Forschungskolloquium „Krieg und Psychiatrie. Lebensbedingungen und Sterblichkeit in österreichischen Heil- und Pflegeanstalten im Ersten und Zweiten Weltkrieg“

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In medialen Darstellungen und literarischen Verarbeitungen des Ersten Weltkriegs wird die Psychiatrie dieser Zeit vor allem mit der Behandlung der so genannten Kriegsneurosen in Verbindung gebracht. Der „Kriegszitterer“ – der durch Materialschlachten und Stellungskrieg psychisch zerstörte Soldat – erlangte hier ikonographischen Status. Schon früh standen die diesbezüglichen Behandlungsmethoden in der Kritik. Der Psychiatrie wurden drastische Maßnahmen wie z. B. die Elektrotherapie vorgeworfen. Eine einschneidende Entwicklung in der Psychiatrie während des Ersten Weltkriegs wird jedoch bis heute von Medien und Forschung wenig bis gar nicht beachtet – das massenhafte Sterben von PatientInnen vor allem gegen Ende des Krieges sowie in der ersten Nachkriegszeit.
Der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim will sich in seinem diesjährigen Kolloquium der Thematik widmen und neuere Forschungsprojekte zu einzelnen Heil- und Pflegeanstalten auf dem Gebiet des heutigen Österreich präsentieren. Im Rahmen der Beiträge soll auch versucht werden, Lebensbedingungen und Sterblichkeit in der Psychiatrie im Ersten Weltkrieg mit jener in der NS-Zeit bzw. im Zweiten Weltkrieg zu vergleichen. Erste Ergebnisse zeigen hier ein differenziertes Bild: Entsprechend den rassenhygienischen Positionen des Nationalsozialismus mordeten während des Zweiten Weltkriegs Ärzte in zahlreichen Kliniken des Dritten Reichs und der besetzten Gebiete. Auch wurde in manchen Regionen und Einrichtungen durch absichtliche Minderversorgung ein starkes Ansteigen der Sterberaten verursacht. In anderen Heil- und Pflegeanstalten wiederum wurden PatientInnen nicht vorsätzlich zu Tode gebracht, hier lagen die Sterberaten zum Teil unter jenen des Ersten Weltkriegs.
Das Forschungskolloquium soll dazu beitragen, Ursachen und Hintergründe dieser Entwicklungen herauszuarbeiten. Darauf aufbauend soll diskutiert werden, welche medizinischen und administrativen Leitbilder und Überlegungen in Kriegszeiten wirksam wurden, ob bzw. wie sich diese mit eugenischen und rassenhygienischen Vorstellungen verbinden und radikalisieren konnten und ob hier Kontinuitäten vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg festzustellen sind.
Programm:
13:00 – 13:45
Begrüßung
Ernst Langthaler: "Volksernährung" im Krieg: Erster und Zweiter Weltkrieg im Vergleich
13:45 – 14:30
Oliver Seifert: Die Heil- und Pflegeanstalt Hall i.T. in den beiden Weltkriegen. Lebensbedingungen und Sterblichkeit im Vergleich
14:30 – 15:15
Markus Rachbauer: Die Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart in Linz während des Ersten und Zweiten Weltkrieges – Ein Forschungsbericht
15:15 – 15:45
Kaffeepause
15:45 – 16:30
Clemens Ableidinger und Philipp Mettauer: Verpflegsklasse und „E-Kost“. Mauer-Öhling 1914-45
16:30 – 17:15
Peter Schwarz: Das Massensterben in der Wiener Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof im Ersten und Zweiten Weltkrieg
Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
Seminarraum 2
Schlossstraße 1
4072 Alkoven
Mittwoch, 25. April 2018
Beginn: 13:00
Ende: 17:15 (danach laden wir zu einem kleinen Buffet)
Wir bitten um Anmeldung bis spätestens 22. April 2018 (office@schloss-hartheim.at, +43-(0)7274-6536-546). Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos.
Um 11:00 besteht auch die Möglichkeit, an einer Begleitung durch Ausstellung und Gedenkstätte teilzunehmen (Dauer: ca. 1,5 h). Bitte geben Sie uns bei der Anmeldung für die Tagung bekannt, ob Sie dieses Angebot in Anspruch nehmen möchten.





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