Ausgeflattert? Bei den Faltern ist Feuer am Dach

Der Augsburger Bär ist der größte Bärenspinner Europas. Er findet im Nationalpark Kalkalpen eine der letzten Rückzugsmöglichkeiten und er ist ein Markenzeichen des Schutzgebietes.
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  • Der Augsburger Bär ist der größte Bärenspinner Europas. Er findet im Nationalpark Kalkalpen eine der letzten Rückzugsmöglichkeiten und er ist ein Markenzeichen des Schutzgebietes.
  • hochgeladen von Martina Weymayer

BEZIRK (wey). Schmetterlinge zählen neben Bienen und Hummeln zu den wichtigsten Bestäubern. Die gute Nachricht zuerst: Es gibt noch herausragende Schmetterlingsvorkommen in Oberösterreich, unter anderem in den Enns- und Steyrtaler Voralpen und im Sengsengebirge. Allerdings ist ein Großteil der heimischen Schmetterlinge stark gefährdet, im Fall der Wiesenschmetterlinge sogar 70 bis 80 Prozent.

Der aktuelle Bericht mit dem Titel „Ausgeflattert“ von GLOBAL 2000 und Blühendes Österreich weist eine "alarmierende Bedrohungslage der Schmetterlingsvielfalt" aus. Besonders die Tagfalter kämpfen ums Überleben. "Tagfalter und Wildbienen benötigen blütenreiche Flächen wie Magerwiesen, die nicht gedüngt und nur ein- oder zweimal pro Jahr gemäht werden", erklärt Martin Schwarz von der Stiftung Natur des Naturschutzbundes OÖ. "Da solche Wiesen kaum einen wirtschaftlichen Ertrag bringen, gehen sie stark zurück." Und nicht nur das: Aktuell werden rund zwei Hektar Boden pro Tag allein in OÖ versiegelt und verbraucht, was dazu führt, dass die Landwirte die verbleibenden Flächen noch intensiver nutzen.

Die Artenvielfalt sinkt aber nicht nur, weil die Landschaft ausgeräumt wird. Auch der Klimawandel und der massive Einsatz von Pestiziden spielen eine Rolle. "Neben dem Klimawandel sind Natur- und Artenverlust die wichtigsten Herausforderungen unserer Generation. Der Klimawandel ist bereits mehr und mehr im Bewusstsein der Menschen verankert, aber das Artensterben noch nicht", sagt dazu Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes aus Molln. "Das Sterben der Schmetterlinge ist nur ein Teil dieses riesigen Problems. Verschwinden die Insekten, beginnt das ganze Ökosystem zu kippen. Denn erst durch das Zusammenspiel aller – so unbedeutend sie uns auch erscheinen mögen – bleiben Naturkreisläufe im Gleichgewicht. Wenn Schmetterlinge fast nur mehr in Gebirgslagen und in Schutzgebieten wie dem Nationalpark vorkommen, ist Feuer am Dach. Gegenmaßnahmen müssen ergriffen werden – ohne weiteren Zeitverzug. Hohe biologische Vielfalt ist der Maßstab für gesunde Umwelt und intakte Natur – wir müssen alles daran setzen, gemeinsam für den Erhalt der Biodiversität an einem Strang zu ziehen!"

"Rückgang ist besorgniserregend"

