Alkoholberatung Kirchdorf
Oft reicht es, nur ein kleines Rädchen zu verändern

Katharina Hoffmann und Armin Hickl beraten kostenlos, auf Wunsch anonym – und der Humor kommt dabei auch nicht zu kurz. | Foto: Weymayer
  • Katharina Hoffmann und Armin Hickl beraten kostenlos, auf Wunsch anonym – und der Humor kommt dabei auch nicht zu kurz.
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Keine Feiertage ohne Punsch, Glühwein und Bowle! Für manche ist das aber eine enorme Herausforderung. Warum das so ist, erklären Katharina Hoffmann und Armin Hickl von der Alkoholberatung in Kirchdorf.

Inwiefern haben es die Feiertage in sich?
Hoffmann: Die Zeit rund um Weihnachten ist sehr emotional und mit einer riesigen Erwartungshaltung verbunden. Jeder glaubt, Weihnachten muss heilig und strahlend sein. Das geht sich halt oft nicht aus, irgendwas kommt meistens dazwischen. Für so manchen ist der Alkohol ein Rettungsanker. Wenn man sich nicht gut fühlt und man trinkt ein bisserl was, ist es gleich leichter.

"Ein bisserl was" wird nicht das Problem sein, oder?
Hickl: Nein, und wir verteufeln den Alkohol an sich auch nicht. Er ist in der Gesellschaft allgegenwärtig, man kann sich dem Thema nicht entziehen. Solange man weiß, was man tut, und gleichzeitig auch andere Strategien hat, wie man mit so einer Situation umgehen kann, ist das ja auch okay.
Hoffmann: Man darf vorhandene Muster aber auch einmal aufbrechen. Punsch könnte man zum Beispiel mit Apfelsaft machen. Daran denken die wenigsten. Gesamtgesellschaftlich müsste es überhaupt einen anderen Umgang mit Alkohol geben. Man kann sich gar nicht nicht mit Alkohol beschäftigen. Das fängt schon bei den Kindern an, die schon früh mitbekommen, wie Mama und Papa damit umgehen. Eltern müssen sich dessen bewusst sein, dass sie Verantwortung haben.
Hickl: Präventionsprogramme in Schulen usw. sind sehr wichtig, wenn es darum geht, den richtigen Umgang mit Alkohol zu lernen. Im Vorfeld kann man wahnsinnig viel abfangen.

Ab wann wird der Alkoholkonsum zuviel?
Hoffmann/Hickl: Das ist für jeden anders. "Der Mann darf soviel trinken, die Frau soviel" – das ist für uns nicht schlagend. Für uns zählt eher: Wie ist das Gefühl für einen selbst, passt es für einen selbst noch? Das Beste, was uns passieren kann, ist, dass die Leute selbst erkennen, dass der Alkohol zu einer Strategie geworden ist.

Wie merkt man, dass man abhängig ist?
Hoffmann: Wie schnell jemand abhängig wird, ist unterschiedlich. Bei manchen geht das innerhalb von Monaten, bei manchen dauert es Jahre. Ein klares Zeichen ist der Kontrollverlust – wenn es nicht mehr darum geht, ob ich das nächste Glas trinken will, sondern wenn ich ein Verlangen danach habe. Wenn man immer mehr braucht, um dieselbe Wirkung zu erzielen.
Hickl: Auch, wenn sich Entzugserscheinungen wie Zittern, Schwitzen, innere Unruhe oder ähnliches einstellen, was sich aber bei jedem anders äußert. Wenn jemand seine Sozialkontakte reduziert und der Alkohol alle anderen Interessen in den Hintergrund drängt. Dann wird meistens auch das Umfeld nervös. Wichtig ist jedenfalls herauszufinden, ob jemand schon erkrankt ist oder nicht. Alkoholabhängigkeit ist eine anerkannte Erkrankung. Sie kann behandelt werden. Das festzustellen, kann den Betroffenen helfen, anders damit umzugehen.
Hoffmann: Oft heißt es: "Trinkst halt weniger! Warum schaffst du denn das nicht?" Es wird oft als Schwäche abgetan, wenn man sich dem nicht entgegenstellen kann. Aber das ist nicht so einfach, da es sich um eine Krankheit handelt.

