Neues Jagdgesetz
Wald und Wild in Einklang bringen

LK-OÖ-Präsident Franz Waldenberger, Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger und Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner (von links) prüfen ein letztes Mal den 150-Seiten umfassenden Begutachtungsentwurf.  | Foto: Land OÖ/Leonie Gruber
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  • LK-OÖ-Präsident Franz Waldenberger, Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger und Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner (von links) prüfen ein letztes Mal den 150-Seiten umfassenden Begutachtungsentwurf.
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Der Klimawandel hat Folgen für Baumarten und Wildtiere. Ein neues Jagdgesetz zollt den Veränderungen Tribut.

BEZIRK KIRCHDORF. BEZIRK. Im Oktober fand in Kirchdorf die alljährliche Rehtrophäenschau statt. Mehr als 2.200 Trophäen wurden dabei begutachtet. "Es geht dabei nicht um das Herzeigen besonders ausgefallener Trophäen", erklärt Bezirksjägermeister Franz Humpl den Sinn dieser Veranstaltung. Jäger sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Trophäen vorzulegen. "Man sieht daran, wie es den Tieren geht und wie wir im Revier arbeiten. Wichtig ist ein gesundes Wald-Wild-Verhältnis."

Auf diese Balance legt auch das oö. Jagdgesetz Wert. Der Text aus dem Jahr 1964 wurde überarbeitet, die modernisierte Fassung soll ab 1. April 2024 gelten. „Das Oö. Jagdgesetz ist sowohl für die Jagdrechtsinhaber (Grundeigentümer) als auch für die Jägerinnen und Jäger, also die Jagdausübungsberechtigten, unseres Bundeslandes von großer Bedeutung und eine zeitgemäße und aktuelle Rechtsmaterie für die vielen Aufgaben, die sie haben. Auch die Allgemeinheit profitiert von einem modernen Jagdgesetz, sei es bei der Artenvielfalt oder der Gesundheit der Wildbestände, die die Hegemaßnahmen der Jäger garantieren", informiert Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner aus Molln. Einfach sei es aber nicht gewesen einen Kompromiss zu finden. "Das neue Jagdgesetz ist kein Erfolg für die Jagd, aber ein lebbarer Kompromiss", weist Sieghartsleitner auf zähe Verhandlungen hin. 

"Überarbeitung längst überfällig"

Im Laufe von fast 60 Jahren haben sich jedoch maßgebliche Veränderungen ergeben, nicht zuletzt durch den Klimawandel. Dass die Überarbeitung längst überfällig ist, bestätigt Agrar- und Jagd-Landesrätin Michaela Langer-Weninger: "Regelungen sind veraltet, Verfahren unnötig langwierig und Deregulierungen erforderlich. Eine Generalüberholung im Sinne einer Neuerlassung ist unumgänglich." Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Oberösterreich hat sie Paragraph für Paragraph einer Prüfung unterzogen, Mängel behoben und Änderungen formuliert.

"Der erzielte Kompromiss trägt den Interessen der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer in der Land- und Forstwirtschaft gezielt Rechnung und anerkennt die unverzichtbaren Leistungen der oö. Jägerschaft in der notwendigen Regulierung des Wildbestandes. Zudem wird damit auf die in der Natur stark veränderten Rahmenbedingungen im Zuge des Klimawandels reagiert."
Franz Waldenberger, Präsident LK Oberösterreich

OÖ-Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger fügt hinzu: "Der erzielte Kompromiss trägt den Interessen der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer in der Land- und Forstwirtschaft gezielt Rechnung und anerkennt die unverzichtbaren Leistungen der oö. Jägerschaft in der notwendigen Regulierung des Wildbestandes. Zudem wird damit auf die in der Natur stark veränderten Rahmenbedingungen im Zuge des Klimawandels reagiert. Damit kann die notwendige und konstruktive Allianz von Bäuerinnen und Bauern sowie Jägerinnen und Jägern auch für die Zukunft in verantwortungsbewusster Weise sichergestellt werden."

"Es braucht anderes Wildtiermanagement"

Nach den Borkenkäferkalamitäten, Windwürfen und anderen schweren Waldschäden, die letztlich auf den Klimawandel zurückzuführen sind, waren in den Vorjahren zahlreiche Aufforstungen notwendig. „Damit die jungen Bäumchen nun aufkommen, braucht es ein anderes Wildtiermanagement als noch vor zehn oder 15 Jahren. Die heutigen Aufforstungsflächen sind wesentlich sensibler als der ‚alte‘ Baumbestand der 2000er Jahre“, betont Langer-Weninger. Man habe große Summen in den Aufbau und die Pflege des klimafitten Waldes von morgen investiert.

