Schülerinnen und Schüler gegen Abschiebungen
"Wir werden auf jeden Fall weitermachen"
Für ihren Einsatz gegen die Abschiebungen ihrer Mitschülerinnen wurden Tierra Rigby und Theo Haas mit dem Ute-Bock-Preis ausgezeichnet. Die beiden erzählen, was seit der Protestwelle passiert ist – und was noch passieren muss.
WIEN/INNERE STADT/FAVORITEN. Tina und Sona – die beiden Namen stehen seit Jänner für ein Asylgesetz, mit dem sich viele nicht mehr abfinden wollen. Die beiden Schülerinnen – Tina ist 12 und in Wien geboren, die 20-jährige Sona stand kurz vor der Matura – wurden im Winter gemeinsam mit ihren Familien unvorbereitet zuerst in Schubhaft genommen und danach abgeschoben.
Ausgehend von einer Welle der Solidarität in den Schulen der beiden Mädchen, dem Gymnasium Stubenbastei und der HLW Reumannplatz, entbrannte eine Debatte über Abschiebungen von Kindern und Jugendlichen. Der Polizeieinsatz gegen ihre vor dem Schubhaftzentrum protestierenden Mitschülerinnen und Mitschüler, bei dem auch eine Hundestaffel zum Einsatz kam, stand danach ebenso in der Kritik wie die Abschiebungen selbst. Der Koalitionsfrieden war gestört, Abhilfe schaffte die Einrichtung einer Kindeswohlkommission unter Irmgard Griss, die bis zum Sommer Vorschläge liefern soll, wie in Asylverfahren die Kinderrecht stärker beachtet werden können.
Ute-Bock-Preis für die Schulsprecher
Tierra Rigby, Schulsprecherin der HLW Reumannplatz, und Theo Haas, Schulsprecher am Gymnasium Stubenbastei, haben sich beide stark dafür eingesetzt, die Abschiebung ihrer Mitschülerinnen zu verhindern. Auch wenn das vorerst nicht geglückt ist, lassen sie nicht locker. Für ihr Engagement wurden sie diese Woche mit dem Ute-Bock-Preis ausgestattet. Das Preisgeld spenden die beiden den abgeschobenen Familien.
Was hat sich in den letzten Monaten seit der Abschiebung getan?
THEO HAAS: Wir haben eine antirassistische Demo mitorganisiert, wir haben versucht in den sozialen Medien präsent zu bleiben, und haben uns auch mit vielen NGOs vernetzt. Die Corona-Situation schränkt unsere Möglichkeiten ein.
TIERRA RIGBY: Wir haben unsere eigenen Plattformen genutzt, um Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Ich habe auf TikTok viel Aufmerksamkeit bekommen. Da das Thema offenbar vielen Jugendlichen ein Anliegen wird, gingen meine Posts dort viral.
Was hat sich in den letzten Monaten seit der Abschiebung getan?
THEO HAAS: Wir haben eine antirassistische Demo mitorganisiert, wir haben versucht in den sozialen Medien präsent zu bleiben, und haben uns auch mit vielen NGOs vernetzt. Die Corona-Situation schränkt unsere Möglichkeiten ein.
TIERRA RIGBY: Wir haben unsere eigenen Plattformen genutzt, um Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Ich habe auf TikTok viel Aufmerksamkeit bekommen. Da das Thema offenbar vielen Jugendlichen ein Anliegen ist, gingen meine Posts dort viral.
Arbeiten Sie da zusammen?
RIGBY: Ja, also jetzt schon. Zuerst wussten wir voneinander nichts, aber dann haben wir gesehen, dass es da noch eine Schule gibt, die sich engagiert. Und seitdem arbeiten wir zusammen und machen auch jedes Interview zusammen, weil man zusammen stärker ist und mehr Mut hat.
Die beiden Abschiebungen wurden ja auch von manchen unterschiedlich bewertet.
HAAS: Am Anfang war ja auch die Thematik, dass die Schule im 1. mehr Aufmerksamkeit bekommt als die im 10.. Da haben wir auch beschlossen, dass wir gemeinsam auftreten. Wir haben gesagt es ist egal aus welchem Bezirk du kommst, da geht es um eine Thematik die uns alle betrifft.
Haben Sie noch Kontakt zu den abgeschobenen Kolleginnen, wie geht es ihnen?
RIGBY: Ja, Sona ist noch in unserer Klassengruppe, aber momentan kann sie nicht am Online-Unterricht teilnehmen, da sie jetzt eine Stelle gefunden hat. Sie verfolgt das Geschehen hier und war auch stolz auf uns. Sie versucht noch immer, nach Wien zurückzukehren, und wir haben auch noch nicht aufgegeben. Es gibt noch etwas Hoffnung.
HAAS: Die Mitschülerinnen und Mitschüler von Tina haben noch Kontakt zu ihr, sie sind ja alle befreundet. Ich bin mir sicher, dass sie ihre Schule und ihre Freunde extrem vermisst.
Ein Ergebnis Ihres Engagement war ja die Kindeswohlkommission. Sind Sie zufrieden, dass es diesen Schritt gegeben hat?
HAAS: Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Ich habe Hoffnung und bin schon gespannt was beim ersten Bericht im Sommer herauskommt. Aber grundsätzlich finde ich nach wie vor: Wenn das, was passiert ist, gesetzeskonform war, dann stimmt etwas mit den Gesetzen nicht. Der Trend, das Asylrecht immer weiter zu verschärfen, muss sich endlich umdrehen. Hier muss es menschlichere Gesetze geben, das Kindeswohl muss mehr vertreten sein und es muss mehr auf die Kinder geachtet werden.
Das heißt, Sie sind nicht nur dafür, dass bestehende Gesetze "kinderfreundlicher" ausgelegt werden, sondern Sie wollen, dass das Asylrecht geändert wird?
RIGBY: Ja. Nicht nur Kinder haben das Recht in Österreich zu leben, sondern jeder, der will.
HAAS: Ich glaube schon, dass es Überarbeitungsbedarf gibt. Und ich wünsche mir auch, dass diese Familien zurückgeholt werden. Dass sie abgeschoben wurden, war für mich eine vollkommen unmenschliche Entscheidung.
Gibt es Pläne für die kommenden Monate?
HAAS: Wir werden auf jeden Fall weitermachen. Wir wollen auch Berufsschulen ins Boot holen, weil Lehrlinge ja auch stark betroffen sind.
RIGBY: Hoffentlich bleibt die Thematik präsent.
HAAS: Und wenn nicht, dann sorgen wir dafür.
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