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Stille Tage in Paris. Interview mit der Autorin Monica B. Armstrong

Buchcover "Stille Tage in Paris" Roman über das Filmemachen in Frankreich. | Foto: Monica B. Armstrong
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  • Buchcover "Stille Tage in Paris" Roman über das Filmemachen in Frankreich.
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Anlässlich des 50. Jahrestages der Erstaufführung des Filmklassikers „Der letzte Tango in Paris“ von Bernardo Bertolucci (F/I 1972) am 14. Oktober 1972 beim New York Film Festival hat das Autor*innen Trio Monica B. Armstrong, Christine „Tini“ Trapp und Peter Citti einen Roman mit dem Titel „Stille Tage in Paris über die abenteuerliche Entstehungsgeschichte dieses umstrittenen Meisterwerks der Filmgeschichte veröffentlicht. Genauso abenteuerlich ist die Entstehung des Romans.
Im online Interview ist die smarte Monica B. Armstrong in Los Angeles, Autorin aus dem Trio.

Duane Jackson:
Hi Monica. Du bist in Los Angeles. Ich in bin in Paris. Wir haben uns 2010 in Klagenfurt kennengelernt. Ich war damals an der AAU, du eine „Film närrische“ Italo-Amerikanerin, die in Klagenfurt aufgewachsen ist. Damals hast Du zu mir gesagt, Zitat: Ich bin ein echtes Kärntner Mädchen. Ist das noch immer so?
Monica B. Armstrong:
(Lacht) Absolut. Ich verstehe mich noch immer als echte Kärntnerin. Zwar nicht mehr als Mädchen, denn ich bin 32 Jahre alt und Mutter von zwei Kindern und längst erwachsen geworden.
Duane Jackson:
„Stille Tage in Paris“ beginnt in Klagenfurt. Im weitesten Sinn beschreibt der Roman auch eine sentimentale, nostalgische Reise einer jungen Kalifornierin, die in Klagenfurt an der Uni war, von Klagenfurt über Paris nach Los Angeles.
Monica B. Armstrong:
Indirekt. 2019 war Tini Trapp für ein paar Monate Produktionsassistentin für West-Film in Paris. Jeden Abend, Pariser Zeit, hat sie mich in LA zugequasselt, so als hätte sie noch nie etwas von Zeitzonen gehört. Es waren durchwegs haarsträubende Geschichten einer amerikanischen Chaotin in Paris. Damals habe ich mir schon gedacht, das ist eine gute Story für einen Roman.
Als Tini Trapp Anfang 2020 wieder in LA war haben wir uns zusammengesetzt und über das Thema Kaffee und Torte diskutiert. Schließlich haben wir zwei Kapitel des Romans geschrieben, die im fertigen Buch das vorletzte und das letzte Kapitel sind. Danach haben wir beschlossen „Stille Tage in Paris“ zu schreiben.

Duane Jackson:
Ihr habt den Roman von hinten nach vorne geschrieben?
Monica B. Armstrong:
Ja und nein. Nach einigem hin und her haben Tini und ich beschlossen ein Sprach- und Erzählexperiment zu wagen und den Roman nach dem dialektischen Prinzip von „These“, „Antithese“ ist „Synthese“ zu schreiben.
Duane Jackson:
Und hier kommt wahrscheinlich Peter Citti als dritter im Trio dazu?
Monica B. Armstrong:
Genau. Wir haben uns überlegt, wer für so ein Erzählexperiment zu haben ist und sein Ego zumindest kurzfristig vergisst, um gleichberechtigt zu schreiben. Was nicht selbstverständlich ist. Dazu kommt noch, dass Peter Citti ein wandelndes Filmlexikon ist. Von ihm kam die Idee mit Bertolucci und dem „Letzten Tango“. Sein Argument war, dass bald der 50. Jahrestag kommen würde.