"Der Rückgang der heimischen Schmetterlinge und anderer Insekten ist besorgniserregend", ergänzt Martin Schwarz. "In vielen Gebieten findet man nur noch wenige anspruchslose Arten." Schwarz verweist auf die langjährigen Untersuchungen von August Pürstinger in Micheldorf, die das deutlich belegen, auch wenn die Gemeinde noch vergleichsweise viele wertvolle Lebensräume für Schmetterlinge aufweist.
Für den Nationalpark Kalkalpen gab es in den vergangenen Jahren etliche Erstnachweise von Schmetterlingen. "An die 1.700 Arten dürften im Schutzgebiet vorkommen", sagt Nationalpark-Biologe Erich Weigand. Zum Vergleich: In ganz OÖ sind knapp 2.800 Arten registriert. "Eine wissenschaftlich fundierte Aussage über Rückgang und sogar Artenverlust für das Gebiet lässt sich nur sehr eingeschränkt machen." Bemerkenswert, so Weigand, seien die Ausführungen von Josef Wimmer von der Entomologischen Arbeitsgemeinschaft Steyr und Linz, der das Gebiet über 50 Jahre lang und seit seinem Pensionsantritt im Jahre 1997 sogar intensiv besuchte und erforschte. Auch er weist auf den markanten Rückgang der Tagfalter hin. Speziell nannte er in diesem Zusammenhang den Goldenen Scheckenfalter und den Eschen-Scheckenfalter. Den Goldene Scheckenfalter führt er auch als Beispiel für den Nationalpark Kalkalpen an, denn auf der Puglalm am Hengstpass war dieser Falter bis Mitte der 1980er Jahre noch ständig zu beachten. In den nachfolgenden Jahren konnte er ihn trotz spezieller Nachsuche nicht mehr finden. Den Rückgang verbindet Josef Wimmer auch mit auffälligen Veränderungen der Lebensräume." Weigand hat auch von zwei Käferspezialisten eine "schockierende Rückmeldung hinsichtlich Pflanzenschutz-Spritzmitteln" gehört: "Demnach dürfte die Situation überaus krass sein. Erwähnt wurde das Beispiel des Ölkäfers der Melo-Arten, deren Larven essenziell mit Wildbienen koevoliert sind. Durch diese Spezialisierung sind diese Arten extrem gefährdet und scheinbar in vielen Gebieten, wo sie einst häufig waren, findet man seit etlichen Jahren kein einziges Individuum mehr."

Umwelt-Landesrat Rudi Anschober: „Der aktuelle Bericht von Blühendes Österreich und GLOBAL 2000 zeigt die Gefährdung unserer Schmetterlinge besonders in den stark genutzten Landschaften klar auf. Schutzgebiete sind wichtig, aber Artenschutz darf sich nicht auf wenige einzelne Arten beschränken. Es gilt, naturnahe Flächen zu erhalten und unsere Umwelt in der Gesamtheit wieder vielfältiger und schmetterlingsfreundlicher zu gestalten. Damit sorgen wir nicht nur weiterhin für buntes Flattern auf unseren Wiesen, sondern nur so können wir z.B. auch die Ernte von Obst und Gemüse retten.“

Report „Ausgeflattert III“ von GLOBAL 2000 und Blühendes Österreich zum Herunterladen: https://www.global2000.at/publikationen/ausgeflattert-3
https://www.bluehendesoesterreich.at/schmetterlinge-studie/

Zum Bericht "Ausgeflattert":

Bereits 2016 veröffentlichten Blühendes Österreich und GLOBAL 2000 mit dem Bericht „Ausgeflattert. Der stille Tod der österreichischen Schmetterlinge“ einen lauten Weckruf zum Verlust unserer Artenvielfalt: Mehr als die Hälfte der heimischen Tagfalterarten sind akut gefährdet. 2017 erfolgte der zweite Bericht zur Bedrohungslage der Schmetterlinge in den östlichen Bundesländern Österreichs. Aktuell liegt die dritte Ausgabe "Ausgeflattert III - in Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg“ vor. Dabei wurden von den Schmetterlingsexperten Peter Huemer, Patrick Gros, Erwin Hauser und Christian Wieser die westlichen Bundesländer Österreichs mit Fokus auf Berg- und Alpinlandschaften untersucht.

Die Hauptursachen für das Verschwinden der Schmetterlinge sind, laut Report, eine zunehmend intensive, industrielle Landwirtschaft mit massiver Düngung sowie Pestizideinsatz, Monokulturen in der Forstwirtschaft, und nicht zuletzt die Verbauung sowie teils vollständige Versiegelung wertvoller Flächen – einhergehend mit der Lichtverschmutzung und dem hohen Nutzungsdruck im urbanen Raum. Als weiteres Gefährdungsszenario zeichnet sich in allen Bundesländern die Klimaerwärmung ab, die gerade in den Gebirgslagen ein nicht zu unterschätzendes Risikopotential umfasst.
In Oberösterreich wirken diese Faktoren besonders stark im dicht besiedelten und intensiv genutzten Alpenvorland.

Fotos: Franz Sieghartsleitner

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