Gerhard Dörfler
„Mir war es wichtig, dem Land Frieden zu bringen“

Eine persönliche zweisprachige Ortstafel als Geschenk im Jahr 2011: Landeshauptmann Gerhard Dörfler (Mitte), Bundeskanzler Werner Faymann (rechts) und Staatssekretär Josef Ostermayer | Foto: Privat
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  • Eine persönliche zweisprachige Ortstafel als Geschenk im Jahr 2011: Landeshauptmann Gerhard Dörfler (Mitte), Bundeskanzler Werner Faymann (rechts) und Staatssekretär Josef Ostermayer
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Am 10. Oktober jährt sich die Kärntner Volksabstimmung zum 100. Mal. Im vergangenen Jahrhundert polarisierte vor allem das Thema zweisprachige Ortstafeln. Ein (politischer) Streit, der 2011 beigelegt werden konnte. Gerhard Dörfler, damaliger Landeshauptmann und Hauptverhandler, blickt im Interview mit der WOCHE Kärnten zurück.

WOCHE: Weshalb war 2011 die Zeit reif für die Ortstafel-Lösung?
GERHARD DÖRFLER:
Weil sich zwei Hauptverhandler getroffen haben, die sich persönlich zwar bis 2010 nicht gekannt, aber bereits im ersten Gespräch eine Vertrauensbasis aufgebaut und unmissverständlich erklärt haben: Wir wollen eine Lösung. Das Spannende daran ist, dass zwischen SPÖ und Freiheitlichen sehr oft inhaltliche Differenzen vorhanden waren, aber wir haben die Sache in den Vordergrund gestellt und die hat uns beide beseelt. Das war das Fundament für den Erfolg am Ende des Tages.

Sie sprechen vom damaligen SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermayer, der rechten Hand von Bundeskanzler Werner Faymann. Wer ergriff eigentlich die Initiative?
Initiativen hat es von mehreren Seiten gegeben. Bundespräsident Heinz Fischer hat mich nach meinen beiden Angelobungen eindringlich darum gebeten, eine Lösung anzustreben. Ich habe mir selbst in der Wahlnacht 2009 vor dem Spiegel den Auftrag gegeben: „Gerhard, du musst die Ortstafel-Frage lösen, red‘ aber nicht darüber, weil dir traut‘s keiner zu.“

Wie entscheidend war die Sympathie zwischen Ostermayer und Ihnen?
Ein persönlicher Respekt hat sich zu einer Du-Freundschaft entwickelt, wo wir uns gegenseitig zu hundert Prozent vertrauen konnten. Wir haben uns nie vom Weg abbringen lassen und jedes Wort quasi abgestimmt. Die zwei Verhandler der Volksgruppe, Bernard Sadovnik und Marjan Sturm, haben perfekt zur Chemie unserer Gemeinsamkeit mit Josef Ostermayer dazu gepasst.

Haben Sie noch Kontakt mit Ostermayer?
Es gibt einen sehr freundschaftlichen Kontakt, der uns wohl das gesamte Leben begleiten wird. Immerhin haben wir etwas lösen können, an dem ein großer Bruno Kreisky gescheitert ist.

Wie groß war der Widerstand in Ihrer eigenen Partei?
Das war eine große Hürde. Es ist bekannt, dass schon Jörg Haider in dieser Frage nicht beweglich war. Es waren aber auch einige SPÖ-Bürgermeister – ich sage nur Jakob Strauß (Sittersdorf) oder Thomas Krainz (St. Kanzian) – sehr national oder unversöhnlich eingestellt. Meine Partei hat ursprünglich das Thema „Ganz klar nein zur Ortstafellösung“ verfolgt, aber ich konnte nach schwierigen Gesprächen die Partei doch überzeugen. Es waren zwar nicht alle glücklich darüber, aber es haben alle mitgestimmt.

Parteiintern war es schon deshalb schwierig, weil den Freiheitlichen ein ständiges Wahlkampf-Thema abhanden gekommen ist.
Ein Landeshauptmann hat nicht die Aufgabe, Wahlkampf-Themen in den Vordergrund zu stellen. Mir war es wichtig, dem Land einen Frieden zu bringen. Das war das Hauptziel. Ich konnte vor allem Parteichef Uwe Scheuch davon überzeugen, dass wir in ein neues Zeitalter gehen. Und das Zeitalter heißt: Zukunft kann man nur in Frieden gestalten.

