Psychische Probleme nehmen zu
Jugendlichen in der Krise Halt geben

- Seit über einem Jahr ist die Nachtgastronomie geschlossen. Ausgelassenes Feiern in großen Gruppen ist Jugendlichen seitdem nicht mehr möglich.
- Foto: panthermedia net/pressmaster
- hochgeladen von Michaela Klinger
Junge Menschen leiden am meisten an den Einschränkungen der Corona-Krise. Guter Rat ist oft teuer.
BEZIRKE. Unbesorgt Freunde treffen oder ausgelassen feiern gehen – was vor etwas mehr als einem Jahr für Jugendliche an der Tagesordnung stand, wird heute kriminalisiert und sorgt als "Corona-Party" für Schlagzeilen. Die Krise hat auch den Arbeitsmarkt massiv verändert: Besonders Studenten sind vom Wegfall der Nebenjobs betroffen. Irmgard Klement, Jugendberaterin vom JugendService Grieskirchen, erläutert: "Die Art der Kontaktaufnahme und die Schwerpunkte der Anfragen an uns haben sich gewandelt. Wir beraten jetzt vermehrt telefonisch und vor allem zu Jobs und finanzieller Unsicherheit sowie zu schulischen Problemen."
Alternativen aufzeigen
In der Homeschooling-Zeit waren Lerntipps und -Strategien bei der Beratungsstelle gefragt. An Klement wandten sich zahlreiche Lehrlinge und Schüler, die fürchteten, keinen Platz in der Arbeitswelt zu finden. "Diese Sorge können wir nehmen. Wir zeigen Alternativen auf – am Arbeitsmarkt und im schulischen Bereich", informiert die Jugendberaterin.
Besorgnis erregt hingegen die Zunahme an depressiven Verstimmungen. "Die Einschränkungen treffen junge Menschen besonders hart. Freunde zu treffen und Feste zu feiern, ist essenziell für Jugendliche, um sich von den Eltern abzunabeln und Dampf abzulassen", weiß die Gesundheitspsychologin Christine Greinöcker aus Hartkirchen.
Antriebs- und hoffnungslos
Sie spricht in ihrer Praxis häufig mit Schülern, denen das Aufstehen morgens schwer fällt. Entweder, weil sie im Homeschooling den Anschluss verloren und keine Hoffnung auf einen positiven Schulabschluss haben, oder weil sie – zermürbt von den Kontaktbeschränkungen – ihr Leben als freudlos empfinden. Auch Familienkonflikte belasten Jugendliche in der Corona-Pandemie verstärkt – vor allem jene, die auf beengtem Raum wohnen. Greinöcker erklärt: "Das kommt daher, weil die Pandemie auch Erwachsene unter Druck setzt. Wir alle durften im vergangenen Jahr nur arbeiten. Der Spaß kam zu kurz. Daher reißt der Geduldsfaden jetzt schnell." Dazu kommen existenzielle Ängste, wenn etwa ein Elternteil durch Corona den Job verloren hat. Die Expertin befürchtet trotz der jüngsten Öffnungsschritte einen weiteren Anstieg psychischer Probleme. Deshalb fordert sie: "Psychologische Hilfe sollte eine Kassenleistung sein." Denn: Wer Unterstützung in Anspruch nimmt, benötigt meist mehr als zwei Sitzungen. Und das ist für viele Familien nicht leistbar.
Was Jugendliche jetzt brauchen
Was kann jeder Einzelne beitragen, um unseren Jugendlichen durch die Corona-Krise zu helfen? Irmgard Klement vom JugendService Grieskirchen hat Tipps parat: "Wir sollten den Jungen das Gefühl vermitteln, dass jemand für sie da ist, sie ernst nimmt und unterstützt, um ihnen Sicherheit zu geben." Wichtig sei, den Fokus auf das zu lenken, was im vergangenen Jahr gelungen ist. Umgekehrt bräuchten Jugendliche Unterstützung, um Misserfolge zu akzeptieren. Hierbei sollen Lösungsstrategien besprochen werden.
Richtige Balance finden
Die Hartkirchner Gesundheitspsychologin Christine Greinöcker betont: "Der Schulunterricht sollte nach den Sommerferien nicht unmittelbar wie vor Corona ablaufen. Eltern und Lehrer dürfen von Schülern nicht fordern, alle Rückstände des vergangenen Jahres auf Biegen und Brechen in kürzester Zeit nachzuholen. Es gilt, die richtige Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu wiederzufinden."


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