An Gegenwart und Zukunft teilhaben - trotz Demenz

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MICHELDORF (str). „Es ist wichtig, dass Menschen, die sich Sorgen um Ihre Gedächtnisleistung machen, dies auch professionell abklären lassen“, sagt Roland Sperling, Leiter der Demenzberatungsstelle Micheldorf. Wer sich Sorgen um seine Gedächtnisleistungen macht, der sollte sich telefonisch bei der MAS Alzheimerhilfe melden. Durch das Pilotprojekt "Integrierte Versorgung Demenz" sind Gedächtnischecks und auch das Training der Alzheimerhilfe Micheldorf kostenlos.

"Wieso sollte ich zum Gedächtnischeck gehen?"
"Demenz ist bis heute nicht heilbar. Aber wir können die Menschen so lange wie möglich in den guten Stadien halten. Die Zeit in den guten Stadien verlängern und die späten verkürzen. Die Lebenserwartung können wir ja sowieso nicht verlängern", sagt MAS Trainerin Carmen Viereckl. Aus der Erfahrung wissen sie und andere Trainerinnen, dass Menschen, die schon länger am Training teilhaben auch in höheren Stadien die Übungen um ein Vielfaches besser beherrschen. - Was die Sinnhaftigkeit eines regelmäßigen Trainings belegt.
Es darf auch nicht vergessen werden, dass nicht jede Vergesslichkeit Alzheimer sein muss. Beispielsweise melden sich viele Menschen mit einem diagnostizierten Burnout bei der Alzheimerhilfe. „Es gibt viele andere Möglichkeiten, die die Gedächtnisleistung beeinflussen, wie Depression, Stress, Stoffwechselprobleme, Hormonstörungen,...", erzählt Roland Sperling. Deshalb schicken die Mitarbeiter der Alzheimerhilfe auch oft zur neurologischen Untersuchung um physischen Gründe für die verminderte Gedächtnisleistung herauszufinden, die dann in weiterer Folge behandelt werden können. "Durch das IVD-Projekt haben wir auch eine Neurologin, zu der wir unsere Kunden zur Abklärung schicken. Das geht dann viel schneller und auch einfacher", erzählt er weiter.

Hohe Qualität durch stadiengerechtes Training
Die MAS Alzheimerhilfe orientiert sich am Stadiensystem von Barry Reisberg. Er beschreibt sieben Stadien, wobei man erst ab Stadium vier von einer beginnenden Demenz spricht. Denn zuvor gibt es zwar einen Abbauprozess im Gehirn, der sich allerdings noch nicht in Symptomen äußert. Ab Stadium zwei merkt die Person selbst meist etwas. Ab Stufe drei fällt den Mitmenschen eine Veränderung auf. "Wir sind die einzigen in Oberösterreich, die wirklich nur TÜV zertifizierte Trainer einsetzen. Das ist uns ein großes Anliegen, weil wir wirklich stadiengerechtes Training anbieten möchten", stimmen MAS-Trainerin Michaela Bichler und Roland Sperling überein. "Es bringt ja nichts, wenn jemand in einer Gruppe ist, obwohl er schon in einem späteren Stadium ist. Er zieht sich dann immer mehr zurück und sagt irgendwann gar nichts mehr. Deshalb haben wir eben dieses stadiengerechte Training. Damit wir die Ressourcen - aber auch die Interessen! - der Menschen optimal verwalten und fördern können", führt Michaela Bichler, die seit zwölf Jahren MAS Trainerin ist, aus. Doch was bedeutet "stadiengerechtes Training" konkret? "Wenn ich einen Zettel mit Figuren, die sich überlappen, austeile, dann bespreche ich in den höheren Stadien nur, was sie erkennen können und was dargestellt ist. Will ich das Kurzzeitgedächtnis trainieren, dann haben sie kurz Zeit sich so viele Dinge davon zu merken wie sie können, das ist vor allem in den niedrigeren Stufen wichtig", erklärt Michaela Bichler.

Spaß steht immer im Zentrum
"Viele glauben auch, dass die Trainings wie Prüfungssituationen sind", weiß Michaela Bichler. "Das ist aber wirklich gar nicht der Fall. Wenn etwas keinen Spaß macht, dann merkt man es sich auch nicht und deshalb machen wir wirklich nur Sachen, die Spaß machen. Es ist auch absolut nicht so, dass wir auf Defizite hinweisen. - Im Gegenteil! Die Trainerinnen versuchen eher jede Antwort so hinzubiegen, dass sie richtig ist. Außerdem lernen die Menschen auch über ihre eigenen Schwächen oder einen Blödsinn, den sie gesagt haben, zu lachen. Die Trainerinnen sitzen selbst mit in der Runde. Die Übungen sind schaffbar gemacht und eben an das Ressourcenniveau angepasst."
Wie viel Spaß Gedächtnistraining macht zeigt sich ihrer Meinung nach besonders in den Altenheimen, in denen die MAS Alzheimerhilfe aufgrund des IVD-Projektes derzeit auch tätig ist. Denn dort hören die Leute das Lachen und kommen bei der Tür herein, bis kaum noch Sitzplätze zu ergattern sind.
Aber nicht nur Menschen mit verminderten Gedächtnisleistungen haben Freude an den Übungen. "Ich lasse auch gerne Materialien bei mir zuhause herumliegen. Meine Kinder machen sonst gar kein Gedächtnistraining. Wenn es aber dann am Esstisch liegt, dann können sie einfach nicht aufhören. Das wurmt sie dann so...", erzählt Michaela Bichler lachend. Die MAS Alzheimerhilfe ist auch in der Prophylaxe tätig. Ein reine Prophylaxegruppe gibt es derzeit im Bezirk allerdings nicht.

