Wegen übler Nachrede vor Gericht
Im Sog von Kremser Behördenschreck
ST.PÖLTEN (i.p.). Bekannte Namen fielen in einem Prozess am Landesgericht St. Pölten, als sich ein gesundheitlich sichtlich schwer angeschlagener 55-jähriger Mann wegen des Vergehens der üblen Nachrede zu verantworten hatte. Staatsanwalt Thomas Korntheuer warf dem Beschuldigten vor, unter anderem auf der Homepage des Vereins „Saubere Hände“ Texte veröffentlicht zu haben, in denen er etwa eine Kremser Richterin des Amtsmissbrauchs bezichtigte, ihr durch gerichtliche Entscheidungen einen Rachefeldzug gegen einen stadtbekannten Behördenschreck unterstellte, den sie kontinuierlich verfolge und existenzgefährdend schädige.
Haltlose Anschuldigungen
Ein Kremser Magistratsbeamter habe den Texten des 55-Jährigen zufolge Anzeigen wegen Verwaltungsübertretungen unter den Tisch fallen lassen, was der Angeklagten als Korruption, Dienstvergehen und Verletzung der Amtspflicht bezeichnete. Dem Direktor des Magistrats Krems unterstellte er, Strafanzeigen gegen den Behördenschreck zu konstruieren und diese rechtswidrig vollstrecken zu lassen. Er sei ein „Verwaltungsterrorist“ und müsse schleunigst als Magistratsleiter entfernt werden.
Verein entwickelte Eigendynamik
Immer wieder kam der Beschuldigte im Prozess auf Franz Stieger zu sprechen, der es in Krems und Umgebung als „Behördenschreck“ zu zweifelhafter Bekanntheit schaffte, für seine Aktionen zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, sich zuletzt jedoch selbst aus der Haft entließ, indem er einen Haftausgang zur Flucht nutzte. „Haben Sie sich von ihm emotional anstecken lassen?“, wollte der Richter von dem 55-Jährigen wissen. Dieser argumentierte mit einer schwierigen Gemütslage und meinte, dass der Verein eine Eigendynamik entwickelt habe, die ihm zuletzt über den Kopf gewachsen sei.
Freispruch ist kein Freibrief
„Die Inhalte sind schon ziemlich deftig“, meinte der Richter und verwies darauf, dass eine derartige Einschätzung etwa von Gerichtsurteilen ohne entsprechende Unterlagen jedenfalls nicht möglich sei. Die Textinhalte unter die Lupe genommen, meinte der Richter, es handle sich zwar um brutale Wertungen, die aber nicht exzessiv und damit nicht strafrelevant seien. Das eigenartige Sozialverhalten des Angeklagten zeige sich durch querulante, moralisch verwerfliche Äußerungen, es fehle jedoch an der inneren Tatseite bzw. der Absicht, jemanden zu beleidigen. Er müsse zur Kenntnis nehmen, dass nicht jeder Behördenfehler gleichzeitig ein Amtsmissbrauch sei. Der darauf folgende nicht rechtskräftige Freispruch sei für den 55-Jährigen, laut Richter, jedoch keineswegs ein Freibrief für derartiges Vorgehen.
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.