Im Portrait
Waltraud, Herta und die Kraft der Clownerie

Für Fabian, der gerade von seiner OP zurück ins Zimmer kam, gab's von Herta und Waltraud eine rote Nase und viel zu schmunzeln.
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  • Für Fabian, der gerade von seiner OP zurück ins Zimmer kam, gab's von Herta und Waltraud eine rote Nase und viel zu schmunzeln.
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

Seit bald 25 Jahren sind sie in Tirol unterwegs und verbreiten Frohsinn und Heiterkeit in Krankenhäusern, Reha-Zentren und auch Seniorenheimen, die mittlerweile zwölf "Rote Nasen" Clowns im Land. Beim Besuch von Waltraud und Herta im Bezirkskrankenhaus Kufstein durften die BEZIRKSBLÄTTER dabei sein und sich die Arbeit der beiden Clowninnen aus der Nähe ansehen.

KUFSTEIN (nos). "Den Humor dort hin bringen, wo wir denken, dass man ihn braucht", ist die Mission von Waltraud und Herta. Sie sind zwei der mittlerweile zwölf "Rote Nasen" Clowns in Tirol. "Wir sind seit der Geburtsstunde der 'Roten Nasen' in Tirol dabei, also seit 24, bald 25 Jahren", erklärt Christina Matuella, die sich für kleine und große Patienten in Clownin Waltraud verwandelt. Die Innsbruckerin ist auch die Programmleiterin der Clowns in Tirol. "Wir sind mit sechs Clowns gestartet, mittlerweile sind wir zwölf, das ist also anständig gewachsen", weiß Tanja Rainalter, die als "Herta ohne h" an diesem Dienstagvormittag mit ihrer Clown-Kollegin das Bezirkskrankenhaus Kufstein besucht.

Mit der "Kraft der Clownerie" geht es den beiden darum, "den Menschen Momente zu schenken, in denen sie das Drumherum ausblenden können", sagen die beiden Clowninnen. Dafür sind sie nicht nur in Krankenhäusern unterwegs, sondern auch an Schulen, in Sonderpädagogischen Zentren, Reha-Einrichtungen, Seniorenheimen oder im Hospiz, besuchen Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder Geflüchtete. Dafür haben sie eigene Programme entwickelt.

Augenblicke teilen

"Der Clown lebt von seinen Schwächen, das ist seine Stärke. Jeder Mensch kennt Momente des Scheiterns", schildert Tanja Rainalter. Die Clowns haben das Scheitern zur hohen Kunst erhoben, was sie mit ihren Beobachtern in eine besondere Beziehung setzt. Nicht nur im Krankenhausalltag von Patienten bringen die Clowninnen dadurch "Empowerment" mit, helfen über diese Aufenthaltszeit hinweg, in der alle – Patienten, Eltern, Angehörige, Personal – angespannt sind. Und sie teilen Augenblicke, wie es Christina Matuella und Tanja Rainalter nennen: "Dieses Menschliche Aufeinandertreffen lässt die Krankheit in den Hintergrund rücken, das ist eine Begegnung von Herz zu Herz. Und je tiefer man in die Arbeit als Clown hineinsteigt, desto wichtiger wird die Begegnung rein mit den Augen. Wir teilen Augenblicke."

Permanent in Entwicklung

Um sich als "Rote Nasen" Clown zu bewerben, braucht es eine theatrale oder künstlerische Vorausbildung als Grundvoraussetzung. In den vergangenen 25 Jahren hat sich hier viel getan, mittlerweile wurde in Kooperation mit Clownschulen auf der ganzen Welt ein Curriculum erarbeitet. Neue Clowns bekommen zwei Jahre lang Schulungen neben der Praxis, also wähend sie mit erfahrenen Clowns Menschen besuchen. Auch die erfahrenen machen immer wieder bei Fortbildungen mit, nicht nur im künstlerischen Bereich, wie die beiden Clowninnen schildern: "Wir sind permanent in Entwicklung und Fortbildung, bekommen über unseren Verein medizinische Inputs, soziologische oder auch in Psychologie, weil das ein sehr achtsamer Beruf ist. Wir gehen ja auch in einen Intim-Bereich, ins Krankenzimmer."

Auch an der Clown-Personage arbeiten die beiden erfahrenen Clowninnen stets weiter: "Als Clown ist man nie fertig, das geht ja mit der menschlichen Entwicklung einher. Je älter man als Clown wird, desto schöner kann es werden, der Mensch im Inneren prägt die Clownfigur." Und diese Figur, wie Herta und Waltraud, ist vielleicht ein wenig übertrieben, ein wenig schrill, aber immer auch bedacht und herzlich. Diese Personage haben die Clowninnen in den vergangenen Jahren erarbeitet, auf "Zirkus"-Schminke verzichten sie bewusst. "Das ist vielleicht eher die französische Clown-Schule", erklärt Tanja Rainalter.
Etwas von diesem "Empowerment", das sie denen geben, die sie besuchen kommen, nehmen die Clowninnen dabei auch für sich selber durch die Begegnungen wieder mit.  "Beglückt, manchmal auch müde, aber immer bereichert", sagt Rainalter gehe sie von den Besuchen wieder nach Hause. Dass sie dabei auch manchmal auch auf schwer verdauliche Schicksale treffen, kommt vor. "Aber zum Glück sehr selten. Die meisten Menschen, die wir besuchen, werden ja wieder gesund", sagt Matuella, "aber natürlich baut man zu Menschen, die man oft sieht und besucht, eine Beziehung auf."

Über die Roten Nasen

Seit 1994 sind "Rote Nasen" Clowns in Österreich aktiv, 2018 haben 76 Clowns in Wien, Niederösterreich, dem Burgenland, Kärnten, der Steiermark und Tirol über 4.300 Besuche absolviert und dabei mehr als 170.000 Kinder, Erwachsene und Senioren mit einer Dosis Humor versorgt. In Tirol sind aktuell zwölf Clowns unterwegs, etwa an der Universitätsklinik Innsbruck, den Bezirkskrankenhäusern St. Johann und Kufstein, dem KH der Barmherzigen Schwestern in Zams, im "Anna-Dengel-Haus" am LKH Hochzirl-Natters, dem Seniorenheim Steinach am Brenner, der Kinder- und Jugendpsychiatrie am PKH Hall oder im AUVA-Rehazentrum in Bad Häring.
Seir 2003 wurden von Österreich aus "Rote Nasen" Organisationen in Deutschland, Ungarn, Slowenien, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Kroatien, Polen, Litauen und Palästina aufgebaut. Zusammen konnten so in rund 100.000 Visiten etwa 4,4 Millionen Menschen besucht werden.
Damit ist die "Rote Nasen"-Gruppe operativ die weltweit größte Vereinigung von "Spitalclown"-Organisationen. Finanziert wird die Arbeit zum Großteil aus privaten Spenden und Sponsoren-Kooperationen.

Mehr Informationen zu "Rote Nasen Clowndoctors – Verein zur Unterstützung von kranken oder leidenden Menschen durch Humor und Lebensfreude" finden Sie auf der Website.
In Tirol werden heuer wieder einige "Rote Nasen Läufe" mit Startspenden zugunsten der Clowns durchgeführt: 29. Mai in Sillian, 22. Juni in Neustift, 8. September in Kirchbichl, 15. September in Aurach, 12. Oktober in Westendorf. Online dazu anmelden können Sie sich hier.

Alle Beiträge zum Thema Rote Nasen finden Sie hier.

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