"Wir sind ziemlich flexibel"
"Wir sind aber ziemlich flexibel. Sobald die Nachfrage da ist können wir ab zwei/ drei Leuten eine neue Gruppe anfangen", versichert Roland Sperling. Die Gruppengröße variiert generell zwischen drei und acht Personen. Vor allem Prophylaxegruppen bis Stadium drei können auch größer sein. Je höher das Stadium, desto notwendiger wird eine enge Betreuung und die Teilnehmerzahlen pro Gruppe sinken. "Außerdem machen wir auch Einzeltrainings Zuhause. Vor allem eben, wenn die Mobilität bei den Betroffenen eingeschränkt ist. Das sind derzeit aber eher wenige", verweist Michaela Bichler.
Doch die MAS Alzheimerhilfe ist auch bei der Gestaltung der Trainingseinheiten flexibel. Der Irrglaube, dass die Alzheimerhilfe nur begleitet, ist nicht berechtigt. "Erst ab der siebten und letzten Stufe kann man sagen, dass es wirklich nur noch eine Begleitung ist. Da wird dann nur noch basale Stimulation gemacht. Gemeindechroniken und Gemeindezeitungen vorgelesen, Musik eingeschaltet,...", erzählt Michaela Bichler.
Jede andere Trainingseinheit setzt sich aus körperlichen Übungen, Gedächtnis- und Beschäftigungsaufgaben zusammen. Sudoku und Kreuzworträtsel sind zwar sinnvoll, trainieren aber auch immer nur einen Teil des Gehirnes. Die MAS Trainerinnen arbeiten ganzheitlicher. Sie setzen an allen drei großen Teilbereichen, die für das Funktionieren des menschlichen Erinnerungsvermögens unumgänglich sind, an: Den sensorischen Speicher, das Kurz- und das Langzeitgedächtnis.
Auch moderne Trainingsmittel, wie Tablet-Computer, werden in den Trainings verwendet. "Es geht uns auch darum nicht nur über die Vergangenheit zu sprechen, sondern die älteren Menschen genauso an Gegenwart und Zukunft teilhaben zu lassen", erzählt Michaela Bichler. "Spiele wie etwa Dalli-Klick werden sehr gut angenommen. Außerdem freuen sich die Teilnehmer darüber, dass sie das auch können. - Nicht nur die Jungen." Besonders gut ist die sofortige Rückmeldung durch die Geräte. Leider fehlt es derzeit noch an Geräten, sodass das Training mit einer ganzen Gruppe und den Tablets zwar geplant, aber noch nicht möglich ist.

Daten und Fakten
Seit 2008 fanden über 500 Testungen durch die MAS Alzheimerhilfe statt. Zwei Drittel der Getesteten waren weiblich. Über die Gründe dafür wollen auch die Experten nicht spekulieren. Als wahrscheinlich nennen sie einfach die höhere Lebenserwartung von Frauen. Die Hälfte der Getesteten besuchen heute auch das Training. Früher taten dies etwa nur ein Drittel.
Die MAS Alzheimerhilfe Micheldorf betreut derzeit 18 Gruppen, die teilweise auch außerhalb des Bezirkes Kirchdorf liegen. "Die jüngsten Teilnehmer sind 61, der älteste 92", weiß Roland Sperling. Insgesamt befinden sich etwa 110 Personen durch die Alzheimerhilfe im Gedächtnistraining. Alle MAS Trainerinnen sind als solche zertifiziert. Die Ausbildung findet zwei Mal im Jahr jeweils in Linz und Bad Ischl statt.

Gedächtnistraining zu Reinschnuppern

Weitere Gedächtnisübungen, die die Trainerinnen gerne anwenden, aber auch schon prophylaktisch herausfordern und zuhause in einer gemütlichen Runde auch Spaß machen:
- Nenne Länder (Städte, Namen,...) ohne "E"!

- Das Brückenwörterspiel, bei dem mehrere passende Wörter für beide Leerstellen gefunden werden sollen.
z.B.: Vorgegeben sind Haus- und -Stück (eine mögliche Lösung wäre HausMAUER und MAUERstück), Rot- und -Schalter (RotLICHT und LICHTschalter),...

- So viele Wörter wie möglich sollen in einem zusammengesetzten Wort gefunden werden.
z.B.: KINDERBEIHILFE (Kind, er, der, in, Ei,...),...

- Anagramme bilden (Buchstaben umstellen, wobei jeder nur einmal verwendet werden dürfen)
z.B.: SONNTAG (Ton, Gast, Sog,...), TURMSPITZE (ist, Rum,...),...

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