IVB-Busfahrer – Der aktuelle Zwischenstopp
On The Road – Unterwegs mit Mario U.

Mario U. hat in seinem Leben als Tourbus-Fahrer schon einiges gesehen. | Foto: IVB
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Von den Tiroler Bergen nach New Jersey und zurück: ein Busfahrer, der schon viel gesehen hat.

Wir treffen uns im Café Central in der Innsbrucker Innenstadt an seinem freien Tag um zehn Uhr am Vormittag. Als ich ankomme, ist Mario U., der Busfahrer, schon da – pünktlich auf die Minute. Ein großer Mann mit breiten Schultern, der so aussieht, als ob er sich gut wehren könnte, mit freundlichen Augen und offener Ausstrahlung. Als er über sein Leben als Tourbus-Fahrer in Europa, in den USA und in Kanada erzählt, merkt man ihm die Jahre in den Vereinigten Staaten ebenso an wie seine Herkunft. Der Großteil des Gesprächs ist im Tiroler Dialekt, doch vereinzelt fällt ihm das englische Wort schneller ein.

Mario U. aus Reutte will mit 16 raus in die weite Welt. Für ihn hieß das damals: nach Innsbruck. Dort arbeitet er im sogenannten „Bermuda-Dreieck“, vor einigen Jahren eine Ausgehmeile in der Innsbrucker Innenstadt. Bei welchem Lokal genau, will er lieber nicht verraten. Aber schnell wird klar: Mario U. war ein abenteuerlustiger junger Mann und keiner, der abends früh ins Bett ging. Und noch etwas kristallisiert sich im Gespräch heraus: die Leidenschaft für die Musik. Als Techniker arbeitet er überall rund um die Bühne und Instrumente. Am Würstelstandl vor dem Lokal knüpft er Kontakte, und das sehr erfolgreich: Dort lernt er nämlich seinen künftigen Chef kennen und bald schon fängt er bei „Beat the Street“ (mit Sitz in Fritzens) an – ein Fahrunternehmen, welches sich auf Musiker spezialisiert hat. Das Unternehmen bietet europäische Qualität und ist gerade deswegen auch jenseits des Ozeans sehr gefragt. Auf Sauberkeit und besten Service wird besonders viel Wert gelegt. Und so fährt Mario erst quer durch Europa alles, was musikalisch Rang und Namen hat, von Gig zu Gig. Schließlich fährt er auch in den USA und in Kanada.

Was auf Tour passiert, bleibt auf Tour

Wenn man mit einer Band auf Tour ist, dann ist man nie „nur der Busfahrer“. Man kümmert sich, man behält den Bus sauber und die Straße im Blick, man passt seinen Fahrstil den Musikern an, die ja mehr oder weniger im Bus leben während ihrer Tour. Die oberste Regel lautet: Was auf Tour passiert, bleibt auf Tour. Die Musiker wissen, dass sie ihrem Fahrer vertrauen können. Natürlich ist man neugierig und will wissen, wer was wann wo und mit wem gemacht hat, wer sein Hotelzimmer am schlimmsten zerstört, wer die meisten Drogen genommen hat. Doch da lässt Mario nicht mit sich reden: Was auf Tour passiert, bleibt auf Tour. Man merkt: Mario ist kein Angeber, kein Autogramm- oder Selfiejäger, er hält sich im Hintergrund. Für einen Tour-Busfahrer wahrlich ein gutes Zeichen. So viel verrät er: Die Musikszene hat sich verändert und früher war es wohl wirklich sehr abenteuerlich. Ob im Hotelzimmer oder im Bus, gefeiert wurde offenbar nicht wenig, vor allem bei den Rockbands der 90er. Heutzutage sei das anders, eine Ariana Grande verwüste kein Hotelzimmer, meint er. Langweilig wurde es bestimmt nie, das Leben in den Extremen, doch das muss man auch erst einmal verkraften können: Eines seiner schlimmsten Erlebnisse war, morgens im Hotelzimmer einen Musiker nur noch tot auffinden zu können. Überdosis.

Von den USA wieder nach Österreich

Über eine Million Meilen (eine Meile entspricht ca. 1,6 km) ist Mario in mehr als 30 verschiedenen Ländern gefahren – durch turbulente Städte und durch die Ruhe des Sonnenaufgangs um 6:00 Uhr früh auf den Straßen Nevadas. Seine Schilderungen lassen erahnen, dass zwischen dem schnellen, wilden Leben am Limit unendlich schöne Augenblicke in den Landschaften Nordamerikas liegen.

Das scheinbar grenzenlose Nevada. | Foto: pixabay
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Doch nicht wegen der Landschaften – nein , der Liebe wegen entschloss sich Mario U., in New Jersey zu bleiben, wo er bis vor kurzem noch mit seiner Frau und den Kindern gelebt hat. Doch die Coronakrise trifft die USA und die Veranstaltungsbranche hart. Die Zeiten sind unsicher. So zieht es ihn nach 20 Jahren zurück in die Heimat – zu den IVB. Ein ganz anderes Busfahren als bisher – fordernd, doch krisenbeständig. Mario U. ist froh, wieder hier zu sein. Tirol ist wunderschön, und doch merkt man, wie er noch immer ein bisschen zwischen den Stühlen sitzt: zwischen den USA und Tirol, zwischen einem Leben im ständigen Abenteuer und sicherer Ruhe. Die Staaten haben Mario U. verändert. Zwar ist er seiner Heimat Österreich nach wie vor verbunden, doch seine Sichtweise ist nun eine andere: Als er damals in die Staaten ging, so erzählt er, war er überzeugter FPÖ-Wähler. Erst das Zusammenleben mit den unterschiedlichsten Kulturen auf engem Raum hat ihm gezeigt, dass auch das funktionieren kann. Nationales Denken ist obsolet, sagt er, und andere auszugrenzen das Letzte – es braucht mehr Menschlichkeit, gerade in der heutigen Zeit. Viel herumgekommen ist der einstige Hirtenbub aus Reutte, der nun die Innsbrucker sicher ans Ziel bringt. Eine Bitte hätte Mario U.: Setzt im Bus die Masken auf.

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