Die Lohnlücke im Bewusstsein

Gemeinsam Bewusstsein schaffen möchten WK-Vizepräsidentin Sylvia Gstättner und ÖGB-Vertreter Hermann Lippitsch
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(gel, tas). Am 12. Oktober ist "Equal Pay Day" – der Stichtag, an dem Männer bereits das verdient haben, wofür Frauen noch bis zum Ende des Jahres arbeiten müssen. Woran das liegt, darüber diskutieren in der WOCHE-Debatte die Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer, Sylvia Gstättner, und ÖGB-Vorsitzender Hermann Lipitsch.
Welche Gründe sehen Sie für die Gehaltslücke?
LIPITSCH: Frauen sind diejenigen, die in den Familien sowohl für die Kinder- als auch für die Seniorenbetreuung herangezogen werden. Außerdem arbeiten sie oft in Branchen – dem Handel oder der Reinigung – in denen geringfügige und Teilzeit-Jobs vorherrschen.
GSTÄTTNER: Das sind die Rahmenbedingungen, die Hard Facts. Es gibt aber auch Soft Facts: Frauen verhandeln weniger hart und legen im Job wert auf andere Faktoren als das Gehalt, wie Freude an der Arbeit und Flexibilität. Männer sind außerdem oft risikobereiter.
LIPITSCH: Kollektivvertraglich verdienen Männer und Frauen gleich viel. Worum es geht, sind Zuschläge und Überzahlungen. Da ist Transparenz wichtig. In der Hinsicht hat sich in den vergangenen zehn Jahren viel getan durch die verpflichtende Veröffentlichung der Einkommenslisten. Und es braucht starke Betriebsräte.
GSTÄTTNER: Mit denen die Unternehmen oft keine Freude haben. Aber wir haben in den vergangenen Jahren oft erlebt, wie wichtig eine gute Sozialpartnerschaft ist.
LIPITSCH: Stichwort Sozialpartnerschaft: Wenn wir einen Mindestlohn von 1.500 Euro einführen und den auch auf Teilzeit herunterbrechen, dann wäre vielen Frauen geholfen.
GSTÄTTNER: Beim Mindestlohn muss man schon schauen, was möglich ist. gerade in Kärnten fahren die Unternehmer nämlich nicht Mercedes, sondern eher Fiat. Besser ist es, an der Abgabenschraube zu drehen. Es muss für den Unternehmer schon leistbar bleiben, einen Arbeitnehmer aufzunehmen. Und viele Frauen wollen ja auch nur Teilzeit arbeiten.
LIPITSCH: Und wenn sie es mit 40 dann nicht mehr möchten, ist es von den Unternehmen oft nicht gewünscht, dass sie aufstocken. Das sieht man auch an den Ausschreibungen: Da gibt es viele Angebote nur geringfügig oder Teilzeit.
GSTÄTTNER: Ein großes Problem ist auch das Bewusstsein: Wir können hundert Mal "Mädchen in die Technik" fordern – so lange sie sich zu klassischen Mädchenberufen hingezogen fühlen, wird sich flächendeckend nichts ändern.
LIPITSCH: Deshalb starten wir ja die Bewusstseinsbildung etwa mit den Girl's Days bei den zehn bis 15-jährigen: damit die später ihren Kindern geschlechtsneutrale Werte mitgeben können.
GSTÄTTNER: Dazu braucht es aber auch die Aufwertung typisch weiblicher Berufe. Und wir müssen wegkommen davon, Frauen als "arme Hascherln" zu sehen. Es obliegt am Ende jeder Frau selbst, wo sie ihre Prioritäten setzt.

Einig bei der Kinderbetreuung

Damit Frauen, die arbeiten möchten, das auch tun können, brauche es flexible und auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen abgestimmte Kinderbetreuungseinrichtungen, sind sich Sylvia Gstättner und Hermann Lipitsch einig.
"Wie soll sich eine Frau abends weiterbilden, wenn sie niemanden hat, der auf ihr Kind schaut", sieht Lipitsch das Problem. "Es gibt die Partner", richtet Gstättner den Appell an die Frauen, Männer stärker in die Kinderbetreuung einzubinden.
Gleichzeitig stellt sie aber fest: "Familienfreundliche Grundvoraussetzungen zu schaffen, ist unumgänglich." Betriebskindergärten seien ein Lösung, aber, so Gstättner: "Kleine und mittlere Betriebe können sich das nicht leisten. Oder sie scheitern an gesetzlichen Bestimmungen."
Die Lösung für dieses Problem sieht Hermann Lipitsch in der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Öffentlicher Hand: "Die Gemeinden müssen die Möglichkeiten bieten und die Unternehmen das finanziell unterstützen." Es gebe bereits Vorzeigebeispiele in einigen Gemeinden. "Es ist unabdingbar, dass sich alle Beteiligten zusammensetzen – Land, Gemeinden und Wirtschaft – und das Angebot der Nachfrage entsprechend gestalten."
Für Sylvia Gstättner ist auch das Thema "Karenzmanagement" ein wichtiges: "Kann man eine Mitarbeiterin – sofern sie es will – weiter am Unternehmen teilhaben lassen, behält sie den Gehaltsanschluss leichter."

Zur Sache:

Der Equal Pay Day beschreibt jenen Tag, an dem Männer den Lohn bereits erhalten haben, den Frauen bis zum Jahresende verdienen.

Österreichweit findet er heuer am 10. Oktober statt. Kärnten liegt als eines von drei Bundesländern über dem Schnitt, hier arbeiten Frauen ab 12. Oktober "gratis". Besser schneidet nur Wien ab: Hier ist der Stichtag der 25. Oktober. Am größten ist die Lücke in Vorarlberg: Hier arbeiten Frauen seit 10. September ohne Lohn.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Tag um 16 Tage nach hinten verschoben: von 26. September auf 12. Oktober.

In Prozent bedeutet das: Frauen bekommen für gleiche Leistung in Kärnten 21,9 Prozent weniger Gehalt im Jahr. Österreichweit sind es 22,7 Prozent, in Wien 18,4 Prozent und in Vorarlberg 30,8 Prozent.

Bei vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ist das in Kärnten eine Differenz von 9.863 Euro brutto pro Jahr; in Österreich 10.650 Euro.

Innerhalb Kärntens gibt es Schwankungen: Am größten ist die Lücke in Spittal (30 Prozent bzw. 13.310 Euro bzw. 13. September), am geringsten in Klagenfurt Stadt (18,6 Prozent bzw. 9.051 Euro bzw. 25. Oktober).

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