Wo Nadel und Faden die Menschen verbindet

Foto: Caritas
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BAD ZELL. Im Caritas-Flüchtlingshaus Waldhausen treffen sich seit eineinhalb Jahren die Flüchtlingsfrauen, um gemeinsam zu nähen. Das Ergebnis sind nicht nur wunderschöne Werkstücke, die beim Fest in Bad Zell am 16. Juni ausgestellt werden. In der kleinen Nähwerkstatt hat sich eine einzigartige Gemeinschaft von Frauen aus verschiedensten Ländern der Erde entwickelt, die beim Nähen traumatisierende Kriegserlebnisse und Angst vor der Zukunft für kurze Zeit hinter sich lassen können.

Die Nähmaschine rattert, in gebrochenem Deutsch ruft eine Frau etwas in den Raum – als Antwort gibt es Gelächter. Dann nähen die fünf dunkelhaarigen Frauen geschäftig weiter. Um sie herum stapeln sich Stoffe, Jeans, Taschen, Krawatten, Polster und Decken. Die Szenerie erinnert an eine Schneiderwerkstatt - wäre nicht zwischen den textilen Bergen ein Schreibtisch auszumachen, an dem Caritas-Mitarbeiterin Margarete Aschauer sitzt.

Das Büro der Leiterin der Caritas-Flüchtlingshilfe Mühlviertel Ost gleicht schon seit eineinhalb Jahren einem Stoff-Atelier – zumindest am Montag. Da wird ihr Arbeitsbereich im Flüchtlingshaus Waldhausen kurzerhand in eine Nähwerkstatt verwandelt. „Das hat sich zufällig so entwickelt. Ich nähe privat gerne und habe mir gedacht, das wäre eigentlich auch etwas für das Flüchtlingshaus. Glücklicherweise war auch Susi Andrews bei uns ehrenamtlich im Einsatz. Mit ihr ist die Sache ins Rollen gekommen“, erzählt Margarete Aschauer. Die ehemalige Lehrerin Susi Andrews – vor 30 Jahren selbst aus England nach Waldhausen gezogen – nahm sich um das Projekt an. Sie machte mit interessierten Flüchtlingsfrauen einen ersten Nähkurs im Quilthouse Purgstall in Niederösterreich. „Dann haben wir in der Gemeinde einen Aufruf gestartet. Mit den gespendeten Stoffresten und Nähmaschinen konnten wir gleich loslegen“, erzählt Susi Andrews. Am Anfang entstanden Patchwork-Decken und Stofftaschen. Diese hatten beim Weihnachtsmarkt in der Pfarre ihren ersten öffentlichen „Auftritt“. „Die Frauen verschenkten ihre genähten Produkte und erhielten dafür von einigen MarktbesucherInnen Spenden. Um dieses Geld erweiterten wir unsere Nähausstattung und besuchten weitere Nähkurse“, berichtet Andrews.
So entstehen mittlerweile wattierte Krabbeldecken, Polster, Blusen, Lavendelsäckchen, Handtaschen, Röcke, Kinder- und Puppenkleider – liebevoll versehen mit Knöpfen, Reißverschlüssen oder Stickereien - in der Nähwerkstatt. „Es ist unglaublich, was für ein Talent hier schlummert“, ist auch Margarete Aschauer begeistert. Einige Frauen, wie Maria aus Afghanistan, sind gelernte Näherinnen. Ihr Steckenpferd sind aufwendige Stickereien. „Sticken hat in Afghanistan Tradition – leider ist das mit unseren Maschinen nur schwer möglich. Dazu bräuchte es eine teure Stickmaschine, für die wir leider kein Geld haben“, erklärt Susi Andrews, was auf der Wunschliste der Nähwerkstatt ganz oben steht.
Doch die genähten Produkte sind nicht das einzig Schöne in der Nähwerkstatt. „Viel schöner als jede Patchworkdecke ist die Gemeinschaft, die hier entstanden ist“, bringt es Margarete Aschauer von der Caritas-Flüchtlingshilfe auf den Punkt. Die Frauen verbinden zum Teil traumatisierende Erlebnisse, wie eine gefährliche Flucht oder auch die Ungewissheit, ob Ehemann, Freunde und Familie noch leben . Sie haben alle Angst vor der Zukunft, die für sie ungewiss ist. In der Nähwerkstatt rücken diese Sorgen und Ängste in den Hintergrund. Die Frauen halten zusammen. Es wird gelacht, neue Ideen umgesetzt und geplaudert. Die Frauen aus Armenien, dem Irak, dem Kosovo, Afghanistan, Tschetschenien und Pakistan verstehen sich – auch wenn sie alle die gemeinsame Sprache Deutsch bislang nur holprig beherrschen.

Zur Info:

Nähwerkstatt bei Fest in Bad Zell

Beim „KulturWasFest-Tanz auf dem Regenbogen“ am Freitag, 16. Juni, ab 18 Uhr in der Begegnungszone in Bad Zell ist die Caritas-Flüchtlingshilfe mit einem Stand präsent. Die Nähwerkstätte Waldhausen präsentiert ihre Produkte und die Flüchtlinge aus Bad Zell verwöhnen kulinarisch. Bei Regen findet die Veranstaltung im Pfarrsaal und in der Pfarrlaube statt.

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