Leserbrief
Erdgasversprechen in Molln - viel heiße Luft von Medienprofis

Kommentar von Frida Kieninger als Reaktion auf den Leserbrief von Wilfried Seywald | Foto: BRS
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Reaktion auf den Leserbrief von ADX-Sprecher Wilfried Seywald von Frida Kieninger, Director of EU Affairs (Food & Water Action Europe)

Gerade haben sich bei der Weltklimakonferenz die Staaten darauf geeinigt, dass es keine Zukunft für fossile Brennstoffe gibt - zurecht. Die EU ist mit der Forderung nach einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nach Dubai gefahren. (1) Das Ende von Gas, Öl und Kohle ist nicht mehr wegzureden, und das hat Auswirkungen auf neue Gasfördervorhaben wie die in Molln in Oberösterreich.

Im Weiteren gehe ich auf die Aussagen von Herrn Seywald von der PR Firma Temmel und Seywald, ein, der auch als Sprecher der fossilen Gasfirma ADX fungiert. Es scheint nur eine der vielen “Kommunikationsstrategien” von Herrn Seywald zu sein, seine GegnerInnen hinter rhetorische “Gänsefüßchen”-Gitterstäbe zu stecken, und mich zb. von der Gas Expertin zur ‘Expertin” zu degradieren. Mehr zu seinen Anpatz-Strategien zb. auf meinbezirk.at (2)

Von all diesem verbalen Zähnefletschen und der aufgeregten Schmutzkübelkampagne gegen Natur- und KlimaschützerInnen dürfen wir uns nicht davon ablenken lassen, dass ADX dieser Tage wertvollen Naturraum in Österreich dem Profit durch fossile Brennstoffe opfert.

Zu behaupten, dass an dem Gebiet, in dem in diesen Tagen die Maschinen angerückt sind und den Grundstein für zerstörerische Probebohrungen gelegt haben, “hier aber garantiert gar nichts” einzigartig ist, widerspricht direkt der Expertise des Wissenschaftlers des Jahres 2022, Franz Essl, der “unvermeidbare negative Auswirkungen auf hochgefährdete Arten und Lebensräume” durch die Probebohrung sieht. (3) Wenn ein “Medienprofi’, bezahlt von der fossilen Brennstoffindustrie, der Wissenschaft widerspricht, kann man sich denken wie unabhängig bzw objektiv diese “Meinung” ist.

Tatsächlich ist Österreich großteils von ausländischem Gas abhängig, das ist auch schon seit über einem halben Jahrhundert so. Die EU als Ganzes importiert heute 97% ihres Gasverbrauchs (4), das sind keine Neuigkeiten. Und auf die Probleme mit diesen Abhängigkeiten von den USA, Russland, Azerbaijan, Algerien, Nigeria gehe ich in meiner Arbeit seit Jahren detailliert ein. Ich lade Herrn Seywald ein, hierzu doch bitte meine Artikel und Berichte auf unserer Website zu lesen(5).

Ich möchte dennoch darauf pochen, dass Gasversprechen aus Molln keine Lösung sind:

Erstens bezweifelt selbst eine Studie, an der die ADX mitbeteiligt ist(!), dass sich in Molln überhaupt Gas finden wird, “was ein finanzielles Risiko für zukünftige Explorations- und Produktionsaktivitäten des kommerziellen Partners darstellt.” (6)
Außerdem blenden die von Herrn Seywald großgeredeten Gasmengen und gleichzeitig kleingeredeten Umweltauswirkungen aus, dass, um die höchst optimistisch angenommenenen Gasvolumen zu fördern, zwanzig, wenn nicht dreissig Bohrtürme aufgestellt werden müssten. Und Straßen, um diese zu erreichen. Dazu kommen Gaspipelines, die weitere Zerstörung von Wald, Wiese und Lebensraum bedeuten. Warum wird dies nicht erwähnt?
All das, falls also überhaupt fossiles Gas gefunden wird, braucht Jahre, und somit sind auch die von Herrn Seywald ins Spiel gebrachten “zusätzlichen Einnahmen” für die Republik Österreich eine spekulative Annahme, um die Bohrpläne attraktiv erscheinen zu lassen. Ein transparentes Vorrechnen oder zumindest ein Referenzieren dieser so vielversprechenden Zahlen wird erbeten.

Was außerdem dabei nicht erwähnt wird, ist der Wert der Natur.

Ja, heute, 2023, brauchen wir Erdgas noch. Durch die vielen Schäden, die es weltweit verursacht - Aufheizen des Weltklimas, Trinkwasserverschmutzung, Erdbeben, Umweltzerstörung, Luftverschmutzung, Krankheiten, die die Gasförderung mit sich bringt - gibt es durchaus Parallelen mit den Kurz- und Langzeitschäden mancher harten Drogen. Auch wenn es schwer ist aufzuhören: Es gibt Lösungen und es gibt saubere Wege aus der Gasabhängigkeit. Diese sind machbar und unvermeidbar, wenn wir unsere Zukunft und den Planeten schützen und nicht opfern wollen. Dass sich die Gasnachfrage in Österreich und Europa schon markant verringert hat in den letzten Jahren, habe ich ja in meinem ersten Brief schon erwähnt.

Ich fordere Herrn Seywald auf, zusätzlich zu fachlichen Unwahrheiten auch keine persönlichen Unwahrheiten zu verbreiten. Food & Water Action Europe ist kein EU Subventionsempfänger. Diese Behauptung, die Sie auch gegenüber den anderen “Bohrgegnern” ins Feld bringen (7), ist schlicht falsch. Ich ersuche Sie hinkünftig um sorgfältigeres Recherchieren, um weitere falsche Schnellschüsse in Zukunft zu vermeiden. Dagegen ist klar bewiesen, dass die Gasindustrie allein in Europa mit milliardenschweren Subventionen bedacht wird (genauer 46 Milliarden € alleine im Jahr 2022 (8)). Allesamt Investitionen auf Kosten unseres Planeten und echter, sauberer Lösungen.

Ich lade Sie ein zu einer öffentlichen Auseinandersetzung, bei der wir gemeinsam Ihren Behauptungen und meinen Aussagen in transparenter, direkter Weise auf den Zahn fühlen können.

***
Bitte unterzeichen Sie die Petition gegen die Gasbohrungen hier: https://mein.aufstehn.at/petitions/kein-gas-aus-molln

(1) https://www.consilium.europa.eu/en/meetings/international-summit/2023/12/01-02/#:~:text=The%20Council%20stressed%20that%20global,their%20consumption%20in%20this%20decade

(2) https://www.meinbezirk.at/kirchdorf/c-gedanken/gas-bohrung-in-molln-medien-profi-muesste-man-sein_a6420002

(3) https://www.krone.at/3130733

(4) https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/qanda_22_1512

(5) www.foodandwatereurope.org

(6) https://projekte.ffg.at/projekt/4814758/pdf

(7) https://www.tsp.at/agentur/news/artikel/article/bohrgegner-in-molln-verursachen-schaeden-in-millionenhoehe.html

(8) https://www.eea.europa.eu/en/analysis/indicators/fossil-fuel-subsidies#:~:text=Fossil%20fuel%20subsidies%20remained%20relatively,and%20Russia's%20invasion%20of%20Ukraine

***
Frida Kieninger
(she / her)
Director of EU Affairs
Food & Water Action Europe, a program of Food & Water Watch

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