Buchautor Martin Prein
"Der Tod ist ein Thema, das mich fasziniert"

Der gebürtige Pollhamer Martin Prein befasst sich in seinem neuen Buch mit dem Thema Tod und wie wir damit umgehen. | Foto: Martin Krachler
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Trauerexperte und Buchautor Martin Prein spricht im BezirksRundSchau-Interview über sein neues Werk und worum es ihm dabei geht. Außerdem erzählt der gebürtige Pollhamer, warum man nicht nur die "schöne" Seite des Todes betrachten soll und wieso an jedem von uns die Angst davor an den Knochen "knabbert."

LINZ, POLLHAM. 2019 ging Prein mit seinem Debüt-Buch "Letzte-Hilfe-Kurs" unter die Autoren. Auch in seinem neu erschienen Werk "Dr. Prein und der Tod" beschäftigt sich der gelernte Rauchfangkehrer mit dem unliebsamen Thema Sterben und kämpft dabei nach eigenen Aussagen gegen die "Verteelichtung des Todes".

Herr Prein, warum finden Sie den Tod als Thema spannend?
Der Tod ist ein enorm zwiespältiges Thema. Auf der einen Seite gehört der Tod zu unserem menschlichen Leben einfach dazu. Auf der anderen Seite ist er schlichtweg die größte Katastrophe, die wir Menschen kennen. Es gibt für mich kein Thema, das gleichzeitig so anziehend und gleichzeitig so abschreckend wie der Tod wirkt. Wir kommen mit ihm an eine Grenze. Er ist das radikal Unbekannte, das so viel Schrecken auslöst. Wir Menschen haben schon so viel versucht, um diese Unbekannte in eine Bekannte zu verwandeln: indem wir beispielsweise so tun, also ob wir wüssten, dass es eine Erklärung gibt. Der Tod ist ein unerschöpfliches Feld. Das fasziniert mich. Außerdem betrifft es alle wissenschaftlichen Disziplinen und menschlichen Bereiche. Das treibt mich an.

In Ihrem Buch kämpfen Sie laut eigenen Aussagen gegen die "Verteelichtung des Todes". Was meinen Sie damit?
Ich denke da vor allem an die Zeit rund um Allerheiligen, aber auch generell: Das fängt schon oft mit der Bildsprache an, mit der wir dem Tod begegnen – zum Beispiel in den Medien. Da sieht man schöne Wolken und Engel, viele tröstende und zärtliche Dinge. Nur diese eine Seite des Todes darzustellen, ist aber eine Form der Tabuisierung. Unter dem Motto: Nur so darf man über den Tod reden, und nur so darf er bebildert werden.

Warum ist das falsch?
Alles, was wir in den vergangenen Jahrzehnten über den Tod gehört haben, ist bei genauerer Betrachtung nicht haltbar. Mein neues Buch zielt klar darauf ab, den gesamten Aspekt darzustellen. Und dazu gehört auch, die andere Seite des Todes zu zeigen, die Ängste und die Sorgen, die tief im Inneren jeder von uns vor dem Tod hat. Das ist ein tief sitzender Teil in uns. Wenn wir den außer Acht lassen, werden wir auf einem Auge blind und somit auch leichter von verschiedenen Seiten aus manipulierbar.

Aber Sterben muss jeder von uns. Ist es im Hinblick darauf nicht ratsam, den Blick auf das Positive und Schöne im Leben zu richten?
Das ist schon richtig, aber ich gebe zu bedenken: Selbst bei den Menschen, denen das Sterben völlig egal ist, knabbert die Todesangst an den Knochen. Das merken sie spätestens dann, wenn sie auf einmal unerklärlich Atemnot bekommen oder einen Stich in der Brust spüren. Wenn die Gesundheit für längere Zeit am seidenen Faden hängt, dann wird etwas wach werden. Es treten Ängste hervor. Der Boden des "Der Tod geht mich eh nichts an" gerät ins Wanken.

"Viele, die Sorgen oder Ängste bezüglich des Todes haben, trauen sich nicht darüber zu sprechen. Öffentlich wird darüber einfach nicht geredet. Vielmehr ist die "Genieße dein Leben"-Einstellung in unserer Gesellschaft verankert."

Wie soll man Ihrer Meinung nach dann mit dem Tod umgehen?
Wir müssen uns die Frage stellen, was es für positive Auswirkungen haben kann, wenn wir uns mit der Tatsächlichkeit des Todes auseinandersetzen. Wenn wir die Todesangst, die bei uns allen unter der Decke schläft, kennenlernen. Ich glaube, dass keinem von uns der Tod egal ist. Gleichzeitig soll das aber nicht bedeuten, dass man sich mit dem Tod beschäftigen soll und dann lebt man das Leben mehr. Der Satz "Lebe jeden Tag, als wäre es dein letzter" ist ein grauenhafter. In Wahrheit hätten wir furchtbare Angst, wenn wir wissen würden, dass wir am nächsten Tag sterben.

Lässt sich diese Angst in irgendeiner Weise vermindern?
Das versuche ich auch in meinem Buch zu erklären. Meistens werden Ängste weniger, wenn man sich mit diesen schonungslos auseinandersetzt. Dass man diese Ängste, die bei den meisten da sind, kennenlernt. Je unbewusster uns diese sind, desto verführbarer sind wir. Das haben beispielsweise Politik und Kirche schon immer gemerkt. Durch ein gemeinsames Auseinandersetzen kann man sich in gewisser Hinsicht aber auch verwöhnen und es kann schlussendlich zu einem freudigeren Leben und zu mehr miteinander führen.

Sie beschäftigen sich viel mit negativen Dingen wie Trauer und Tod – wie gehen Sie persönlich damit um?
Ich begebe mich natürlich auch oft in die Banalität des Alltags und verleugne den Tod. Das gibt Sicherheit und tut einem gut. Aber das machen wir Menschen sowieso automatisch. Oft blitzt bei mir auch die Angst vor dem Tod rein – das ist nicht lustig. Es braucht definitiv offenere Gesprächsmöglichkeiten. Viele, die Sorgen oder Ängste bezüglich des Todes haben, trauen sich nicht darüber zu sprechen. Öffentlich wird darüber einfach nicht geredet. Vielmehr ist die "Genieße dein Leben"-Einstellung in unserer Gesellschaft verankert.

Zur Sache

Verdrängen, Beschönigen, Weichzeichnen, Überhöhen - in der Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit bemühen wir gerne Trostkonstrukte und Beruhigungsstrategien, Rituale und Scheinberuhigungen. In seinem neuen Buch "Dr. Prein & der Tod" holt Martin Prein, spätestens bekannt durch seinen 2019 erschienenen "Letzte-Hilfe-Kurs", die Menschen aus ihrer Komfortzone in eine Gedankenwelt frei von simplen Heilsversprechen, vorgefertigten Sinnangeboten und religiösen Zugängen.

Mit Erfahrung, Witz und Fingerspitzengefühl nimmt uns Martin Prein mit auf eine Reise voller Begebenheiten, Geschichten und Erfahrungen, an dessen Ende die tröstliche Erkenntnis auf uns wartet: Das Offenlegen unserer tiefsten Angst lohnt sich und macht uns nicht nur freier und lebendiger für unser Dasein im Hier und Jetzt, sondern auch empathischer im Umgang miteinander.

"Dr. Prein & der Tod" ist im Buchhandel erhältlich.

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