Theaterforum Humiste im Tanzfieber
Premierenerfolg für „Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“

Das Ensemble in Daueraction verwandelte die Bühne in ein Tanzparkett.
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  • Das Ensemble in Daueraction verwandelte die Bühne in ein Tanzparkett.
  • hochgeladen von Alexandra Rangger

IMST(alra). Am 23. Mai feierte das Theaterforum Humiste mit der Premiere von „Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“ ein innovatives Theaterereignis, das das Publikum in der vollbesetzten Stadtbühne Imst gleichermaßen forderte und bewegte. Regisseur Flow Berger inszenierte das Stück – inspiriert vom gleichnamigen Roman des US-Autors Horace McCoy – als vielschichtige, zeitgemäße Spiegelung unserer Gesellschaft. Im Zentrum steht der erbarmungslose „Erste Imster Tanzmarathon“ während einer globalen Krise – Kulisse für eine Auseinandersetzung mit Erschöpfung, Konkurrenzdenken und dem Druck ständiger Selbstoptimierung.

McCoys Roman von 1935 erzählt von jungen Menschen während der Großen Depression, die sich in Tanzmarathons stürzen – mehrfach adaptiert, besonders bekannt durch Sydney Pollacks Verfilmung von 1969 mit Jane Fonda. Berger wählt einen eigenen Zugang: Er entstaubt das Material und verleiht ihm durch neue Dialoge, Aktualisierungen und lokale Bezüge unmittelbare Gegenwartsrelevanz.

Tanz auf glattem Parkett

Gloria und Robert, zwei Fremde, die zufällig ein Tanzpaar bilden, stürzen sich – wie über 143 weitere Paare, von denen vier tatsächlich auf der Bühne präsent sind – in den Kampf um das ausgelobte Preisgeld. Was wie eine Chance auf Veränderung erscheint, wird zur zermürbenden Odyssee aus Schlafentzug, Erschöpfung und seelischen Grenzerfahrungen. Bald wird klar: Es geht nicht um Tanz als Vergnügen, sondern um die gnadenlose Zurschaustellung menschlicher Belastbarkeit – zur Unterhaltung eines sensationshungrigen Publikums, orchestriert von einer quotengierigen Moderatorin und einer eiskalten Ärztin. Ein Spiel mit der Würde – ein Tanz eher auf Messers Schneide als auf glänzendem Parkett.

Die Beweggründe der Teilnehmenden sind unterschiedlich: Einige hoffen auf finanzielle Rettung, andere auf Ablenkung oder einen Moment des Ruhms. Doch der Marathon fordert seinen Preis. Krämpfe, Zusammenbrüche, seelische Ausnahmesituationen – was bleibt, ist Durchhalten. Um die Spannung zu steigern, werden die Anforderungen härter. Nicht nur tanzen, sondern ackern. Der härteste Tanzmarathon aller Zeiten soll inszeniert werden – eine zynische Zuspitzung, die auf Kosten der Beteiligten geht.

Alles für die Show

Birgit Schneitter führt als Showmasterin Roxy durch das Stück, Anneliese Krabacher überzeugt als ernste Gloria Beatty ebenso wie Ernst Riha als Robert Syverton. Doris Ascher wird zu Dr. Iris Payne, Aurelia Zoller spielt die junge Ruby Bates, Noah Pechtl ihren Partner James. Bettina Sonderegger bringt als Jacky in einer dramatischen Szene großes Schauspiel eindrücklich auf den Punkt. Markus Matt ist als Joe zu sehen, Daniela Timmes als Shirley, Mathias Walch als Larry. Roswitha Matt rundet die Truppe als distanziert-beobachtende Mrs. Layden ab. Als Live-Überraschungsact tritt Nicole Müller als Sängerin auf.

Das Ensemble, mit einer Altersspanne von 16 bis 75 Jahren, zeigt sich in bewegungsbetontem Spiel, das alle gleichzeitig fordert. Dennoch – jede Geste, jeder Blick spiegelt persönliche innere Kämpfe wider – das Ringen um Anerkennung, Kraft, Würde. Flow Berger, auch verantwortlich für die textliche Überarbeitung, bringt den Druck moderner Überforderung auf die Bühne.
Die Raumgestaltung überzeugt: Der Saal der Stadtbühne wurde neu gedacht. Die klassische Guckkastenbühne weicht einem Totaltheater – das Geschehen rückt in die Mitte, das Publikum sitzt auf Augenhöhe, wird Teil des Marathon-Spektakels, das sich permanent bewegt. Diese Anordnung verstärkt Spiel und Szenen – ohne alles vorwegzunehmen: Die Perspektivwechsel gelingen.

Stoff mit gesellschaftlicher Relevanz

„Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“ rückt vom historischen Drama beinahe nahtlos ins Jahr 2025. Die Produktion spiegelt gesellschaftliche Zustände: In einer Welt, in der viele für einen Moment Aufmerksamkeit alles geben – ob 15 Minuten oder nur Sekunden – entlarvt das Stück eine neue Form der Selbstausbeutung. Medieninszenierung, Manipulation, Leistungsdruck ziehen sich als roter Faden durch das Geschehen. Auch das Publikum wird gewissermaßen Teil des Systems.

Berger und das Theaterforum Humiste haben sich für ein ebenso relevantes wie künstlerisch spannendes Werk entschieden. Schauspiel, Rauminszenierung und zeitgemäße Fassung greifen ineinander. Die Inszenierung endet dramatisch und kraftvoll mit Gloria und Robert – charakterstark verkörpert von Krabacher und Riha – in einer Szene, die ihre finale Wirkung voll entfaltet.

Was: Theaterforum Humiste spielt „Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“

Wann: Premiere, Freitag, 23. Mai 2025 | 20 Uhr
Matinee: Sonntag, 1. Juni 2025 | 10 Uhr
Weitere Spieltermine:
• Sonntag, 25. Mai 2025 | 18 Uhr
• Donnerstag, 29. Mai 2025 | 18 Uhr
• Freitag, 30. Mai 2025 | 20 Uhr
• Donnerstag, 12. Juni 2025 | 18 Uhr
• Sonntag, 15. Juni 2025 | 18 Uhr
• Mittwoch, 18. Juni 2025 | 20 Uhr
• Samstag, 28. Juni 2025 | 20 Uhr
• Sonntag, 29. Juni 2025 | 18 Uhr

Wo: Stadtbühne Imst

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