Im Kampf für Gott?

em. Univ.-Prof. Dr. Johann Figl (Religionswissenschaftler), Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Palaver (Systematische Theologie, Christliche Gesellschaftslehre), Mag.a Dr.in Maria Harmer (Sozial- und Kulturanthropologin, freie Journalistin), Carla Amina Baghajati (Leiterin, Schulamt Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ)
Gerhard Weissgrab (Präsident, Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft (ÖBR)
 | Foto: Stift Klosterneuburg
  • em. Univ.-Prof. Dr. Johann Figl (Religionswissenschaftler), Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Palaver (Systematische Theologie, Christliche Gesellschaftslehre), Mag.a Dr.in Maria Harmer (Sozial- und Kulturanthropologin, freie Journalistin), Carla Amina Baghajati (Leiterin, Schulamt Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ)
    Gerhard Weissgrab (Präsident, Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft (ÖBR)
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Gotteskrieger Podiumsdiskussionen - zweiter Teil

KLOSTERNEUBURG. Das Stift Klosterneuburg lud am 7. September zur zweiten Podiumsdiskussion, in Anlehnung an die aktuelle Ausstellung „Gotteskrieger“, zum Thema „Weltreligionen und Gewalt(losigkeit)“. „Religionen reden von Frieden, bringen aber Krieg“, diese bewusst provokante Aussage formulierte Prälat Maximilian Fürnsinn und richtete sie an die hochkarätige Diskussionsrunde. Er betonte, dass das Stift Klosterneuburg ein „Ort des Gespräches“ ist und sein soll.

Am Podium diskutierten em. Univ.-Prof. Dr. Johann Figl (Religionswissenschaftler), Gerhard Weissgrab (Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR)) Carla Amina Baghajati (Leiterin des Schulamtes der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ)), Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Palaver (Theologe, Schwerpunkt: Systematische Theologie u. Christliche Gesellschaftslehre). Zur Sprache kamen Punkte wie die fehlenden positiven „Role Models“, die Instrumentalisierung der Religion sowie das Ego der Menschen als Kernpunkte für Konflikte. Der Dialog und die Fähigkeit zum Pluralismus sowie religiöse Bildung in der Schule waren weitere Ansätze.

Aufforderungen zu einem friedlichen Zusammenleben

Im einleitenden Impulsvortrag von em. Univ.-Prof. Dr. Johann Figl wurde die zentrale Frage aufgeworfen, ob Religionen, insbesondere die großen Weltreligionen einen Beitrag zur Beendigung von kriegerischen Konflikten leisten können. Ja, obwohl oder gerade, weil sie aufgrund ihrer Geschichte und konkreten Erfahrungen, bis zur Gegenwart, nicht nur Opfer sondern auch Mittäter von Kriegen waren. Die bedeutenden Gründungsgestalten in östlichen - monistischen – Religionen, besonders von Hinduismus und Buddhismus (aber auch des radikalen-pazifischen Jainismus) stammten aus der Krieger- und Herrscherkaste, und ihre Antwort aus der Kenntnis von Folgen der kriegerischen Aktion war ein striktes Gewaltverbot. Ebenso finden wir in den Texten der Heiligen Schriften des Judentums und des Christentums Aufforderungen zu einem friedlichen Zusammenleben, ähnliches gilt auch für den Islam, vor allem für die frühe Zeit Mohammeds in Mekka.

Interreligiösen Dialog und die Pluralismusfähigkeit

Carla Amina Baghajati konvertierte zum Islam und zieht Parallelen zu den Hussitenkriegen, die in der aktuellen Ausstellung des Stiftes Klosterneuburg thematisiert werden. Sie entstanden aus einer Reformbewegung heraus. „Ich bin Optimistin und glaube an einen interreligiösen Dialog und die Pluralismusfähigkeit. Gerade in den Schulen muss man mit Vielfalt umgehen können.“ Sie betont vor allem die spirituelle Vielfalt, denn in Krisenzeiten wächst der Wunsch nach Identität.