„2,5 Millionen Jungbäume sind 2021 und 2022 in Oberösterreich durch die Waldbäuerinnen und -bauern gesetzt worden. Nun gilt es Sorge zu tragen, dass dieser Wald der Zukunft auch heranwächst."
Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger

Alleine in den vergangenen zwei Jahren seien es knapp 9 Millionen Euro gewesen, informiert die Landesrätin. „2,5 Millionen Jungbäume sind 2021 und 2022 in Oberösterreich durch die Waldbäuerinnen und -bauern gesetzt worden. Nun gilt es Sorge zu tragen, dass dieser Wald der Zukunft, bestehend aus Douglasien, Buchen, Eichen, Lärchen, Fichten und Tannen auch heranwächst. Naturgemäß liegt das Aufkommen und Heranwachsen von gesunden Bäumen und damit wertvollem Stammholz im besonderen Interesse der Waldbäuerinnen und -bauern. Es ist aber mit Hinblick auf Bauen, Heizen, Hege und Lebensraum von Bedeutung für uns alle.“

Prämisse "Wald vor Wild"

Grundsätzlich werde mehr auf die Prämisse "Wald vor Wild" Wert gelegt, informiert auch Franz Humpl. "Im südlichen Bereich des Bezirks haben wir viel Schutzwald, überall in der Region gibt es Borkenkäferbefall. Durch den Klimawandel ändern sich die Baumarten, wir müssen den Wildstand anpassen. Die Abschussplanverordnung nimmt darauf Rücksicht." Die Bewertungskriterien werden adaptiert, somit steigen in einigen Gebieten die Abschussvorgaben. "Aktuell müssen wir im Bezirk gut 6.200 Stück Rehwild erlegen", so Humpl. Das werden künftig um einige hundert mehr sein. Was hier ausverhandelt wurde, räumt er ein, war "sicher kein Wunsch des Landjagverbandes." Dazu Franz Waldenberger: „Wir brauchen einen Wald, in dem sich die Tanne und das typische Laubholz ohne Flächenschutz etablieren können. Das muss das Ziel der Abschussplanverordnung sein. Der Klimawandel ist der Grund dafür, dass unsere Wälder weitreichend umgebaut werden müssen. Wenn wir für die zukünftigen Generationen klimafitte Waldbestände erhalten wollen, müssen wir jetzt mit einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Jagd und Waldeigentümern die Grundlagen schaffen."

Rehwild füttern keine Pflicht mehr

Eine Änderung im neuen Gesetz betrifft das Füttern des Rehwilds, die Verpflichtung dazu entfällt. Humpl schildert: "Für mich ist klar, dass das Füttern zwischen Mitte September und Anfang Mai nicht mehr überall notwendig ist. Im nördlichen Teil des Bezirks finden die Rehe fast den ganzen Winter über Nahrung vor." Im südlichen Teil des Bezirks wird man allerdings um die artgerechte Fütterung weiterhin nicht ganz herumkommen, weil man damit auch Verbissschäden entgegenwirkt.

Fair-Play-Regeln einhalten

Geht es nach dem Bezirksjägermeister, hätte er gern Ruhezonen für die Tiere im Gesetz wiedergefunden. "Darum arbeiten wir am Projekt `In unserer Natur´. Ich hoffe, dass es das ganze Jahr hindurch mit allen Möglichkeiten, vom Tourismus bis zur Freizeitnutzung, umgesetzt wird." Auch Michaela Langer-Weninger räumt - neben der Regulierung des Wilds – der Besucherlenkung und der Bewusstseinsbildung für gewisse Fair-Play-Regeln im Wald große Bedeutung ein. Die Initiative "In unserer Natur" sensibilisiert für richtiges Verhalten im Wald und versucht Besucherströme bestmöglich zu lenken.“ Im Rahmen dieser Initiative bekennen sich 13 Partner dazu, die Natur gemeinsam nachhaltig zu erhalten, Näheres auf in-unserer-natur.at

