Junge Kärntner formieren sich in Wien

Philipp Kappler (22) vernetzt junge Kärntner in Wien, mit Geschäftsführerin Juliette Glas | Foto: KK
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KÄRNTEN, WIEN. Rund 5.000 junge Kärntner verlassen jedes Jahr das Bundesland, um auswärts zu studieren oder zu arbeiten. Einer von ihnen ist der ehemalige Schülervertreter Philipp Kappler (22). Der gebürtige Wolfsberger studiert Wirtschaftsrecht und Politikwissenschaft.
"Ich kann mir eine Rückkehr nach dem Studium vorstellen", sagt Kappler. "Das Land hat mir viel gegeben, mich geprägt." Vor allem: "Wenn ich einmal Kinder habe, will ich sie in Kärnten groß werden lassen." Der Grund liegt auf der Hand: die viel gerühmte Lebensqualität.
Wie sich die Sache mit den beruflichen Perspektiven entwickelt, kann Kappler noch nicht sagen. Sein Berufswunsch ist Jurist. Verschließen will er sich einer Rückkehr nach Kärnten keinesfalls. Bis es aber so weit ist, baut er in Wien ein Netzwerk auf. Im Oktober hat er "Junge Kärntner in Wien" gegründet. Mittlerweile zählt der Verein über 300 Mitglieder. "Es gibt hier keine Vernetzung", begründet er sein Engagement. Nun trifft man sich bei Stammtischen, tauscht Sichtweisen aus und erörtert Chancen, beruflich in Kärnten Fuß zu fassen.

Junge in Millstatt

Kappler: "Wir wollen ein zivilpolitischer Player sein – unabhängig von politischer Richtung." Einen Akzent setzt Kappler in einer Woche bei den ersten Millstätter Wirtschaftsgesprächen (siehe Interview unten). Als einer von zehn jungen Studiumsauswanderern nimmt er daran teil und will ein Wörtchen mitreden.
"In Kärnten muss es ein Bekenntnis geben – auch eines der Zivilgesellschaft", mahnt er. Man müsse eine Entscheidung treffen und diese konsequent verfolgen. "Kärnten kann nicht mehr Jahrzehnte lang nachdenken", ist Kappler überzeugt.
Worauf man sich in Kärnten konzentieren soll, will er nicht festlegen. "Bei Stammtischen sprechen wir über die beste Ausbildung für Profi-Sportler gleichermaßen wie Erneuerbare Energien." Entscheidend ist: "Wir müssen darin Weltmeister werden", fordert er. "Durchschnittlich sind wir bereits. Das ist zu wenig."

Mobilität als Schlüssel für Kärnten

Konkretere Vorstellungen hat Kappler für Infastruktur und Dienstleistung: "Mobilität braucht oberste Priorität", meint er. Damit könne man den Aplen-Adria-Raum aktiver nutzen und auch mehrmals die Woche nach Wien pendeln."
Einen Schlüssel sieht er auch in der Familienfreundlichkeit für Menschen, die nach Kärnten ziehen. "Es braucht Jobs für die Partner und Betreuung für die Kinder." Derzeit sei das noch ein Hindernis. Weitere Kritikpunkte: eingeschränktes Bildungsangebot und Dauer von Firmengründungen.
Am Jammern will er sich mit seinen Vereinskollegen nicht beteiligen. In den Millstätter Wirtschaftsgesprächen sieht er einen ersten Schritt. Weitere sollten folgen. Kapplers Ausblick: "Innerhalb von zehn Jahren muss es möglich sein, Kärnten neu zu positionieren."

Benger: "Junge in Politik einbinden"

Gegen Abwanderung: Junge sollen wieder nach Kärnten heimkehren. Landesrat Christian Benger im WOCHE-Interview:

WOCHE: Sie haben Jugend-Stipendien für die Millstätter Wirtschaftsgespräche ausgeschrieben. Das Motto lautet „Brain gain als Chance für Kärnten“. Warum ist Ihnen das Thema so wichtig?
BENGER: Wir müssen die Trendwende bei der Abwanderung von jungen aus Kärnten schaffen. Jedes Jahr verlassen fast 5.000 junge Menschen das Land. Zu viele, die auswärts studieren, kommen nicht wieder in ihre Heimat zurück. Als junger Kärntner nach Wien zu gehen bedeutet, dem eigenen Bekannten- und Freundeskreis zu folgen. Wir haben alles zu tun, um zu verhindern, dass junge Menschen überhaupt das Land verlassen und umgekehrt müssen wir dafür sorgen, dass junge Kärntner mit ihrem Wissen wieder nach Hause kommen und hier erfolgreich sind. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es nicht einfach ist. Aber ich bin das beste Beispiel dafür, dass es möglich ist!

