Mein Bezirk 2020: "Wir haben uns eine Herkunft geschaffen"
Mit der Eigenständigkeit des Weinbaugebiets hat der Wein aus der Region eine Herkunft bekommen.
TRAISENTAL (je). Vor 20 Jahren waren sich die Winzer im Traisental einig: Das Traisental soll ein eigenes Weinbaugebiet werden. Vorher gehörte man zur Region Donauland-Carnuntum.
"Wir waren immer das fünfte Rad am Wagen, irgendwo im Gebiet dabei, wir waren als Heurigengegend bekannt, weil es viele Heurige gegeben hat, aber weinmäßig sind wir nicht so wahrgenommen worden", beschreibt Winzer Ludwig Neumayer aus Inzersdorf die Situation vor 1995.
Novelle für Veränderung
"Es war kein Einzelfall, dass Leute in Klosterneuburg gestanden sind und gefragt haben, wo Nußdorf oder Wagram ist", beschreibt Walter Pernikl aus Nußdorf die Missverständnisse aufgrund der früheren Zugehörigkeit zum Weinbaugebiet Donauland-Carnuntum.
"Als wir gehört haben, dass es eine Novelle gibt, wussten wir: das ist unsere Chance", schildert Winzer Ludwig Neumayer. Beim Landesweinbauverband habe es zwar geheißen, dass die Novelle schon beschlossen sei, trotzdem habe sein Bruder Karl dann alles koordiniert und mit den roten Weinbaugemeinden Traismauer und Herzogenburg im Rücken wurde der Wunsch der Winzer nach einem eigenständigen Weinbaugebiet dann realisiert.
"Wir haben keine Herkunft gehabt, das ist aber beim Wein ganz etwas Wichtiges, weil beim Wein geht es nicht nur um die Qualität, was immer die sein mag, Geschmack ist subjektiv, darum ist es wichtig, dass man einen Namen bekommt, dass der bekannt wird, weil wenn der Wein und das Gebiet nicht bekannt sind, dann ist es schwierig", weiß Ludwig Neumayer.
Als Beispiel nennt er französische Weine, die bekanntlich die teuersten der Welt sind, weil sie schon Jahrhunderte lang am Markt sind. Für Bordeaux und Burgunder werden unglaubliche Summen bezahlt, weil sie so bekannt sind. "Das ist vergleichbar mit teuren Uhren, da geht es auch nicht um die Zeitnehmung, und beim Wein geht es nicht nur um den Durst und um die Großartigkeit vom Wein, sondern um das ganze Image, ich kaufe letztendlich das ganze Imagepaket", so Neumayer weiter.
Schwere Anfänge
"Früher wurde bei uns Weinbau im Nebenerwerb betrieben, es war nicht notwendig so viel zu tun, weil alles verbraucht wurde", erzählt Walter Pernikl. Mit dem Weinskandal 1985 wurden die Kunden dann vorsichtiger, wollten auf einmal mehr wissen, weil sie das Vertrauen verloren hatte. Die Winzer seien darauf sofort eingestiegen und konnten so über zur Verfügung gestelltes Wissen Weine verkaufen, die vorher nur über den Preis gehandelt wurden. "Billig muss er sein und aus", gilt heute daher nicht mehr als das Leitmotiv von Weinkundschaft. Trotzdem hat es gedauert, bis sich das Weinbaugebiet Traisental einen Namen gemacht hat. "Wenn man auf eine Präsentation gefahren ist, kannte einen niemand, die Leute gehen aber dorthin, wo sie jemanden kennen. Heute schaut es natürlich anders aus", so Ludwig Neumayer. "Das Selbstbewusstsein der Winzer war immer da, ist dann einfach kanalisiert worden", sieht er die Eigenständigkeit immer noch als wichtigen Schritt.
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