Bezirksjägermeister Franz Humpl aus Spital am Pyhrn appelliert dieser Tage auch an die Vernunft der Autofahrer, um Wildunfälle zu vermeiden. | Foto: Großhagauer
  • Bezirksjägermeister Franz Humpl aus Spital am Pyhrn appelliert dieser Tage auch an die Vernunft der Autofahrer, um Wildunfälle zu vermeiden.
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Wildunfälle: Appell zu mehr Vorsicht

Nicht nur das neue Jagdgesetz (weitere Informationen zu den wesentlichen Änderungen siehe unten) ist in diesen Tagen ein Thema – der Herbst bringt auch Wildunfälle mit sich. "Ich habe den Eindruck, dass heuer wieder mehr passiert als in den Jahren zuvor", stellt Franz Humpl fest. Immer wieder kommt es beispielsweise am Pyhrnpass, auf der Umfahrung bei Windischgarsten oder auf der B138 im Bereich Schlierbach-Wartberg zu Kollisionen. Wildwarngeräte sollen gefährliche Abschnitte sicherer machen, laufend kommen neue dazu. Unfälle gänzlich verhindern können sie aber nicht. "Viele Autofahrer sind einfach zu schnell unterwegs", sagt Humpl und appelliert: "Wenn doch etwas passiert, bitte den Unfall sofort bei der Polizei melden und das Tier niemals mitnehmen!"

Wesentliche Neuerungen im Jagdgesetz:

• Der Gesetzestext wird zeitgemäß und modern formuliert. Zudem werden Bestimmungen basierend auf der Vollzugspraxis klargestellt und angepasst
• Es werden weitgreifende Deregulierungsschritte gesetzt, wodurch der Verwaltungsaufwand für die Bezirksverwaltungsbehörden wesentlich verringert werden soll. Die Prüfung der Jagdpachtverträge etwa wird durch die Erstellung eines Musterpachtvertrags (Verordnung) samt einem Katalog an rechtlich geprüften Zusatzvereinbarungen vereinheitlicht. Der Prüfungsaufwand der Behörden kann so auf ein Minimum (um ca. 95 %) gesenkt werden
• Erweiterung des Jagdgenossen-Kreises auf alle Eigentümer/innen von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken
• Abgehen von der Verpflichtung zur Verpachtung durch Einräumung der Möglichkeit der Bestellung einer Verwalterin bzw. eines Verwalters
• Mitwirkung der Gemeinde bei der Erstellung des Verteilungsplans sowie Möglichkeit das Pachtentgelt durch Gemeinden auszuzahlen
• Verbot der Jagdausübung unter 18 Jahren ohne Begleitung einer volljährigen und entsprechend legitimierten Begleitperson
• Änderungen hinsichtlich der Ausstellung von Jagdgastkarten. Nachweis einer jagdlichen Legitimation ist nunmehr jedenfalls erforderlich
• Klare Regelung der örtlichen Zuständigkeit für Jagdkartenentzüge und Festlegung einer Mindestentzugsdauer bei Schonzeitenverletzungen, wenn besonders geschützte Arten betroffen sind (Wildtierkriminalität). Sofortige Abgabepflicht der Jagdkarte nach Zustellung des Entzugsbescheids
• Schaffung einer Möglichkeit, Wild welches in eine geschützte Kulturfläche eingedrungen ist und dort Schäden verursacht, unabhängig von der Schonzeit zu erlegen um weitere Schäden zu verhindern
• Schaffung einer Möglichkeit der Behörde im Wege der Ersatzvornahme fehlende Abschüsse (Unterschreitung der Abschussplanzahlen) im Schutzwald zu veranlassen
• Überfliegungsverbot mit Drohnen bei Hinweis auf die Ruhezone
• Verbot der Auswilderung invasiver Arten und Verpflichtung der Jägerinnen bzw. Jäger zur Erlegung dieser Tierarten
• Wegfall der Befristung hinsichtlich des Einsatzes von Nachtzielhilfen für die Schwarzwildbejagung
• Konkretisierung der Fallfristen zur Geltendmachung von Jagd- und Wildschäden, Einrichtung von Schiedsstellen als Art „Kompetenzzentren“ statt der bisherigen Kommissionen. Ziel ist ein Vergleich zwischen den Parteien, kommt dieser nicht zustande, ist der Schaden am ordentlichen Rechtsweg (bei Gericht) geltend zu machen
• Umfassender Katalog an Strafbestimmungen (Strafmaß bei schweren Delikten bis 20.000 Euro). Mindeststrafe (2.000 Euro) für Verletzung der Schonzeiten, wenn davon besonders geschützte Arten betroffen sind.

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