Duane Jackson:
Ihr wart damit sofort einverstanden?
Monica B. Armstrong:
Ja, es war ein sehr gutes Argument.
Duane Jackson:
Wie kommt jetzt Klagenfurt, dem Ausgangspunkt der Geschichte, in den Roman?
Monica B. Armstrong:
Zunächst gar nicht. Zuerst wurden die Spielregeln des Experiments festgelegt. 2 Autorinnen/1 Autor. 3 Bücher: je eines über die Nouvelle Vague, die Filmgeschichte und Bertolucci, als Recherche Grundlagen. 3 Wochen um diese Quellen zu lesen. 3 Wochen zum Schreiben des Romans.
Duane Jackson:
Der Roman ist also in nur 3 Wochen geschrieben worden?
Monica B. Armstrong:
Richtig. Jeder von uns hatte für seinen Part 7 Tage.
Duane Jackson:
Wie ist so etwas möglich?
Monica B. Armstrong:
Wir kommen alle vom Drehbuch. Wir sind es gewohnt schnelle Ergebnisse zu liefern.

Duane Jackson:
Und Klagenfurt?
Monica B. Armstrong:
Das kam ganz zum Schluss. Der Roman hat sich so zu sagen von der Mitte noch vorne und hinten „ausgebreitet“. Irgendwann hatte ich die Idee die Janet aus meinem Roman „Das Leben kommt auf sanften Pfoten“ (Anm.: 2018 veröffentlicht) einzubauen, den ich vor ein paar Jahren veröffentlicht habe. In dem Roman kommt das Mädchen aus Klagenfurt Monica nach Los Angeles und wird Mama von Janet. Janet kommt wieder nach Europa zurück, das war dann der Beginn von „Stille Tage in Paris“.
Duane Jackson:
Das heißt, Du hast nicht nur das letzte, sondern auch das erste Kapitel geschrieben?
Monica B. Armstrong:
Ja.

Duane Jackson:
Und wer hat das definitiv letzte Kapitel für das Buch geschrieben?
Monica B. Armstrong:
Peter Citti. Kapitel 8: Blow Up Now. Über den Beginn zum Essayfilm „Die Chinesen“, einem Film, im Film sozusagen.
Duane Jackson:
Und was ist Tini Trapps Beitrag?
Monica B. Armstrong:
Tini hat schon mehrere Erotikromane und Drehbücher für Erotikfilme geschrieben. Vor ihr ist z.B. die schöne Geschichte mit dem Sex im Verkehrsstau in Paris. Kapitel 7: Italiener haben eine klare Vorstellung.
Duane Jackson:
Und wer hat das Kapitel 13 (Anm.: Besuch aus London) über die Besetzung der Cinématèque geschrieben?
Monica B. Armstrong:
Das ist auch von Peter Citti.

Duane Jackson:
Und was hat Tini Trapp noch geschrieben, außer die Sexgeschichten?
Monica B. Armstrong:
Zum Beispiel das Kapitel 10 (Anm.: Paris brennt!) über die Straßenschlachten in Paris der Gelbwesten gegen die Polizei, bei denen Tini 2019 selbst dabei war.
Duane Jackson:
Von wem ist das Kapitel mit dem Casting?
Monica B. Armstrong:
Kapitel 15: Fleischbeschau für einen französisch-italienischen Sexfilm ist ebenfalls von Tini Trapp, die war da ganz in ihrem Element.
Duane Jackson:
Und wer hat die wirklich lustigen Kapitel über Jean Cocteau geschrieben?
Monica B. Armstrong:
Peter Citti. Was für eine Frage?! Hier konnte sich der „alte“ Filmliebhaber Peter so richtig austoben. Das sind seine Geschichten und seine Vorlieben.

Duane Jackson:
Und welche Geschichten sind beispielsweise von Dir?
Monica B. Armstrong:
Von mir sind die witzigen Figuren der besorgten Verwandtschaft, sowohl in Klagenfurt wie in den USA. Zum Beispiel „Die Katzenomi“, „Der Altbulle“, „Der Verrückte“, „Marylin“, Janets zickige Schwester und natürlich Janets besorgte Eltern Monica und Johnny, Chef von West-Film. Janet ist ja so etwas wie das Nesthäkchen, also die Bilderbuchtochter, die einen handfesten Familienskandal hinlegt und das ist sehr gut so.
Duane Jackson:
In wieweit ist der Roman autobiographisch? Ihr drei arbeitet alle in der Filmbranche.
Monica B. Armstrong:
Natürlich hat so ein Roman über das Filmemachen immer ein paar autobiographische Züge. Das ist kaum zu vermeiden. Aber, ich denke „Stille Tage in Paris“ ist ein fiktionaler Roman über das Filmemachen in Paris. Unsere Autobiographien spielen dabei kaum eine Rolle.