Was erwarten Sie sich von der Teilnahme der jungen Kärntner?
Unsere Jugend ist die Zukunft Kärntens. Wenn wir über die wirtschaftspolitische Entwicklung im Land sprechen, das müssen wir diejenigen intensiv einbinden, deren Zukunft es betrifft. Wir müssen in Kärnten endlich mutig sein und unkonventionelle, neue Wege gehen. Nur das bringt uns weiter. Das erworbene Wissen unserer Jungen an anderen Studienstandorten und ihre Erfahrungen, wie es anderswo funktioniert, sind eine große Chance für die Weiterentwicklung unseres Landes. Ich freue mich auf ihren unkonventionellen Blick über den Tellerrand.

Was benötigen junge Menschen, um in Kärnten eine Perspektive zu sehen?
Vor allem brauchen es eine positive Aufbruchstimmung im Land. Kärnten muss für junge attraktiv sein. Die Rückkehr nach Kärnten ist erst dann eine Option, wenn die Rahmenbedingungen für eine berufliche Zukunft und ein sicheres Familienumfeld gegeben sind. Die hohe Lebensqualität ist schon jetzt ein großer Pluspunkt, auf den wir bauen können. Generell gilt aber: Je attraktiver der Wirtschaftsstandort und die Studienmöglichkeiten, umso weniger junge Menschen sehen sich gezwungen, Kärnten überhaupt zu verlassen. Eine Rahmenbedingung ist eine unternehmer- und gründerfreundliche Einstellung. Es muss alles schneller gehen, unsere Veraltung, unsere gesetzlichen Vorgaben lahmen.

Was kann man kurzfristig verändern, um gar eine Trendwende herbeizuführen?
Wir müssen darum kämpfen, dass der Draht von auswärts Studierenden in die Heimat nicht abreißt. Wenn die Jugend erst einmal aus Kärnten weg sind, baut sie sich schnell ein neues Leben am Studienort auf. Gerade in jungen Jahren ist noch vieles, was die Zukunft betrifft, im Fluss. Später dann wird es beruflich und familiär schwieriger, wieder zurück nach Kärnten zu kommen. Wenn der Bezug zur Heimat intensiv bleibt, haben wir eine Chance, dass Junge wieder mit dem auswärts erworbenen Wissen zurück nach Kärnten kommen. Darin steckt eine große Chance für unser Land. Sie dürfen ihre Wurzeln nicht vergessen, sie müssen einen Bezug zur Heimat behalten. Ein Schlüssel dafür sind Ehrenamt oder Volkskultur!

Welche Maßnahmen planen Sie, um den Brain Drain aus Kärnten zu stoppen?
Wir müssen die Wirtschaft beflügeln und das Land zukunftsfit zu machen. Dazu gehört, dass wir der nächsten Generationen den Schuldenrucksack des Landes von den Schultern nehmen. Landesschulden sind der größte Hemmschuh für eine wirtschaftliche Entwicklung. Nur ohne Landesschulden haben Junge eine Chance, in Kärnten ihre Zukunft aufzubauen. Die aktive Einbindung junger Köpfe in die wirtschaftspolitische Entwicklung unseres Landes ist eine weitere Maßnahme gegen den brain-drain. Wer mitreden kann, fühlt sich ernst genommen! Da werden wir gezielt weiter mit Stipendien erarbeiten. Ich werde bei der Tagung der Wirtschaftsreferenten aller Bundesländer, die nächste Woche in Kärnten stattfindet, das Thema einbringen. Alles für die Jugend, für einen Gründergeist, für neue Jobs, für einen attraktiven Wirtschaftsstandort im Alpe Adria Raum.

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