Bauern auf den Barrikaden

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INNSBRUCK/SÖLDEN (sz). „Das Ötztaler Wasser muss im Ötztal bleiben“, lautet die Botschaft der drei Agrarobmänner aus dem hinteren Ötztal, Reinhard Scheiber, Markus Pirpamer und Jakob Prantl, die stellvertretend für knapp 50 betroffene Grundbesitzer ihre Stimme gegen die Ausbaupläne der TIWAG im Kaunertal erheben.
Wie berichtet, plant die Tiroler Wasserkraftwerk AG, kurz TIWAG, das Kraftwerk Kaunertal um geschätzte 1,3 Milliarden Euro auszubauen. Dafür müssten allerdings teile des Wassers aus der Gurgler und Venter Ache in den dafür vorgesehenen Kraftwerksspeicher abgeleitet werden.

„Brauchen das Wasser“
„Für uns Bauern ist klar: Das Wasser muss im Tal bleiben. Unser Wasserschatz ist für die TIWAG-Pläne unantastbar“, meint Obergurgl-Agrarobmann Reinhard Scheiber und an dieser Entscheidung sei auch nicht zu rütteln, zumal niemals mit den Grundbesitzern über dieses Projekt gesprochen worden sei. Prinzipiell, so die Agrarier, sei man nicht gegen Wasserkraft, jedoch müsse diese im Einklang mit der Bevölkerung und der Natur stehen. Markus Pirpamer, Obmann der Agrargemeinschaft Vent und Hüttenwirt der Similaunhütte pflichtet ihm bei und weist zusätzlich auf die Bedeutung des Wasserschatzes für einen nachhaltigen und sanften Tourismus hin.
Der Obmann der Agrargemeischaft Vent, Jakob Prantl, widerspricht einem Argument der TIWAG zum Hochwasserschutz und meint: „Dass die Ableitung des Wassers vor Hochwasser schützen soll, kann ich nicht nachvollziehen, und widerspricht unseren Lebenserfahrungen. Wenn der Gepatscherspeicher voll und im Ötztal Hochwasser ist, dann gibt es keine Ableitung.“
„Die Wertschöpfung und die Wasserrechte müssen im Tal bleiben“, bringt es Scheiber auf den Punkt. Das kostbare und wertvolle Gut sei auch durch eine finanzielle Entschädigung nicht zu ersetzen.

Keine Kompromisse
30 Vollversammlungsbeschlüsse wurden gesammelt, die nun den Weg zum Umweltministerium finden sollen.
„Es gibt kein Geld der Welt, das unsere Meinung ändern könnte“, zeigen sich die Ötztaler Bauern kampfbereit. Man lasse es auf eine Enteignung ankommen, so die Ansage. Zustimmung bekamen die Bauern auch von der Grünen Spitzenkandidatin Ingrid Felipe: „Wir teilen die Sorgen und Bedenken der ÖtztalerInnen, dass durch diese Maßnahmen die Lebensgrundlagen gefährdet werden.“

Zuversichtlich
TIWAG-Vorstandsdirektor Bruno Wallnöfer bekundet die Einwände und Kritiken sehr ernst zu nehmen, spricht bei diesem Vorhaben aber von einem angemessenen Kraftwerksausbau, der im wesentlichen drei Ziele verfolge: So trage dieses Projekt zur Energiewende, zur Stromautonomie Tirols und im Wirtschaftsbereich einen großen Beitrag bei. Nach dem fallengelassenen Kraftwerksplänen im Ötztal, habe man mit „sanften Mitteln“ den Ausbau der Kraftwerke Kühtai und Kaunertal, forciert. „Die Pläne für das Kaunertal-Kraftwerk wurden nach sieben Jahren der Planung im Juli bei der UVP eingereicht. Erfahrungsgemäß rechnen wir mit einer Verfahrenslaufzeit von fünf Jahren (über zwei Instanzen). Bleibt also viel Zeit für einen konstruktiven Dialog“, ist Wallnöfer zuversichtlich.

Sichergestellt
Die Sorge der „Wasserknappheit“ kann der TIWAG-Chef nicht nachvollziehen: „In diesem Bereich gibt es sehr strenge Richtlinien und strenge Behörden, in dem nur ein umweltverträgliches Projekt bestehen kann.“ Das Vorhaben sei eine ausgewogene Gesamtlösung und stöße beispielsweise in Pfunds und anderen Ortschaften auf große Zustimmung. Wallnöfer: „Niemand braucht Angst haben, dass Wasser fehlt, denn die Nutzung ist von der Wasserrechtsbehörde streng geregelt. Bei den Nutzungsprioritäten, wie Trinkwassernutzung, etc. steht die Nutzung für Strom sozusagen an letzter Stelle“, argumentiert Wallnöfer und ergänzt: „Auch wenn sich dynamisch in 20, 30 Jahren etwas ändern würde, würde die Wasserrechtsbehörde als erstes die Anteile der TIWAG kürzen.“ Außerdem würden nur „angemessene Teile“ abgeleitet werden, dessen Verlust sich aber durch die Seitenzubringer-Bäche der Ötztaler Ache wieder ausgleichen würden.
Zu dem Vorwurf der unzureichenden Information sagt er: „Das Projekt wird seit sieben Jahren geplant und auch in diesem Zeitraum darüber informiert. Rund 100 Informationsveranstaltungen haben in den letzten sieben Jahren stattgefunden. Dass jemand behaupten kann, er sei nicht darüber informiert, kann ich nicht nachvollziehen.“

Hochwasserschutz
„Es ist ein anerkannter Stand der Wissenschaft, dass Wasserspeicher einen Schutz bei Hochwasser bieten. Es gibt zahlreiche Gutachten die das bestätigen. Der Hochwasserschutz für das Ötztal ist ein eindrucksvoller Zusatznutzen, ohne weitere Zusatzverfahren, ohne weitere Verbauungsmaßnahmen und ohne weitere Kosten, zum geplanten Kraftwerksausbau“, kontert Wallnöfer. Demnächst will die TIWAG mit den betroffenen Agrarfunktionären Kontakt aufnehmen.

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