Duane Jackson:
Zur Veröffentlichung. Das Buch ist bei Neobooks Berlin erschienen. Wäre nicht ein anderer „besserer“ Verlag für so ein aktuelles Thema in Frage gekommen?
Monica B. Armstrong:
Buchveröffentlichungen können, speziell in Mitteleuropa, sehr lange dauern bis nie stattfinden. Es wird einfach alles abgelehnt. Ungelesen natürlich. Was ja kein Wunder ist, dort gibt es mehr Autor*innen als Leser*innen. Jeder 7. Deutsch schreibt mindestens ein Buch. Hat einmal jemand ermittelt, wer weiß ich nicht mehr, es stand aber im „Spiegel“. Und selbst wenn das Buch genommen und veröffentlicht wurde, muss das Publikum den Roman erst einmal finden. Die deutschsprachige Literaturkritik gibt es nicht und wenn, ist sie korrupt und abhängig von großen Medienhäusern, Konzernen usw. Außerdem sind die meisten Veröffentlichungen im deutschsprachigen Raum Übersetzungen aus dem anglo-amerikanischen Raum. Zum Beispiel hat die österreichische Literatur in Deutschland nur einen Marktanteil von 0,5 Prozent.
Duane Jackson:
Willst Du sagen, wie oft „Stille Tage in Paris“ bisher verkauft wurde?
Monica B. Armstrong:
Bisher 1.200 Stück. (Anm.: In einem Zeitraum von zirka 13 Monaten) So gut wie alles in Deutschland. Jedes Mal, wenn es eine gute Kritik in Lokalen Radiosendern oder Zeitungen gibt, gehen gleich mal 50 bis 100 Stück weg. Nicht auszudenken, wenn einmal der Standard oder die Süddeutsche Zeitung etwas über die „Stillen Tage in Paris“ schreiben würden, aber dazu sind diese Leute dort zu eingebildet und zu eitel.
Duane Jackson:
Du hast keine Sorge über den „ewigen Hass“ der angesprochenen Blätter?
Monica B. Armstrong:
Nein. Ich bin in LA.

Duane Jackson:
Und österreichischer Verlag war keiner interessiert?
Monica B. Armstrong:
Tini Trapp hat das Skript an Lojze Wieser geschickt. Sie hat nie wieder etwas von ihm gehört.
Duane Jackson:
Und der Ingeborg Bachmann-Preis? Wäre der Wettbewerb nicht eine geeignete Bühne für so ein Buch?
Monica B. Armstrong:
Als ich noch in Klagenfurt wohnte, waren die „Tage der deutschsprachigen Literatur“ für mich ein Traum. Ich ging jedes Jahr dorthin. Dort, damals im ORF-Theater, wurde ich in drei Schubladen gesteckt. Schublade 1: die nervige Schreckschraube aus der Mittelschule. Schublade 2: die Vollidioten, die Autorin sein will, aber keine Ahnung von guter Literatur hat. Schublade 3: das Freiwild. Die leite Beute, die auf das Geschwätz der Idioten reinfällt, die versprechen sie fördern zu wollen. In keine dieser Schubladen passte ich. Wie es dort heute ist, weiß ich nicht. Vor ein oder zwei Jahren habe ich mir mal das aktuelle Reglement durchgesehen, aber der Wettbewerb ist für mich unmöglich. Niemals könnte ich die Hürden nehmen. Ich würde ein Empfehlungsschreiben eines Verlages und einer Literaturzeitschrift brauchen. So etwas habe ich nicht. Umgekehrt kann ich nicht überprüfen, wie die Texte z.B. 2022 waren, denn die Live-Übertragungen vom Wettbewerb sind in den USA nicht zu empfangen.

