Happy End nach Flucht
Die bewegende Geschichte von Kufsteiner Marwan

Marwan Alawadi erzählt im Interview von seiner ganz persönlichen Geschichte: es begann, als er 2015 aus dem Irak flüchten musste, heute ist der mittlerweile Österreicher mit einer Kufsteinerin verheiratet und stolzer Vater eines Sohnes. | Foto: Nimpf
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  • Marwan Alawadi erzählt im Interview von seiner ganz persönlichen Geschichte: es begann, als er 2015 aus dem Irak flüchten musste, heute ist der mittlerweile Österreicher mit einer Kufsteinerin verheiratet und stolzer Vater eines Sohnes.
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Der 32-jährige Marwan hat schon einige Schicksalsschläge erfahren müssen. Nachdem er aus seinem Heimatland Irak flüchten musste, traf er seine jetzige Ehefrau in einem Flüchtlingslager. Heute fehlt ihm nur noch der richtige Job für sein endgültiges Happy End. 

KUFSTEIN. Marwan Alawadi ist einer von zigtausenden Menschen, die während der europäischen Flüchtlingskrise im Jahr 2015 ihr Heimatland, teils unter unzumutbaren Umständen, verlassen mussten. Damals hatte er in seiner Heimat, dem Irak nicht nur mit dem Krieg zu kämpfen, auch seine Gesundheit legte ihm beschwerliche Steine in den Weg. Von Geburt an leidet Marwan an einer unheilbaren Krankheit, Sichelzellenanämie und Thaläsemie, was im weitesten Sinne einer Blutarmut gleichkommt. So musste sich der junge Mann alle drei Monate einer Bluttransfusion unterziehen, neben seinem Arbeitsalltag als Bürokaufmann in einer Autofirma und seinem Jurastudium.

Drohbriefe und Bombenangriff

Die Gruppen der Miliz wollten den jungen Marwan davon überzeugen in den Krieg zu ziehen, wie es damals bei den meisten jungen Männern im Irak der Fall war. "Die Miliz sucht immer junge Männer zum kämpfen. Und ich wollte nicht", erzählt der 32-Jährige. So kam es zu einer Reihe von Drohbriefen, die nicht nur in seine Arbeitsstelle, sondern auch zu ihm nach Hause geschickt wurden.

„Wenn du nicht mit uns kämpfst, dann bist du tot“,

stand in den Briefen, wie Marwan erzählt. Aber er ignorierte diese Drohbriefe und wollte seinem normalen Leben weiter nachgehen. Eines Morgens, als Marwan die Tür zu seinem Auto öffnete um in die Arbeit zu fahren, explodierte das Fahrzeug plötzlich – die Gruppen der Miliz hatten eine Bombe darin platziert. Schwer verletzt lag Marwan nach dem Vorfall drei Monate lang im Koma. Bei einer Notoperation wurden ihm außerdem zwei Organe entfernt, Galle und Milz.

Fünf von 45 schafften die Flucht

Nach seiner Genesung musste Marwan nicht nur sein Heimatland, sondern auch seine Eltern mit seinen zwei Geschwistern zurücklassen.

„Es war sehr schwer meine Familie zurückzulassen“,

erinnert sich Marwan. Mit dem Wunsch nach einem angstbefreiten Leben begann also seine Flucht – von Griechenland nach Mazedonien, Serbien, weiter nach Ungarn und letztendlich nach Österreich. Eine Gruppe von 45 Personen, teils ebenfalls junge Männer mit einem ähnlichen Schicksal, aber auch Familien mit Kindern, begaben sich gemeinsam auf die Flucht. Der Großteil der Strecke musste zu Fuß zurückgelegt werden.

