"Pfusch-Gesetz" kostet Tierleben
Überfüllte Tierheime, ausgesetzte oder getötete Tiere, verzweifelte Besitzer und private Hilfsorganisationen.
BEZIRK/ÖSTERREICH (eju). Eigentlich hätte das neue Tierschutzgesetz Tiere schützen sollen. Besonders vor illegalem Welpenhandel und der Welpenmafia aus östlichen Ländern. Herausgekommen ist ein Schuss ins Knie, wie er gezielter nicht hätte sein können. Warum? Das neue Tierschutzgesetz verbietet bei Strafandrohung Privatpersonen und privaten Tierschutzorganisationen, die kein eigenes Tierheim betreiben, für ihre Tiere/Schützlinge einen neuen Platz zu suchen.
Aussetzen oder töten?
Wie das? Verboten sind seit Inkrafttreten Inserate in Zeitungen, auf Facebook oder im Internet, Flyer in Geschäften oder sonstigen öffentlichen Plätzen. Das heißt: Wohin mit dem Tier, wenn man sich selbst nicht mehr um einen guten Platz für seinen Vierbeiner bemühen darf? Ins Tierheim? Häufig Fehlanzeige: überfüllt und überfordert! Aussetzen? Töten? Für viele Menschen keine Alternative, für einige wahrscheinlich doch.
Keine private Vermittlung
Selbst das Verschenken von Tieren, wenn man es "öffentlich" macht, ist laut dem neuen Gesetz verboten. Vom Gesetz ausgenommen sind lediglich registrierte Züchter und Landwirte und deren Tiere und bei denen sind sogar Hunde und Katzen ausgenommen (was die Streunerkatzenproblematik weiter anheizen dürfte). Tierheimbetreiber Erwin Schlosser aus Gastern erklärt: "Mich persönlich betrifft es zwar nicht, weil ich meine Tiere weiterhin anbieten darf. Aber ich werde die Auswirkungen sicher noch zu spüren bekommen."
Momentan habe er noch keine Tiere zur Vermittlung bekommen, aber er erwarte sich auf jeden Fall ein Ansteigen von Vermittlungsfällen oder auch ausgesetzten Tieren. "Schlosser: "Die Gesetzesnovelle haben Theoretiker am Schreibtisch erfunden, die von der Praxis keine Ahnung haben."
Gesetzesnovelle reparieren
Klare Worte findet auch Bundestierschutzpreisträgerin Katzennanny Daniela Haumer: "Die nun in Kraft getretene Tierschutzgesetzesnovelle muss umgehend repariert und angepasst werden. Es ist einerseits natürlich lobenswert, dass man dem illegalen Welpenhandel den Kampf ansagt, allerdings darf das nicht auf Kosten seriös arbeitender, ehrenamtlicher Vereine gehen. Hier muss das Gesetz umgehend angepasst werden."
Arme Streunerkatzen
Arme Streunerkatzen
Karin Neulinger (Verein Waldviertler Streunerkatzen): "Einer Entwicklung, bei der Tiervermehrer gestoppt werden, stehe ich positiv gegenüber. Dafür gibt es jetzt aber keine Möglichkeit mehr für Privatpersonen, die sich in einer Notlage befinden, ein neues Zuhause für Tiere zu suchen. Das wirklich große Drama ist, dass nicht einmal mehr wir Tierschutzvereine Leuten helfen dürfen, die sich an uns wenden. Uns ehrenamtlichen Tierschützern werden enorm strenge Auflagen aufgebürdet, die kaum zu erfüllen sind. Woher soll man als kleiner Verein, der sich nur durch private Spenden finanziert, das Geld, das Personal und die Räumlichkeiten hernehmen, um ein Tierheim zu betreiben? Gerade für unsere Schützlinge, die Bauernhof- und Streunerkatzen, fühlt sich generell sonst niemand zuständig. Ohne private Organisationen wäre der Tierschutz in ländlichen Regionen, wie dem Waldviertel, bereits längst tot."
Tierschutzgesetz wird "dunkle Kanäle" fördern
GMÜND. Die Gmünder Tierärztin Katia Waitz ist mit dem neuen Tierschutzgesetz ebenfalls sehr unglücklich und begründet auch, warum: "Ich finde es absurd, dass die momentane Fassung des Tierschutzgesetzes Personen, die Einzeltiere aus nicht kommerziellen Zwecken inserieren, die Weitergabe von Tieren verunmöglicht. Wie oft kommt es vor, dass durch Scheidung, Tod oder ähnliche ungeplante Ereignisse, Tiere an neue Plätze vermittelt werden müssen. Auch trifft das Verbot Menschen, die mit Liebe (unkommerziell!) ab und zu, vielleicht nur einmalig, einen Wurf Hunde oder Katzen aufziehen und sich gesetzeskonform der amtstierärztlichen Kontrolle unterwerfen – nur weil sie bei keinem Zuchtverein sind, weil es vielleicht Mischlingshunde oder Rassehunde ohne Papiere sind? Ich bezweifle auch, dass mit dieser Regelung die Nachfrage nach Hunden und anderen Haustieren überhaupt befriedigt werden kann und dadurch nicht erst recht wieder „dunkle Kanäle“ aufgehen."
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