Duane Jackson:
Liest Du überhaupt noch ein deutschsprachiges Buch und wenn ja welches?
Monica B. Armstrong:
Mit meiner Raffaela lese ich regelmäßig auch deutschsprachige Kinderbücher. Weil sie noch sehr klein ist, 3 Jahre, sind es natürlich Bilderbücher mit ganz wenig Text. Meine zweite Tochter Bella ist erst 6 Monate alt, mit ihr spreche ich auch Deutsch. Mein Mann Johnny und ich haben entschieden, dass unsere Kinder mehrsprachig aufwachsen werden. Ich spreche 6 Sprachen im nativ, das will ich unbedingt an die Mädels weitergeben. Mehrere Sprachen zu beherrschen ist ein echter Schatz und der Zugang zu ganz verschiedenen Welten. Das kann für deine Mitmenschen auch ganz schön nervig sein. Als Kind beherrschte ich schon die hohe Kunst des Languages-Mixing. Mal Deutsch. Mal Englisch. Mal Italienisch. Mal Spanisch. Mal Französisch. Mal Portugiesisch. So kann man sehr gut Verwirrung stiften. Ich hoffe, dass das auch meine Kinder machen werden. Es ist total lustig in mehreren Sprachen praktisch gleichzeitig zu sprechen. Aber Vorsicht ihr Lieben, ich beherrsche diese Sprachen alle.
Duane Jackson:
Und welches deutschsprachige Buch hast du zuletzt gelesen?
Monica B. Armstrong:
(denkt kurz nach) Kärnten neu / Koroška na novo. Von Lozje Wieser und Jani Oswald. Aus dem Drava Verlag.

Duane Jackson:
Was hat Dich an dem Essayband über Kärnten interessiert?
Monica B. Armstrong:
Das Buch ist vor einigen Jahren erschienen. Wenn man wie ich seit 8 Jahren in den USA lebt und sich noch immer zu Kärnten bekennt, ist es schon ganz interessant etwas über die Innen- und die Außenansichten Kärntens zu lesen. Allerdings habe ich auch eine kleine Kritik parat. In solchen Publikationen sind immer dieselben Gutmenschen, Intellektuellen, Freundinnen und Freunde der Herausgeber am Wort, kritische oder gar polemische Gegenansichten gibt es keine, die so ein Buch nicht nur widersprüchlicher, sondern auch lustiger machen würde. So würde ich mir wirklich einmal wünschen, wenn Lojze Wieser meinen lieben Freund, aus alten Klagenfurt-Tagen, Roland Unterwandling oder den italienischen Journalisten Umberto Tognoni (schreibt für die Kleine Zeitung) zu Wort kommen ließe, es wäre eine Bereicherung.
Duane Jackson:
Du bist auch eine Film-Frau. Hast Du neue Projekte?
Monica B. Armstrong:
Nein, im Film werde ich vorerst nicht mehr viel machen. Ich habe mich für meine Familie entschieden. Die Kamera gehört anderen. Aber das Schreiben werde ich weiterpflegen. Ein neuer Roman ist entstanden. „Die kleine Amerikanerin“ ist ein Jugendbuch über Janets erstes Jahr als Studentin in Klagenfurt. Ein Culture-Clash, denn aus einer frechen Kalifornierin soll ein echtes Kärntner Mädchen gemacht werden, dafür wird die Katzenomi schon sorgen. Und damit das auch klappt wird Janet mit dem jungen Peter Handke verkuppelt. Kennst Du dich aus?
Duane Jackson:
Nein.
Monica B. Armstrong:
Macht nichts. Im Blick zurück auf meine Zeit in Kärnten sind alle meine Geschichten immer Liebesgeschichten gewesen …
Duane Jackson:
Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview mit Monica B. Armstrong wurde am 21. November 2022 online via Zoom geführt.

Stille Tage in Paris – ein Roman über das Filmemachen in Frankreich. Erschienen bei Neobooks, Berlin 2021
Kärnten neu - Kärnten neu / Koroška na novo. Herausgeber: Lozje Wieser und Jani Oswald. Drava Verlag, Klagenfurt 2020

Buchcover "Stille Tage in Paris" Roman über das Filmemachen in Frankreich. | Foto: Monica B. Armstrong
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