„Es war sehr schwierig. Wir hatten kaum Essen und Trinken“,

so Marwan über seine Flucht. Er erzählt von einem Boot in dem sich alle 45 Menschen hinein quetschten und das Wasser immer wieder über den Rand herein schwappte, das Boot drohte zu kentern. Besonders die Polizei in Serbien und Mazedonien setzte gewaltsam alles daran, die Geflüchteten von der Ausreise abzuhalten, viele aus der Gruppe wurden verhaftet. Etliche Kilometer legte die Gruppe daher im Wald zurück, um nicht von der teils gewalttätigen Polizei entdeckt zu werden. Nach zwölf mehr als beschwerlichen Tagen war die Flucht lediglich für fünf Männer aus der 45-köpfigen Gruppe, inklusive Marwan, erfolgreich. Alle anderen wurden von der Polizei zurückgehalten.

Das Happy End begann im Flüchtlingslager

Endlich in Österreich angekommen lebte Marwan Monate lang in verschiedenen Flüchtlingslagern, zuerst in Wien, danach in Salzburg und schließlich hatte er einen Platz in Kufstein gefunden. Und das schien sich als der Anfang eines großen Happy Ends zu entpuppen, denn in der Festungsstadt hatte Marwan seine jetzige Ehefrau kennen und lieben gelernt. Die Kufsteinerin arbeitete dort ehrenamtlich als Krankenschwester. Sie hat Marwan nicht nur gesundheitlich sehr geholfen, sondern weit darüber hinaus.

„Ich sprach damals kein Wort Deutsch oder Englisch. Wir haben mit einem Handy-Übersetzer miteinander geredet. Wenn das Handy leer war, konnten wir nicht mehr miteinander sprechen“,

so Marwan über das Kennenlernen und erzählt, dass er sich in ihre soziale und höfliche Art sofort verliebt hatte. Es dauerte nicht lange bis das frischverliebte Paar zusammenzog, ein Jahr später, im Jahr 2016, folgte die Hochzeit in Kufstein. Das Happy End nahm im Jahr 2021 seinen weiteren Lauf, als das Paar im April mit einem Sohn zur Familie wurde, im August des gleichen Jahres bekam Marwan die Österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Zwischen den Jahren 2017 und 2021 hat der 32-Jährige zahlreiche Deutschkurse besucht und auch positiv abgeschlossen.

„Ich schätze dieses Land mit seinen Gesetzen und Werten sehr. Doch auch dieses Ereignis konnte mir nicht zu einer Arbeit verhelfen“,

sagt Marwan.

Im Jahr 2021 bekam Marwan die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Im selben Jahr kam auch sein Sohn zur Welt. | Foto: Marwan Alawadi
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Was Marwan zum großen Glück noch fehlt

Was Marwan zum endgültigen Glück noch fehlt ist eine Arbeit. Selbst nach verschiedensten Terminen und etlichen Kursen beim Arbeitsmarktservice wurde Marwan immer wieder „vertröstet“. Später wurde er aufgrund seiner Krankheit als „nicht vermittelbar“ eingestuft und vom AMS abgemeldet. Auch aus zahlreich privat verschickten Bewerbungen resultierten entweder Absagen, oder es kam gar keine Antwort, erzählt Marwan. Das geht mittlerweile bereits seit sechs Jahren so.

„In meiner Heimat war ich Bürokaufmann. Aber hier in Österreich ist es schwieriger wegen der Sprache. Ich habe die Sprache zwar gut gelernt, aber wenn man keinen Kontakt zu anderen Menschen hat, lernt man keine neuen Worte und die Sprache bleibt auf dem selben Stand“,

erklärt Marwan. Aufgrund seiner Krankheit kann der 32-Jährige keine körperlich anstrengende Arbeit verrichten. Gut vorstellen könnte er sich aber zum Beispiel eine Arbeit als Wachmann im öffentlichen Dienst oder einen Posten als Portier. Auf die Frage, was sich Marwan für die Zukunft wünscht, antwortet er: „Nur einen Job und Gesundheit für meine Familie. Sonst ist alles perfekt“.

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