche zur Verfügung gestellt, damit diese rasch sichere Anwendungen für hochautomatisiertes Fahren entwickeln können.


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