Theatergruppe Gegenwind
Kindermissbrauch in Heimen wird auf die Bühne gebracht

Die Theatergruppe Vorderes Ötztal Gegenwind wagte sich an das Thema Missbrauch in Tiroler Kinderheimen heran. | Foto: Schöpf
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  • Die Theatergruppe Vorderes Ötztal Gegenwind wagte sich an das Thema Missbrauch in Tiroler Kinderheimen heran.
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Gewalt, Erniedrigung, Vergewaltigung. Passiert in Kinderheimen in ganz Tirol. Lukas Leiter zerrt 14 Einzelschicksale aus dem Dunkeln der Vergangenheit ins grelle Bühnenlicht als Schauspiel „Einmal Hölle und zurück“.

UMHAUSEN. Keine leichte Kost serviert die "Theatergruppe Gegenwind“ mit ihrem aktuellen Stück „Einmal Hölle und zurück“, in dem 14 anonyme Heimkinder aus den 1950er bis 1970 Jahren eine Stimme und Zuhörer bekommen. „Es muss erzählt werden“, war in der ungewöhnlich knappen Begrüßung des sonst vor Euphorie übersprudelnden Regiesseurs Leiter zu hören. Der Impuls für das von der Theatergruppe selbst verfasste Stück war die 800 Jahr-Feier der Pfarre Umhausen, die vergangenes Jahr der Pandemie zum Opfer gefallen ist. An der Idee und der bereits angefangenen Arbeit wurde festgehalten.

Gewalt stand an der Tagesordnung | Foto: Schöpf
  • Gewalt stand an der Tagesordnung
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Aufwühlender Tiefgang

Der Pfarrpatron Vitus, selbst in einer Pflegefamilie aufgewachsen, spendete der Hauptrolle seinen Namen. „Vitus“ kommt als kleines Kind von seiner Mutter weg in das erste Kinderheim. Gewalt in unvorstellbarem Ausmaß lernt er vom ersten Tag an kennen. Von Lehrern, Aufsichtspersonen und auch von anderen Heimkindern. Es herrscht ein grausames, von Wut und Zorn vergiftetes Klima. Die Schreie der Kinder bleiben ungehört. Es hagelt Strafen, Züchtigung und Einsperren stehen an der Tagesordnung. Sadistische Rituale, bei denen auch andere Heimkinder mitmachen mussten, verstümmelten jede noch so starke Kinderseele. Der Glaube an Gott, ansonsten eine unerschütterliche Festung des Vertrauens, wird mit jedem Hieb durch die Haselnussrute ein Stück Fundament abgegraben, bis "Vitus" mit dem als Hausmeister dargestellten Gott Vater beginnt zu hadern^. Eingefrorene Szenenbilder verleihen aufwühlende Tiefe. 

Foto: Schöpf

Nichts als die nackte Wahrheit

Schockierende Tatsachenberichte. Originalinterviews, die auszugsweise akustisch eingespielt werden, erinnern an die realistische Handlung. Das Gräuel stammte nicht aus der Feder eines dramaverliebten Drehbuchautors, das Leben oder wenn man so will, das Schicksal war der Autor dieser 14 Lebensläufe des Grauens. Zweifellos war auch für die Schauspieler, besonders herausragend hier Max Heiss als Vitus, die Verkörperung der Rollen eine Gänsehautentscheidung. Brilliant die Inszenierung, Bühnenbild puristisch und auf den ersten Blick emotionslos. Doch die ständig präsenten Bücher versinnbildlichen die Lebensläufe der vielen Opfer. Jeder weiß es gibt sie, doch niemand schaut wirklich hin.

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