Lehre
Wo sind die Lehrlinge?
Derzeit stehen in Kärnten 338 sofort verfügbare Lehrstellen zur Verfügung. Virtuelle Lehrlingsmesse sehr gut angenommen.
KÄRNTEN. Laut AMS Klagenfurt stehen den 130 sofort verfügbaren und 41 nicht sofort verfügbaren Lehrstellensuchenden im Vergleich zum Vorjahr 52,2 Prozent weniger sofort verfügbare Lehrstellen zur Verfügung. Dem gegenüber steht auch ein Rückgang von minus 29,3 Prozent bei zur Lehrstellensuche vorgemerkten Jugendlichen. Heruntergebrochen auf Klagenfurt sind derzeit 76 sofort verfügbare Lehrstellen und 260 nicht sofort verfügbare Lehrstellen gemeldet. „Die meisten offenen, sofort zu besetzenden Lehrstellen gibt es im Einzelhandel, den Büroberufen, den Gesundheitsberufen und beim Lehrberuf Friseur und Perückenmacher“, so Benno Tosoni, Leiter der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Kärnten. Und Wolfgang Orasch, Geschäftsstellenleiter des AMS Klagenfurt, ergänzt: „Jugendliche sind aktuell bezüglich ihres Berufseinstieges sicher verunsichert. Der Einstieg in Berufsausbildungen im Bereich Gastronomie/Hotellerie ist aktuell sehr erschwert bzw. gar nicht möglich.“
Virtuelle Lehrlingsmesse
Im Feber fand die messe4lehre.at – die virtuelle Lehrlingsmesse statt. 45.900 Zugriffe konnten hier verzeichnet werden. „Wir haben weit mehr Aufrufe erzielt, als wir uns hätten vorstellen können. Bei der virtuellen Lehrlingsmesse in dieser Größenordnung handelt es sich um ein Pilotprojekt, das die Potentiale Kärntens deutlich macht. Als Tool, das ganzjährig online bleibt, dient es auch weiterhin der Berufsorientierung. Ich möchte an alle SchülerInnen, Eltern und Lehrkräfte ebenso wie an Interessierte nachdrücklich appellieren, dieses auch zu nutzen. Nur wergut informiert ist, kann auch eine fundierte Entscheidung treffen und den eigenen Traumberuf finden“, so LHStv.in Gaby Schaunig. „Der entscheidende Schritt für Jugendliche ist, sich auf den verschiedenen Kanälen – telefonisch, elektronisch oder eingeschränkt auch persönlich, beim AMS zur Lehrstellensuche vormerken zu lassen. Speziell für diese Zielgruppe ausgebildete erfahrene Berater nehmen dann umgehend Kontakt mit ihnen auf“, erklärt Orasch die Angebote des AMS.
Corona-Situation
Aktuell sind viele Jugendliche sehr verunsichert. „Die Zahl der gemeldeten Lehrstellensuchenden ist generell gesunken, was wohl auch an den aktuell leider sehr eingeschränkten Möglichkeiten, eine Schnupperlehre zu absolvieren, liegt. Was die Unternehmen betrifft, ist wiederum davon auszugehen, dass Aufnahmen vielfach aufgeschoben wurden. Fakt ist aber, dass es genügend Lehrstellen gibt“, so Tosoni. Orasch ergänzt: „Auch wenn aktuell gerade kein Lehrplatz im gewünschten Ausbildungsbereich zur Verfügung steht, können wir im Rahmen von überbetrieblichen Ausbildungslehrgängen Alternativen anbieten. Zudem bieten wir Ausbildungsbetrieben zum Einstieg ins Lehrverhältnis Förderungen an.“
Klagenfurter Betriebe
Diese bringen es auf den Punkt: Gute Lehrlinge sind schwer zu finden. Für viele Betriebe ist das Thema Lehrlinge auch ein Reizthema, denn es gibt zahlreiche Reibungspunkte. Es wird von den Betrieben bemängelt, dass die Lehrlinge viele Wochen in der Berufsschule verbringen und dass sich mit Urlaub und Krankenständen oftmals eine Summe von vier Monaten ergibt, die die Lehrlinge nicht im Betrieb sind. Am meisten stört Betriebe, dass Lehrlinge bestens über Rechte, aber zu wenig über ihre Pflichten Bescheid wissen. Außerdem sind Social Skills Mangelware: Es kommt zu Beschwerden seitens der Kunden, dass die Lehrlinge rauchen oder zu viel Arbeitszeit am Handy verbringen. Dies bringt einen besorgniserregenden Trend zum Vorschein: Betriebe stellen immer mehr Hilfsarbeiter ein. Die kosten den Firmen zwar 200 Euro mehr im Monat, zeichnen sich aber durch bessere Verfügbarkeit und bessere Gepflogenheiten aus. Dies bringt wiederum ein widersprüchliches Absurdum zu Tage. Im gleichen Atemzug beschweren sich Betriebe, dass ihnen die Fachkräfte fehlen.
Lehre und Studium
Viele SchülerInnen entscheiden sich dazu, eine Matura zu machen. Ein Einstieg in die Lehre danach wurde nur selten gewählt. Das Land Kärnten hat ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, das in Kooperation mit den Kärntner Fachhochschulen, der Fachberufsschule Villach 2 und den Kärntner Unternehmen entwickelt wurde. Die neu entwickelte Doppellehre „Prozesstechnik + Elektrotechnik: Anlagen- und Betriebstechnik“ wird speziell für Maturanten der AHS und BHS angeboten. „Parallel zur Doppellehre wird das berufsbegleitende Studium im Studiengang „Systems Engineering“ an der FH Kärnten absolviert. Durch die Kombination von Lehre und Studium verlängert sich die Ausbildungszeit auf viereinhalb Jahre. Die Ausbildung wird nicht nur mit der Lehrabschlussprüfung, sondern auch mit einem Bachelor abgeschlossen. Die ersten Lehrlinge haben bereits ihr erstes Semester hinter sich“, so Schaunig.
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