Sie befinden sich in Polit-Pension. Wenn Sie heute freiheitlichen Funktionären begegnen, ist da die Ortstafel-Lösung von damals ein Thema?
Es gibt viele freiheitliche Funktionäre, die mir gratuliert haben. Was mich sehr freut ist Anerkennung von Alt-Landeshauptmann Christof Zernatto in einem Interview, von Landeshauptmann Peter Kaiser, der sich heuer beim Neujahrsempfang sehr positiv geäußert hat, vom ehemaligen Verfassungsgerichtshof-Präsidenten Ludwig Adamovich, der mich in seinem Buch gewürdigt hat, und vor allem von Schriftsteller Janko Ferk. Es gibt eine erfreuliche, späte Würdigung von nicht unwichtigen Persönlichkeiten, aber aus der eigenen Partei, was die Spitzenfunktionäre anlangt, vernehme ich eher Schweigen.

Betätigen Sie sich heute noch in irgendeiner Art und Weise politisch?
Überhaupt nicht. Ich beobachte Politik sehr genau. Ich freue mich, wenn gute politische Entscheidungen getroffen werden. Ich bin aber durchaus frustriert, wenn unser Herr Bundeskanzler zu einer „Foto-Safari“ nach Laibach fährt und so tut, als ob er den Triglav bestiegen hätte, was so nicht war, aber zur Thematik der deutschen Volksgruppe in Slowenien überhaupt keine Signale einer freundlichen Lösung oder Zusagen aus Laibach mitbringt.

Heute genießt Gerhard Dörfler seine Polit-Pension und pflegt Freundschaften wie jene zu Literatur-Nobelpreisträger Peter Handke. | Foto: Privat
  • Heute genießt Gerhard Dörfler seine Polit-Pension und pflegt Freundschaften wie jene zu Literatur-Nobelpreisträger Peter Handke.
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Wie verbringt der Alt-Landeshauptmann mittlerweile den Tag?
Fünf Enkelkinder sind eine wunderschöne Hauptaufgabe. Mein Fitness-Programm findet im Wald statt. Ich lese, studiere und reise sehr viel und bin dankbar, dass ich gesund bin, und dass wir heuer den 10. Oktober in einer entspannten, friedlichen und unaufgeregten Atmosphäre erleben können. Das war immer mein Ziel: Der 10. Oktober 2020 soll ein Ereignis sein, das endgültig einen Schlussstrich unter die Verwerfungen der Vergangenheit zieht und eine gemeinsame Türe aller Menschen in Kärnten in die Zukunft öffnet.

Wo und wie werden Sie den 10. Oktober verbringen?
Ich werde an der offiziellen Feier des Landes Kärnten teilnehmen. Danach möchte ich nach Bad Eisenkappel fahren, um mit Bürgermeister Franz Josef Smrtnik, mit dem mich die Ortstafel-Lösung ebenso verbindet, ein Glas Wein zu trinken.

Gibt es ein jährliches Treffen der Ortstafelverhandler von 2011?
Nächstes Jahr zum 10-Jahr-Jubiläum am 6. Juli hat einer der Hauptakteure angekündigt, dass er gerne ein Jubiläumstreffen machen möchte. Ich habe natürlich zugesagt. Wobei für mich der 6. Juli ein besonderes Datum ist: Am 6. Juli 1955 ist meine Frau geboren, am 6. Juli 1985 ist unsere Tochter Stefanie zur Welt gekommen, am 6. Juli hat der unglaublichste Mensch, den ich kennengelernt habe, der Dalai Lama, Geburtstag. Am 6. Juli hat seinerzeit Bruno Kreisky das gescheiterte Ortstafelgesetz beschlossen und am 6. Juli 2011 ist der Friedensschluss für Kärnten mit Josef Ostermayer gelungen. Es ist ein Datum, das sich durch mein Leben zieht.

ZUR PERSON
Gerhard Dörfler
(FPÖ, BZÖ, dann FPK) war nach dem Tod Jörg Haiders von 2008 bis 2013 Landeshauptmann von Kärnten.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar von WOCHE-Chefredakteur Peter Kowal – hier geht's zum Beitrag!

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