Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
Zeitgeschichte: Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen

Florian Schwanninger und Markus Rachbauer in der Ausstellung "Wert des Lebens" im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim. | Foto: Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
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  • Florian Schwanninger und Markus Rachbauer in der Ausstellung "Wert des Lebens" im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim.
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Von 1940 bis 1944 war das Schloss Hartheim in Alkoven eine von sechs Euthanasieanstalten des NS-Regimes. Nahezu 30.000 Menschen wurden dort ermordet. Der 2003 eröffnete Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim zeigt: die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit geht uns alle an. Die BezirksRundSchau hat mit Leiter Florian Schwanninger und Markus Rachbauer über die Aufarbeitung der NS-Zeit in der Region gesprochen.

Der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim ist ein sehr aktiver Regionaut. Was sind die Beweggründe dafür?
Markus Rachbauer:
Es handelt sich um eine tolle Möglichkeit, auf lokaler Ebene Menschen, die sich für unseren Ort und unsere Themen interessieren, zu erreichen. Diese nutzen wir natürlich gerne!
 
Über was berichten Sie auf meinbezirk.at?
Rachbauer:
Wir nutzen die Seite, um Vorträge, Tagungen, Buchpräsentationen, Öffentliche Begleitungen oder Ausstellungen anzukündigen. Wir berichten aber auch über unsere Aktivitäten und Projekte im historischen und pädagogischen Bereich. Kürzlich haben wir zum Beispiel unsere neue Publikation "Krieg und Psychiatrie" über die Lebensbedingungen und Sterblichkeit in vier österreichischen Psychiatrien während des Ersten und Zweiten Weltkriegs thematisiert. Hierbei ist uns besonders auch der Hinweis auf lokale Bezüge wichtig. In dem erwähnten Buch geht es zum Beispiel auch um die Linzer psychiatrische Anstalt Niedernhart, dem heutigen Neuromed Campus.

Welche Projekte stehen 2023 an?
Florian Schwanninger:
Wir möchten die Öffentlichkeitsarbeit weiterentwickeln, zum Beispiel in den Sozialen Medien, und auch in Schulen und bei Lehrer:innen unsere pädagogischen Angebote bekannter machen. Weiters wird ein Projekt zu „Fremdvölkischen Kinderheimen“ und zu den NS-Euthanasie-Transporten aus Bayern nach Hartheim zum Abschluss kommen. Gemeinsam mit der Kunstuni Linz veranstalten wir im Mai eine Tagung zu Comics/Graphic Novels und Zeitgeschichte. Im Juni wird es eine größere Veranstaltung zum 20-jährigen Bestehen des Lern- und Gedenkorts Schloss Hartheim geben. Dazu möchten wir auch die Menschen aus der Region herzlich einladen. Im November folgt noch die Herbsttagung des Arbeitskreises zur Erforschung der NS-Euthanasie und Zwangssterilisation, zu der Menschen aus ganz Deutschland und Österreich anreisen.
 
Wer besucht das Schloss Hartheim, wer sind die größte Zielgruppe?
Rachbauer
: Unsere Hauptbesucher:innengruppe bei den pädagogischen Angeboten sind bestimmt Schüler:innen und Personen in Ausbildung ab dem 14. Lebensjahr. Der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim wird aber auch darüber hinaus von unterschiedlichen Menschen besucht. Regelmäßig kommen zum Beispiel auch Angehörige und Nachfahren von Menschen, die in Hartheim ermordet wurden, zu uns.
 
Setzen sich die Menschen heute noch ausreichend mit der NS-Vergangenheit in der Region auseinander? Wie steht es um die Erinnerungskultur in der Region?
Schwanninger:
Obwohl man den Eindruck hat, das Thema sei in den Medien sehr präsent, gibt es nicht zuletzt bei jungen Leuten große Lücken im Wissen zum Thema NS-Zeit, auch was die Geschichte in der Region betrifft. Es werden zwar zahlreiche Projekte zu Gedenk- und Erinnerungskultur in Oberösterreich durchgeführt, aber es existieren immer noch zahlreiche nicht beleuchtete Stellen. Das Problem ist sicher, dass die Aufarbeitung spät einsetzte, die Zeit aber vielen Menschen als nicht mehr relevant erscheint. „Was geht mich das an?“ denken sich nicht wenige. Wir versuchen daher in Hartheim zu zeigen, dass viele Fragestellungen – vor allem rund um den „Wert des Lebens“, aber auch in Hinblick auf Zivilcourage, Demokratie und Menschenrechte – auch heute noch von großer Bedeutung sind. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kann uns für die Gegenwart wichtige Anstöße geben.
 
Sie forschen seit Jahren über die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der Region sowie über die Erinnerungskultur nach 1945. Was können wir aus der Zeitgeschichte lernen?
Rachbauer:
Im Moment frag ich mich vielfach, wie wenig „wir“ eigentlich aus der Zeitgeschichte lernen. Ich tue mir hier schwer, eine sachliche Antwort zu formulieren. Kriege sind auch in Europa wieder an der Tagesordnung – viele denken sich vermutlich, dass das oft beschworene Lernen aus der Geschichte nicht funktioniert. Man darf aber auch nicht übersehen, dass es in vielen Bereichen große Verbesserungen in der Zeit nach 1945 gab, zum Beispiel was die Situation von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen betrifft. Wobei es hier, auch in Österreich, noch Aufholbedarf gibt. Gerade diese Gruppen stehen auch in Hartheim im Fokus der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
 
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Schwanninger:
Ein allgemeiner großer Wunsch ist jedenfalls, dass tatsächlich mehr aus der Vergangenheit gelernt wird. Natürlich wünscht man sich konkret mehr Aufmerksamkeit durch die Öffentlichkeit, mehr Besucher:innen und so weiter. Wir versuchen auch mit unserer Arbeit dem nachzukommen und nicht zuletzt unsere Präsenz und Verankerung in der Region zu stärken.

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