Gewaltfreiheit ist nicht Feigheit

„Religiöse Bildung ist sehr wichtig. Denn Feindbilder kommen nicht nur von außen, sondern auch von innen. Mir fehlt hier der Diskurs und vor allem positive Role Models.“ In monotheistischen Religionen sieht sie die fehlende Pluralismusfähigkeit als ein „Wurzel des Übels“. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Palaver sieht die These des Pluralismus als gottgewollt und betont, dass es im Koran hier viele Zugänge gibt, Christen sich hingegen schwerer damit tun. Als Konfliktpotential sieht er auch die Verknüpfung von Gewalt mit

„Wahrheit“. „Wir haben nicht die Wahrheit, wir können uns nur annähern.“ Mahatma Gandhi zitierend „Gewaltfreiheit ist nicht Feigheit“, weist er darauf hin, dass auch im Gewaltfreien Menschen Opfer bringen müssen. Zudem wird Religion oft instrumentalisiert. „Religionen müssen sich wehren und dürfen sich nicht instrumentalisieren lassen.“ Die Trennung von Politik und Religion ist seiner Meinung nach kaum möglich und geht an der Realität vorbei, denn Ansichten korrelieren oft. „Wer die Religion nicht versteht, versteht die Politik nicht.“

Es gilt das Ego aufzulösen

Gerhard Weissgrab sieht den interkulturellen Dialog als Schlüssel und betont, dass dieser in Österreich, im Gegensatz zu anderen Ländern, gut funktioniert. „Für Buddhisten ist alles miteinander verbunden, aber keiner kann je erleuchtet sein. Nicht die Wahrheit sondern der Weg dorthin ist entscheidend.“ Ein großes buddhistisches Thema lautet, das Ego aufzulösen. Hier sieht Weissgrab die Probleme der Konflikte. „Das Ego ist Gift. Das oberste Gebot des Buddhismus lautet keine Gewalt. Denn bei Gewalt spielt immer das Ego eine Rolle.“ Zudem ist es notwendig, die Eigenverantwortung mehr ins Zentrum zu stellen sowie die Einsicht, das alles zusammenhängt. „Es muss ein Miteinander geben und man muss Diversität annehmen. Lernfähigkeit ist wichtig.“

Die Bereitschaft aus der Vergangenheit zu lernen sieht em. Univ.-Prof. Dr. Johann Figl als wichtigen Faktor zur Konfliktvermeidung. Wichtig ist auch, ob man Fragen aus religionsinterner Sicht sieht, von innen her, oder von außen aus einer wissenschaftlichen, neutralen Perspektive. Noch nie hat Europa so lange Zeit ohne großen Krieg erlebt. In Kriegen spielt Religion oft eine Rolle, wie das aktuelle Beispiel in der Ukraine zeigt. In Russland folgte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Orientierungslosigkeit und der Wunsch nach früherer Weltmacht. Hier sind Politik und Religion gemeinsam erstark „Man muss aus der Vergangenheit lernen. Wichtig ist, die Frage zu stellen, welche Werte sind unsere Basis sowie der Blick auf die säkulare Welt und Toleranz.“

AUSSTELLUNG GOTTESKRIEGER
Stift Klosterneuburg: 29. April – 15. November 2022
T.: +43 2243 411-212, E: groups@stift-klosterneuburg.at
3400 Klosterneuburg, Stiftsplatz 1

DISKUSSIONEN ZUM NACHHÖREN

Radio Klassik Stephansdom bring eine Zusammenfassung der

1. Diskussion: „Religion – wofür überhaupt?“ am Freitag den 09.09.2022 um 17:30 Uhr

2. Diskussion: „Im Kampf für Gott?“ am Freitag den 16.09.2022 um 17:30 Uhr

Beide Diskussionen stehen auf www.stift-klosterneuburg.at als Video-Aufzeichnung zur Verfügung.

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