Wer kommt denn zu Ihnen in die Beratung?
Hoffmann/Hickl: "Den" Alkoholiker gibt es nicht. Wir erleben eine große Bandbreite: jedes Alter, jede Berufsgruppe, Frauen und Männer. Niemand ist davor gefeit. Wir beraten sowohl Menschen, die etwas an ihrem Alkoholkonsum verändern wollen, als auch Angehörige und andere interessierte Personen wie etwa Lehrer.

Hat die Corona-Pandemie zu einem höheren Beratungsbedarf geführt?
Hickl/Hoffmann: Das dauert immer ein wenig. Nach der ersten Welle kamen viele Angehörige, das fiel in allen Bezirken auf. Sie sind die ersten, die etwas merken. Dadurch, dass viele Menschen daheim waren, ist auch viel mehr aufgefallen. Innerfamiliäre Konflikte sind gestiegen.

Sagen die Leute offen, dass Sie ein Problem haben?
Hoffmann: Ja. Die meisten kommen freiwillig, weil sie merken, es passt nicht mehr, es gibt schon Konflikte daheim, es entsteht Druck. Sie wollen etwas tun. Veränderung kann man ohnehin nur mit Hilfe von Eigenmotivation anstoßen. Wenn ich ein Verhalten nicht verändern will, dann wird sich nichts ändern. Da können wir noch so nett erklären, dass es auch anders ginge. Es gibt allerdings auch gerichtliche Auflagen oder Empfehlungen der Amtsärztin, warum jemand zu uns kommt – etwa, wenn man den Führerschein verloren hat.
Hickl: Es geht darum zu erkennen: Was will ich – unabhängig davon, was andere von mir wollen. Wenn jemand nicht abstinent sein will, hat es wenig Sinn, dass wir in diese Richtung arbeiten. Manche Leute wollen einen "vernünftigen" Konsum schaffen und ein Maß finden, mit dem sie umgehen können. Oft reicht es schon, an einem kleinen Rädchen zu drehen, um das System zu verändern. Wir fragen: Welche Veränderung kannst du dir vorstellen und was willst du verändern? Das darf auch ergebnisoffen sein.

Was erwartet die Menschen, wenn sie zur Beratungsstelle kommen?
Hoffmann/Hickl: Ein offenes Gespräch auf Augenhöhe. Wir moralisieren und bewerten nicht. Wir sagen nicht, was richtig und falsch ist, sondern zeigen mögliche Wege und Strategien. Es geht uns nicht darum, auf Schwierigkeiten herumzureiten, sondern Lösungen zu finden. Oft sitzt man vor einer Wand und merkt nicht, dass das eigentlich eine Tür ist. Die Leute sollen mit einer Idee für sich selbst bei uns hinausgehen, egal wie die ausschaut. Wir lassen uns viel erzählen. Bei uns hat nicht nur der Alkohol Platz, sondern die gesamten Lebensumstände. Unser Vorteil ist, dass wir relativ neutral auf die Dinge schauen können. Wir sind nicht in dem jeweiligen Familiensystem involviert, wo sich viele Themen vermischen. Und: Humor ist für uns auch wichtig. Das Thema Alkohol ist nicht nur schwer. Mit Humor ist vieles möglich. Das kann eine Leichtigkeit hineinbringen, auch wenn es nur für den Moment ist.

Wann finden die Beratungstermine statt?
Hoffmann/Hickl: Termine werden grundsätzlich individuell vereinbart. Für Berufstätige bieten wir zum Beispiel abends Termine an oder in der Früh. Da sind wir sehr flexibel. Übrigens muss man nicht persönlich zu uns herkommen, wir machen auch Telefon- oder Mailberatung. Das ist genauso okay. Die Beratung ist jedenfalls kostenlos und auf Wunsch anonym.

Alkoholberatungsstelle

im Erdgeschoß der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf
Katharina Hoffmann: Tel. 0664/60072 89089, katharina.hoffmann@ooe.gv.at
Armin Hickl: Tel. 0664/60072 89235, armin.hickl@ooe.gv.at
Termine nach Vereinbarung

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