Kernfrage 1918 im heutigen Burgenland: Ungarisch oder Deutsch?
Vor 100 Jahren entstand die erste breite Bewegung, sich von Ungarn zu lösen.
Herbst 1918. Der Erste Weltkrieg liegt in seinen letzten Zügen, die Donaumonarchie ebenfalls, die wirtschaftliche Lage ist prekär. Das mehrheitlich deutschsprachige Westungarn - das heutige Burgenland - ist noch immer Teil der ungarischen Reichshälfte. Aber die Bestrebungen, sich Deutsch-Österreich anzuschließen, werden unübersehbar.
In der Reichsratssitzung vom 21. Oktober fordern Abgeordnete erstmals die "Heimholung der deutschen Grenzbezirke Ungarns", da diese Teile der Komitate Eisenburg, Wieselburg, Ödenburg und Preßburg "Teil des geschlossenen deutschen Siedlungsgebiets" bilden.
Schulsprachenzwang fällt
Die ungarische Politik reagiert auf die Forderung der österreichischen Parteien nach einer Volksbstimmung ungehalten. Zumindest aber hebt sie das verhasste Apponyi'sche Schulgesetz auf, das einen Schuluntericht auf Deutsch ermöglicht. Bis dahin musste in den deutschsprachigen Schulen Westungarns Ungarisch als Unterrichtssprache verwendet werden.
Autonomie oder Anschluss?
Die Debatte um das Selbstbestimmungsrecht dreht sich im wesentlichen um zwei Varianten: um eine weitestgehende Autonomie der deutschen Gebiete innerhalb Ungarns oder um einen Anschluss an Österreich. Zweitere gewinnt rasant an Zulauf.
Der Bildung eines "Deutschen Volksrats für Westungarn" folgen lokale Gründungen in dutzenden Gemeinden. Laut "Grenzpost" vom 13. November sind darunter Dobersdorf, Oberbildein, Limbach, Rudersdorf, Deutsch Kaltenbrunn, Neustift, Neuberg, Zahling, Neuhaus, Mühlgraben, Rohr, Stegersbach, Güssing, Neusiedl, Olbendorf, Eltendorf und Poppendorf.
Der Einfluss Wollingers
Zu einer zentralen Figur im Süden hat sich der Heiligenkreuzer Mühlenbesitzer Karl Wollinger entwickelt. Der mitreißende Redner steht an der Spitze jener, die einen Anschluss ihrer Heimat an die Steiermark fordern. Am 4. Dezember arbeiten er und Vertraute aus der Umgebung in Eltendorf ein Programm aus, in dem sie die Anschlussforderung präzisieren.
In dem 1921 neu entstehenden Burgenland bleibt Wollinger bis zum Jahr 1941 in diversen Funktionen eine bestimmende Persönlichkeit in der regionalen Politik.
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