Jagdstatistik 2019/2020
"Beim Gamswild brennt es schon"
Alljährlich werden die von der Jägerschaft gemeldeten Abschüsse des Jagdjahres, das von 1. April bis 31. März des Folgejahres dauert, in einer Jagdstatistik veröffentlicht. Im abgelaufenen Jagdjahr wurden in OÖ insgesamt 86.274 Stück Schalenwild erlegt, darunter 78.384 Stück Rehwild, 3.870 Stück Rotwild, 2.230 Stück Schwarzwild und 1.665 Stück Gamswild. Im Bezirk Kirchdorf waren es 1.254 Stück Rotwild, 483 Gämsen und 6.860 Rehe.*
BEZIRK KIRCHDORF. "Kirchdorf ist einer der wenigen Bezirke mit sehr großer Artenvielfalt und somit beispielgebend für ganz Oberösterreich", informiert Bezirksjägermeister Franz Humpl aus Spital/Pyhrn. "Es ist interessant und wichtig, sich anzuschauen, warum sich etwas verändert. Im aktuellen Jagdjahr gibt es jedenfalls einige Auffälligkeiten."
Eine betrifft die Auer- und Birkhühner. Heuer gibt es bei uns so viele wie schon lange nicht mehr. "Ich hab geglaubt, ich seh’ nicht recht", freut sich Humpl. Er führt dies auf die Zeit der Covid19-Ausgangsbeschränkungen zurück, in der weniger Skifahrer unterwegs waren.
Was das Niederwild betrifft, gibt es im Bezirk wieder mehrere Rebhuhn-Populationen, nachdem es bei uns fast ausgestorben war. Auch die Bestände an Hasen und Fasanen haben sich dank spezieller Schutzprojekte erholt.
Eine starke Zunahme, die allerdings nicht erwünscht ist, gibt es beim Schwarzwild, sprich bei Wildschweinen. "Dann und wann gab es früher einmal ein Auftreten. In den vergangenen drei, vier Jahren hat das jedoch Formen angenommen, das ist ein Wahnsinn", klagt Franz Humpl. Die Tiere sind im ganzen Bezirk anzutreffen und können enorme Schäden anrichten. Aufgrund der Gefahr durch die afrikanische Schweinepest darf man bei der Jagd auf Schwarzwild Nachtsicht-Zielgeräte verwenden. "Ich bin dahinter, dass das Schwarzwild massiv bejagt wird. Man muss alle Mittel ausreizen, um es in Zaum zu halten." Allerdings sei er ein strikter Gegner sogenannter Kirrungen, mit denen die Tiere angelockt werden sollen. "Ich glaube, da erzielt man den gegenteiligen Effekt."
"Haben den Zenit erreicht"
Was die Abschusszahlen beim Rehwild betrifft, habe man den Zenit erreicht. Schalenwildarten wie etwa Rehe, Hirsche oder Gämsen unterliegen einer gesetzlichen Abschussplanung. Wieviel Wild in einem Jagdgebiet erlegt werden muss, hängt mit dem Zustand der Vegetation zusammen. Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner aus Molln schildert: „Die Jägerschaft ist gesetzlich dazu verpflichtet, diese Mindestpläne zur Regulation in der Natur, aber auch zur Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes einzuhalten. Jedes erlegte Tier muss daher gezählt und auch gemeldet werden.“ Franz Humpl ergänzt: "Wir sind wieder auf dem Weg hin zu einem guten Wald-Wildverhältnis." Derzeit wird ein Fütterungskonzept für Rot- und Rehwild erarbeitet. Humpl ist ein Verfechter artgerechten Fütterns, weil die Tiere den Wald dadurch weniger verbeißen. Zu dem Thema hat uns auch ein Leserbrief erreicht.
Sorgenfalten treiben dem Bezirksjägermeister die Entwicklungen beim Rot- und Gamswild auf die Stirn. Das Rotwild wird kontinuierlich mehr und ist mittlerweile in Gebieten zu finden, wo es eigentlich nicht hingehört. Das trifft auch auf das Gamswild zu, das jedoch im Gegensatz zu den Hirschen rückläufig ist. Durch den veränderten Lebensraum geraten die Gämsen zunehmend in Stress oder verbeißen den Wirtschaftswald. Die hohe Kitzsterblichkeit ist laut Humpl dramatisch. "Es brennt schon", unterstreicht er.
Raumplanung gefordert
In die Verantwortung nimmt er unter anderem die große Zahl an Freizeitnutzern, die das Wild verdrängen. Die Jägerschaft spricht sich daher für eine ökologische Raumplanung aus. Herbert Sieghartsleitner sagt dazu: „Die Natur wird nicht mehr, aber es gibt mehr Nutzer. Das spüren besonders die Wildtiere. Konkret wird es nicht ohne die Verordnung von Ruhezonen gehen. Diese gelten dann auch für die Jagd. Unter Einbindung aller beteiligter Gruppen muss es letztlich um ein Ziel gehen: Das Verständnis zu wecken, dass die Natur nicht übermäßig beansprucht werden kann.“
Fallwildverluste angestiegen
„Als Fallwild bezeichnet man Wild, das nicht durch einen Schuss erlegt wurde. Dieses muss jedoch ebenfalls gemeldet werden. Es ist genussuntauglich und muss ordnungsgemäß entsorgt werden. Es wird in den Statistiken mitgezählt, aber – bspw. bei Schalenwild – nicht auf den Abschussplan angerechnet“, so LJM Herbert Sieghartsleitner.
Allein dem Straßenverkehr fielen im vergangen Jagdjahr 15.107 Wildtiere zum Opfer, überwiegend Rehwild (7.665), Hasen (5.441) und Fasane (1.224). Die OÖ Jägerschaft versucht seit 2003 in Kooperation mit Land OÖ und einigen Versicherungsunternehmen mit einem Wildschutzprojekt entgegen zu wirken. Mittlerweile wurden bereits mehr als 500 Straßenkilometer mit akustischen und optischen Wildwarngeräten ausgestattet, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. "Die Situation hat sich dadurch massiv gebessert", bestätigt Franz Humpl die Wirksamkeit dieser Maßnahmen.
Achtung Wildwechsel!
Der Verkehrsclub ARBÖ warnt dieser Tage ebenso vor vermehrtem Wildwechsel, besonders in der Dämmerung. Oberstes Gebot für Autofahrer: Tempo reduzieren sowie vorausschauend und bremsbereit fahren. Sieht man die Tiere rechtzeitig, dann mehrmals kurz hupen. Bei einer Kollision muss die Polizei verständigt werden. "Wer das verabsäumt, macht sich strafbar und bekommt keinen Schadenersatz durch die Versicherung", unterstreicht ARBÖ-Landesgeschäftsführer Thomas Harruk. Die Polizei kontaktiert den zuständigen Jagdaufseher. Getötetes oder verletztes Wild darf nicht mitgenommen werden, auch nicht zum Tierarzt. Dadurch würde man sich der Wilderei strafbar machen.
* Bezirkszahlen inklusive Fallwild
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